Arbeitsleben & BerufAbmahnung: Gegendarstellung – sinnvoll oder nicht?

Abmahnung: Gegendarstellung – sinnvoll oder nicht?

Du hast eine Abmahnung von deinem Arbeitgeber erhalten, empfindest diese aber als ungerechtfertigt. Was kannst du dagegen tun? Lohnt sich die Gegendarstellung oder gar eine Klage? In unserem Ratgeber erfährst du, welche Möglichkeiten du hast, auf eine Abmahnung zu reagieren – und von welchen Aspekten das beste Vorgehen abhängt.

Was ist eine Abmahnung und wann kann sie

ausgesprochen werden?

Eine Abmahnung ist ein arbeitsrechtliches Mittel, das bei mittelschweren Pflichtverletzungen eingesetzt werden kann. Leichte Pflichtverletzungen rechtfertigen eine formelle Abmahnung meist nicht, hierfür reicht eine informelle Ermahnung aus. Schwere Pflichtverletzungen können hingegen ein Grund für eine fristlose Kündigung sein, die keine vorherige Abmahnung erfordert.

Eine Abmahnung ist eine Art gelbe Karte. Sie kann bei einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers oder einer mangelnden Leistung ausgesprochen beziehungsweise übermittelt werden. Meist ergeht sie schriftlich, auch die mündliche Form ist jedoch zulässig. Vor Gericht verwertbar ist allerdings nur die schriftliche Abmahnung, weshalb eine Abmahnung in aller Regel schriftlich übermittelt wird.

Mögliche Gründe für eine Abmahnung sind etwa wiederholtes Zuspätkommen, das Nichtbefolgen von Anweisungen des Arbeitgebers oder Fehler. Die Abmahnung hat mehrere Funktionen: Sie dokumentiert einerseits den Pflichtverstoß. Das kann auch arbeitsrechtlich relevant sein, wenn etwa später eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Diese setzt eine vorherige Abmahnung in der Regel voraus. Außerdem fungiert die Abmahnung als Warnung. Ihre Botschaft lautet: Passiert dieser Pflichtverstoß noch einmal, droht die Kündigung. Der Arbeitnehmer wird dadurch aufgefordert, sein Verhalten zu ändern.

Auf eine Abmahnung reagieren: Nichts übereilen

Wenn du eine Abmahnung erhalten hast, solltest du in erster Linie eines tun: Ruhe bewahren. Viele Arbeitnehmer sind vor den Kopf geschlagen, wenn ihnen eine Abmahnung übermittelt wird. Bei vielen ist der Wunsch, sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen, groß. Genau das solltest du aber zunächst nicht tun, sondern die Abmahnung und die angeprangerten Punkte genau prüfen.

Möglicherweise wird dir die Abmahnung in einem persönlichen Gespräch übergeben, in dem es ebenfalls um die monierten Aspekte geht. Taktisch wäre es unklug, jetzt zu viel zu sagen. Nimm die Abmahnung entgegen und sage nach Möglichkeit nichts zu ihrem Inhalt. Sammele dich lieber erst, bevor du reagierst.

Oft werden Mitarbeiter im Zuge einer Abmahnung aufgefordert, zu dem darin angeprangerten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Meist ist das mit einer Fristsetzung von einigen Tagen verbunden. Zu dieser Stellungnahme bist du allerdings nicht verpflichtet und kannst deshalb selbst entscheiden, ob du der Bitte nachkommst. Wenn du reagierst, sollte das wohlüberlegt geschehen. Wenn du gebeten wirst, den Zugang der Abmahnung zu quittieren, ist ebenfalls Vorsicht angebracht. Deine Unterschrift kann als Anerkennung deines angeblichen Fehlverhaltens gewertet werden. Du solltest keinesfalls direkt oder indirekt bestätigen, dass die Vorwürfe zutreffend sind.

Im zweiten Schritt geht es darum, den Vorwürfen deines Arbeitgebers nachzugehen. Worum geht es genau? Was ist dran an den Vorwürfen?

Ist die Abmahnung wirksam und gerechtfertigt?

Es ist nicht nur wichtig, dass du dich inhaltlich mit der Abmahnung auseinandersetzt. Du solltest auch die Abmahnung selbst prüfen. Längst nicht immer sind Abmahnungen wirksam, denn oft unterlaufen Arbeitgebern Formfehler. Es ist sinnvoll, einen Fachanwalt hinzuzuziehen, um eine Abmahnung zu prüfen.

Eine Abmahnung muss im Arbeitsrecht verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Sie muss erstens konkret sein. Eine zu allgemeine Rüge hat in der Regel juristisch keinen Bestand. Aus der Abmahnung muss hervorgehen, wodurch und wann du deine Pflicht verletzt hast. Hierbei geht es um eine möglichst konkrete Schilderung der Situation. Eine pauschale Aussage wie „Sie sind Ihren Pflichten nicht nachgekommen“ oder „Sie waren nachlässig“ ist hierfür nicht ausreichend.

Zweitens muss eine Abmahnung im Arbeitsrecht eine Aufforderung an den Mitarbeiter enthalten, sein Verhalten zu ändern. Drittens müssen Rechtsfolgen – in der Regel die Kündigung – für den Fall angedroht werden, dass die Pflichtverletzung noch einmal geschieht.

Nur, wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, kann eine Abmahnung grundsätzlich wirksam sein. Auch der zeitliche Aspekt spielt eine Rolle: Liegt die monierte Pflichtverletzung schon sehr lange zurück und hast du dich seither einwandfrei verhalten, gilt die Abmahnung arbeitsrechtlich in der Regel als gegenstandslos. Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2004 geurteilt, dass ein Zeitfenster von zwei bis drei Jahren zu lang ist, um dann noch eine Abmahnung auszusprechen.

Eine Abmahnung kann ungerechtfertigt sein, wenn sie entweder

  • unwahre Tatsachenbehauptungen enthält und der Vorwurf damit schlicht nicht zutreffend ist,
  • das Verhalten des Arbeitnehmers fälschlicherweise als Fehlverhalten einstuft, obwohl es erlaubt war,
  • oder nicht verhältnismäßig ist, weil eine einfache Ermahnung bei einem leichten Pflichtverstoß ausreichend gewesen wäre.

Für Angestellte im öffentlichen Dienst gilt darüber hinaus: Eine Abmahnung setzt eine vorherige Anhörung zum Sachverhalt voraus.

Abmahnung durch den Arbeitgeber: Welche Optionen gibt es?

Nachdem sich die erste Aufregung über die zugegangene Abmahnung gelegt hat, befassen sich die meisten Betroffenen mit ihren Optionen – vor allem, wenn die Abmahnung als ungerechtfertigt eingestuft wird. Es kommen Fragen auf wie diese: Lässt sich gegen die Abmahnung Widerspruch einlegen? Ist es sinnvoll, eine Gegendarstellung gegen die Abmahnung abzugeben? Kann der Arbeitgeber dazu bewegt werden, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen?

Insbesondere, wenn du das Arbeitsverhältnis fortsetzen möchtest, solltest du mit juristischen Schritten gegen deinen Arbeitgeber sehr vorsichtig sein. Selbst, wenn das gerechtfertigt wäre: Viele Arbeitgeber reagieren darauf äußerst verschnupft. Das kann die weitere Zusammenarbeit stark belasten. Ganz grundlegend ist es sinnvoll, zunächst weniger gravierende Optionen zu prüfen.

Lässt sich die Angelegenheit informell klären?

Möglicherweise ist es sinnvoll, das Gespräch mit deinem Vorgesetzten zu suchen. Gegebenenfalls könnte die Angelegenheit beigelegt werden, indem du dich für dein Fehlverhalten entschuldigst. Das setzt voraus, dass die Abmahnung nicht vollkommen ungerechtfertigt ist. Bei einer Abmahnung, die prinzipiell begründet ist, aber kleinlich und übertrieben erscheint, kann eine Entschuldigung helfen, die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen.

Ob ein persönliches Gespräch mit dem Chef sinnvoll ist, hängt von vielen Faktoren ab. Einerseits ist die Frage wichtig, wie gut du mit deinem Vorgesetzten reden kannst und wie wahrscheinlich es ist, dass er die Abmahnung zurücknimmt oder dir anderweitig entgegenkommt. Andererseits solltest du den möglichen weiteren Verlauf der Situation antizipieren. Manchmal geht es Arbeitgebern mit einer Abmahnung tatsächlich nur darum, den Mitarbeiter zu einem pflichtbewussten Verhalten zu animieren. In anderen Fällen wird mit der Abmahnung die Kündigung vorbereitet. Ist das nicht auszuschließen, ist ein Gespräch mitunter keine gute Idee.

Beweise für die eigene Sichtweise sammeln

Im besten Fall ist es nicht erforderlich, dass du juristische Schritte gegen deinen Arbeitgeber gehst. Wenn du gegen die Abmahnung jedoch Widerspruch einlegen möchtest, indem du etwa eine Gegendarstellung zur Abmahnung schreibst, solltest du Beweise für deine Sichtweise sammeln. Womit lässt sich dein Standpunkt belegen? Gibt es Zeugen, etwa in Form deiner Kollegen? Es ist denkbar, dass du Gesprächsprotokolle von wichtigen Unterhaltungen erstellst, die du von den betreffenden Kollegen oder anderweitigen Gesprächspartnern unterschreiben lässt. Auch E-Mails können nützlich sein, um deine Argumente zu untermauern.

Den Betriebsrat oder Personalrat hinzuziehen

Falls es einen Betriebs- oder Personalrat in deinem Unternehmen gibt, kann es eine Option sein, diesen einzubinden – indem du dich dort über deinen Arbeitgeber beschwerst. Der Betriebsrat kann dich beraten, aber auch in deinem Namen intervenieren, indem er mit dem Arbeitgeber spricht und ihn etwa auffordert, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Ob die Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats sinnvoll ist, hängt insbesondere vom Grund für die Abmahnung ab. Je stärker die Vorwürfe auf Sachverhalten beruhen, die beispielsweise einer mangelnden Organisation im Betrieb, hohem Druck oder einer großen Arbeitsbelastung geschuldet sind, desto eher kann es sich lohnen, den Betriebs- oder Personalrat hinzuzuziehen.

Den Arbeitgeber auffordern, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen

Wenn du Grund zur Annahme hast, dass die Abmahnung ungerechtfertigt ist, kannst du deinen Arbeitgeber auffordern, sie aus deiner Personalakte zu entfernen. Eine rechtswidrige Abmahnung, die in der Personalakte vermerkt ist, beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers. In diesem Fall hast du das Recht, vom Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnung zu verlangen.

Diese Option besteht nicht nur, wenn die Abmahnung nach dem Arbeitsrecht gänzlich ungerechtfertigt ist. Auch, wenn nur Teile berechtigt sind, muss die Abmahnung nach einer Aufforderung durch den Arbeitnehmer aus dessen Personalakte genommen werden. Ein teilweiser Erhalt einer Abmahnung ist nicht möglich. Stattdessen kann der Arbeitgeber eine neue, veränderte Abmahnung aussprechen.

Die Bitte, die Abmahnung aus deiner Personalakte zu entfernen, kannst du zum Beispiel im Zuge einer Gegendarstellung vorbringen. Du solltest sie in jedem Fall schriftlich formulieren. Lass dir dabei am besten von einem Anwalt helfen, damit dir keine Fehler unterlaufen, die dich bei möglichen späteren Streitigkeiten benachteiligen.

Auch eine begründete Abmahnung muss nicht auf ewig in deiner Personalakte verbleiben. Nach einiger Zeit – meist mehreren Jahren – kann die Abmahnung bedeutungslos geworden sein, weil du das darin beanstandete Verhalten nicht wieder gezeigt hast. Den Arbeitgeber zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte auffordern kannst du jedoch nur, wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht. Nach dessen Ende hast du in der Regel keine Handhabe mehr.

Nicht immer kommen Arbeitgeber der Aufforderung zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nach. Dann bleibt dir nur die Möglichkeit, dein Recht gerichtlich durchzusetzen. Besonders, wenn du weiter für deinen Arbeitgeber tätig sein möchtest, solltest du diese Option jedoch gut abwägen.

Gegendarstellung zur Abmahnung: Eine gute Idee?

Es steht dir frei, eine Gegendarstellung zur Abmahnung zu formulieren. Dein Arbeitgeber muss eine solche Gegendarstellung zu deiner Personalakte nehmen. Die Gegendarstellung hat den Zweck, deine eigene Sichtweise und Einschätzung des Sachverhalts zu dokumentieren. In ihr werden Gründe für das Fehlverhalten genannt oder geschildert, warum es sich deiner Meinung nach nicht um einen Pflichtverstoß gehandelt hat. Die Abmahnung selbst bleibt trotz der Gegendarstellung bestehen und muss dadurch nicht zurückgenommen werden.

Bevor du eine Gegendarstellung schreibst, solltest du abwägen, ob das überhaupt sinnvoll ist. Es kommt dabei in erster Linie darauf an, wie sich das Arbeitsverhältnis voraussichtlich in Zukunft gestaltet. Ist es wahrscheinlich, dass dein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis weiterführen möchte? Mitunter ist eine Abmahnung nur der erste Schritt zur Kündigung. Darauf folgen dann oft weitere Abmahnungen oder direkt die Kündigung. In diesem Fall kann es taktisch klüger sein, auf die Abmahnung nicht mit einer Gegendarstellung zu reagieren.

Mit einer Gegendarstellung würdest du den Arbeitgeber auf die Mängel seiner Abmahnung hinweisen. Damit könntest du ihm im Falle späterer gerichtlicher Auseinandersetzungen in die Hände spielen. Stellt ein Gericht im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses fest, dass die Abmahnung unwirksam war, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass du dich falsch verhalten hast. Das ist nach längerer Zeit meist deutlich schwieriger, was deine Chancen verbessern kann.

Wenn du eine Gegendarstellung zur Abmahnung verfassen möchtest, solltest du dich von einem Fachanwalt beraten lassen. Die genaue Formulierung kann bei späteren Streitigkeiten entscheidend sein. Außerdem ist es wichtig, den Arbeitgeber nicht durch eine zu harsche Formulierung vor den Kopf zu stoßen, wenn du weiter für ihn tätig sein möchtest. Auch mit einem Schreiben von deinem Anwalt solltest du aus diesem Grund vorsichtig sein – das kann bereits als Angriff gewertet werden. Dass dir ein Anwalt bei deiner Gegendarstellung oder anderen Dokumenten geholfen hat, muss nicht offensichtlich sein.

Den Arbeitgeber per Klage zur Entfernung der Abmahnung bewegen

So mancher Arbeitgeber stellt sich stur, wenn ein Mitarbeiter eine Abmahnung beanstandet und ihn dazu auffordert, sie aus seiner Personalakte zu entfernen. Dann bleibt dir oft nur eine Abmahnungsentfernungsklage, um dein Recht durchzusetzen. Eine solche Klage muss zeitnah auf die Abmahnung erfolgen und kommt in der Regel nur infrage, wenn dir die Abmahnung schriftlich vorliegt.

Eine Abmahnungsentfernungsklage ist ein drastisches Mittel und sollte deshalb nur im Notfall eingesetzt werden. Wenn du weiter für deinen Arbeitgeber tätig sein möchtest, kann eine gerichtliche Auseinandersetzung das Verhältnis nachhaltig beschädigen und eine weitere Zusammenarbeit unwahrscheinlicher machen. Viele Arbeitgeber nehmen Mitarbeitern rechtliche Schritte gegen sie übel, selbst, wenn diese einen guten Grund dazu haben.

Eine Abmahnungsentfernungsklage eignet sich deshalb höchstens als letztes Mittel, wenn die Vorwürfe der Abmahnung absolut inakzeptabel für dich sind. Weniger kritisch werden solche Klagen mitunter gesehen, wenn du im öffentlichen Dienst tätig bist oder für einen Großkonzern arbeitest.

Gar nicht reagieren

Auch das ist eine Option, wenn du eine Abmahnung erhalten hast: gar nichts tun. Das gilt besonders, wenn du nicht ausschließen kannst, dass dein Arbeitgeber dir früher oder später ohnehin kündigen möchte. Dann kann es besser sein, nicht vorschnell zu reagieren, sondern deine Argumente erst in einem möglichen Kündigungsschutzprozess vorzubringen.

Vor Gericht ist meist nicht entscheidend, ob du auf eine Abmahnung durch eine Gegendarstellung oder anderweitig reagiert hast. Deine Ausgangssituation kann bei einem Prozess sogar besser sein, wenn auf eine Abmahnung kein schriftlicher Widerspruch gefolgt ist. Auch hier gilt: Lasse dich am besten von einem erfahrenen Fachanwalt beraten, der deine individuelle Situation bewerten und dir Tipps zum besten Vorgehen geben kann.

Bildnachweis: Antonio Guillem / Shutterstock.com

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