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Interessenkonflikt in Unternehmen: Wie kann man ihm vorbeugen?

Ein Mensch sitz an seinem Arbeitsplatz und denkt nach, er hat einen Interessenkonflikt

Interessenkonflikte können nicht nur im privaten Bereich ein Problem sein, sondern sind auch eine Herausforderung für Unternehmen. Immer mehr Firmen geben in ihren internen Richtlinien vor, wie Mitarbeiter mit Interessenkonflikten umgehen sollen. Warum das für alle Unternehmen sinnvoll ist, wozu Interessenkonflikte führen können und wie man ihnen vorbeugen kann – hier erfährst du mehr.

Interessenkonflikt Definition: Wann ist er gegeben?

Klären wir zunächst, was ein Interessenkonflikt überhaupt ist. Die kurze Erklärung: Bei einem Interessenkonflikt gibt es zwei oder mehr Interessen, die nicht miteinander zu vereinen sind. Es gibt also einen Interessengegensatz, der zu einem Konflikt führt. Der Politikwissenschaftler und Professor Dennis F. Thompson, der an der Harvard University lehrt, definierte den Begriff Interessenkonflikt 1994 so:

„Ein Interessenkonflikt umfasst Bedingungen, in denen das professionelle Urteil in Bezug auf ein primäres Interesse tendenziell in unangemessener Weise durch ein sekundäres Interesse beeinflusst wird.“ Um das Ganze anhand eines praktischen Beispiels deutlich zu machen: Das primäre Interesse eines Arztes könnte (und sollte) darin bestehen, seinen Patienten zu helfen. Ein sekundäres Interesse könnte der Wunsch sein, sich selbst zu bereichern, was aber zulasten der Patienten gehen könnte. 

Nach dieser Definition entsteht ein Interessenkonflikt, sobald sich das Risiko einer Beeinflussung ergibt. Ein Interessenkonflikt ist also nicht erst dann gegeben, wenn sich jemand auch tatsächlich von sekundären Interessen beeinflussen lässt. Es reicht aus, dass diese zusätzlichen Interessen seine Entscheidungen und Handlungen beeinflussen können.

Interessenkonflikt: Beispiele für Situationen, in denen er sich ergeben kann

Interessenkonflikte sind im beruflichen und privaten Alltag keine Seltenheit. Im privaten Bereich könnte sich zum Beispiel ein Interessenkonflikt ergeben, wenn jemand abwägt, was er am Samstagabend macht: Soll er der Einladung einer Bekannten folgen und ihren Geburtstag mit ihr feiern? Oder soll er – worauf er insgeheim mehr Lust hat – lieber zuhause bleiben und seine Lieblingsserie gucken? Ein Interessenkonflikt kann nicht nur eine Person betreffen, sondern auch in einer Gruppe entstehen. Nehmen wir an, ein paar Freunde wollen zusammen in den Urlaub fahren. Der eine möchte vielleicht eine Städtereise machen, der andere lieber am Strand die Seele baumeln lassen – und schon gibt es einen Interessenkonflikt.

Häufig ist von Interessenkonflikten in einem beruflichen Kontext die Rede. Dann geht es oft nicht nur darum, dass jemand mehrere Interessen hat, die nicht im Einklang zueinander stehen. Oft führen Interessenkonflikte vielmehr zu moralisch fragwürdigen Handlungen – oder könnten zumindest dazu führen. Diese Interessenkonflikte können sich aus verschiedenen Umständen ergeben, zum Beispiel durch

So kann ein Interessenkonflikt praktisch aussehen

Es gibt bei Interessenkonflikten in Unternehmen viele Beispiele dafür, wie ein solcher Konflikt praktisch aussehen könnte. Zum Beispiel in der Forschung: Viele Studien sind durch Unternehmen (mit-)finanziert, die ein Interesse an bestimmten Ergebnissen haben. Das kann die beteiligten Forscher direkt oder indirekt beeinflussen. Oder nehmen wir die Medizin: Ärzte verdienen an aufwendigen Behandlungen naturgemäß am besten. Das könnte dazu führen, dass sie ihren Patienten Behandlungen empfehlen, die gar nicht zwingend nötig sind – weil sie dann höhere Einkünfte haben.

Ein Interessenkonflikt könnte auch dazu führen, dass Entscheidungsträger in der Politik dafür sorgen, dass lukrative Aufträge an einen befreundeten Unternehmer vergeben werden – ungeachtet der Qualität dieses Angebots. Ein Politiker oder Unternehmer kann auch Geld dafür annehmen, in einer bestimmten Art und Weise zu entscheiden. Das steht dann womöglich nicht im Einklang mit den Interessen des Unternehmens oder der Partei. 

Diese Folgen kann ein Interessenkonflikt für Unternehmen haben

Interessenkonflikte müssen keine schwerwiegenden Auswirkungen haben, aber sie können. Vor allem für Unternehmen können sie Nachteile mit sich bringen, aber auch für die beteiligten Personen und Dritte, auf die sich bestimmte Entscheidungen auswirken.

Gibt es einen Interessenkonflikt, bedeutet das, dass jemand nicht frei in seinen Entscheidungen ist. Bei Interessenkonflikten in Unternehmen sind häufig nicht alle Interessen, die sich auf bestimmte Entscheidungen auswirken können, auch im Interesse der Firma. Es kann zum Beispiel sein, dass eine Einzelperson sich bestechen lässt und dafür bei der Vergabe von Aufträgen eine bestimmte Firma bevorzugt, obwohl Mitbewerber ein besseres oder günstigeres Angebot machen. Solche Handlungen können Unternehmen unmittelbar schaden. Die auf diese Weise beauftragte Firma könnte zum Beispiel eine schlechte Qualität liefern oder in kriminelle Machenschaften verstrickt sein, in die auch das Unternehmen hineingezogen werden könnte.

Fragwürdige Entscheidungen können Unternehmen ruinieren

Im Fall eines Interessenkonflikts wird oft nicht die objektiv beste Lösung gewählt, sondern die, die für Einzelpersonen am sinnvollsten scheint. Dabei spielen individuelle Beweggründe oft eine größere Rolle als die Interessen des Unternehmens. Ebenso kann es sein, dass auf höchster Ebene in einem Unternehmen entschieden wird, sich durch einen Interessenkonflikt zu fragwürdigen Deals hinreißen zu lassen. Dadurch kann sich die Firma womöglich kurzfristig bereichern. Mittelfristig aber könnte ihr – möglicherweise illegales – Verhalten auffliegen. Das kann dem Ruf eines Unternehmens großen Schaden zufügen und zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen. Schlimmstenfalls ruiniert sich ein Unternehmen durch falsche Entscheidungen vor dem Hintergrund von Interessenkonflikten selbst.

Nicht jeder Interessenkonflikt in Unternehmen muss eine derart große Tragweite haben. Manchmal geht es „nur“ darum, ob man den Praktikumsplatz frei an den besten Bewerber vergibt oder ihm dem Sohn eines befreundeten Unternehmers zuschanzt, der dafür eigentlich gar nicht qualifiziert ist. Ebenso kann ein Interessenkonflikt beeinflussen, welche Mitarbeiter eingestellt und befördert werden.

Interessenkonflikte in Unternehmen können auch Dritten schaden, etwa Kunden oder Patienten von Ärzten. Sie zahlen vielleicht mehr als nötig, bekommen eine schlechtere Qualität, es gibt Sicherheitsmängel oder andere Risiken. Im medizinischen Bereich können Patienten auch zu Therapien gedrängt werden, die nicht in ihrem Interesse sind, aber im Interesse des Arztes liegen.

Anzeichen dafür, dass du in einem Interessenkonflikt steckst

Wer vor dem Hintergrund eines Interessenkonflikts die falsche Entscheidung trifft, kann damit großen Schaden anrichten – für sich selbst und für andere. Deshalb ist es wichtig, zu bemerken, wenn man in einem Interessenkonflikt steckt. Oft ist das gar nicht so leicht, weil einem nicht alle Interessen überhaupt bewusst sind. Dem kannst du begegnen, indem du deine Beweggründe und Entscheidungen hinterfragst – besonders dann, wenn bei einer Entscheidung viel auf dem Spiel steht oder sie große Auswirkungen haben kann.

Überlege also, was dich bewegt und antreibt. Von welchen Motiven lässt du dich leiten, wenn du Entscheidungen triffst? Woher kommen deine Bedenken, dich für eine bestimmte Vorgehensweise zu entscheiden? Wie frei bist du in deinem Denken und Handeln? Wenn es um den Job geht: Entscheidest du wirklich im Sinne deines Arbeitgebers, oder geht es dir um eigene Motive?

Neben deinen Gedanken können auch deine Gefühle auf einen Interessenkonflikt hindeuten. Wenn du dich mit einer bestimmten Entscheidung oder Vorgehensweise zum Beispiel sehr schwertust, kann ein verdeckter Interessenkonflikt dahinterstecken. Vielleicht plagt dich auch ein schlechtes Gewissen, dir ist mulmig zumute oder eine Entscheidung macht dir Bauchschmerzen. Dann kann es sich lohnen, genauer hinzuschauen, was für diese unangenehmen Emotionen verantwortlich ist.

Wie kann man Interessenkonflikte in Unternehmen vermeiden?

Interessenkonflikte sind ein Compliance-Thema, dessen Bedeutung kaum unterschätzt werden kann. Für Unternehmen stellen Interessenkonflikte auf allen Ebenen eine große Gefahr dar. Deshalb ist es sinnvoll und wichtig, dass immer mehr Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um sich vor Interessenkonflikten und ihren Folgen zu schützen.

Die Möglichkeiten, die Unternehmen zur Prävention von Interessenkonflikten zur Verfügung stehen, sind vielfältig. Ein wichtiges Thema ist die Sensibilisierung der Mitarbeiter für Interessenkonflikte. Das kann zum Beispiel über spezielle Schulungen erfolgen, aber auch mithilfe von internen Richtlinien. In Schulungen erfahren die Mitarbeiter unter anderem, woran sie Interessenkonflikte erkennen können, was sie dagegen tun können und worauf sie allgemein achten sollten, damit es nicht zu Interessenkonflikten kommt. Intern kann ein Unternehmen Verhaltenskodexe aufstellen, an denen sich die Mitarbeiter orientieren können. Das schafft ein größeres Bewusstsein für Interessenkonflikte auf allen Ebenen und in all ihren Facetten. Ein solcher Verhaltenskodex kann auch Offenlegungspflichten enthalten.

Eine offene Gesprächskultur in Firmen kann Interessenkonflikten vorbeugen

Gemeinsame Werte, die in einem Unternehmen gelebt werden, sind ein elementares Instrument, um Interessenkonflikten vorzubeugen. Wichtig ist dabei, dass das glaubhaft ist: Werte, die nur gut klingen, aber nicht vom Management und den Führungskräften selbst beherzigt werden, können kaum etwas bewirken. Hochrangige Mitarbeiter und Vorgesetzte haben eine Vorbildfunktion, derer sie sich bewusst sein sollten. Sie können nicht von ihren Mitarbeitern erwarten, jederzeit vorbildlich und frei von Interessenkonflikten zu handeln, ohne selbst für diese Werte zu stehen.

Es ist ebenso wichtig, dass in Unternehmen eine offene Kultur herrscht, in der die Mitarbeiter das Gefühl haben, sich mit Beobachtungen und Bedenken an ihren Vorgesetzten wenden zu können. Wenn ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Führungskräften und Beschäftigten herrscht, wird es wahrscheinlicher, dass die Mitarbeiter mit ihrem Chef sprechen, wenn sie etwas beobachten, was dem Unternehmen schaden kann. Das hilft, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Es ist deshalb wichtig, dass Arbeitgeber deutlich machen, dass entsprechende Meldungen willkommen sind und vertraulich behandelt werden. 

Interessenkonflikt im Job: Was jetzt?

Ein Interessenkonflikt im Job kann leicht entstehen. Umso wichtiger ist es, zu wissen, wie man mit ihm umgeht – wenn er einen selbst oder andere betrifft. Was kann man tun, wenn es Anzeichen für einen Interessenkonflikt gibt? Es kommt darauf an, wer involviert ist. Vielleicht hast du selbst unterschiedliche Interessen, die nicht zueinander passen. Wenn du bemerkt hast, dass du in einem Interessenkonflikt steckst, ist das schon mal gut. Nun kannst du dir überlegen, wie du damit umgehst.

Vielleicht geht es um eine bestimmte Entscheidung, bei der du das Gefühl hast, nicht frei entscheiden zu können. Dann solltest du versuchen, herauszufinden, welche Interessen dabei betroffen sind. Sind es legitime Interessen? Was bedeuten sie jeweils für deinen Arbeitgeber, für dich und für andere? Welche Interessen sind es, die auch dein Arbeitgeber hat? Das sind die Interessen, von denen du dich leiten lassen solltest – vorausgesetzt, der Arbeitgeber verlangt nichts Illegales oder moralisch Fragwürdiges von dir. Vielleicht machst du dir auch Sorgen, dass jemand anderes bemerken könnte, dass du einen Interessenkonflikt haben könntest. Dann kann es sinnvoll sein, mit offenen Karten zu spielen, und den möglichen Interessenkonflikt von Anfang an offenzulegen. Transparenz schafft Vertrauen.

Was, wenn andere in einem Interessenkonflikt stecken?

Es kann auch sein, dass du mitbekommst, dass andere Menschen in deinem beruflichen Umfeld einen Interessenkonflikt haben – zum Beispiel Kollegen oder auch Vorgesetzte. Was kann man in so einem Fall tun? Grundsätzlich ist es meist gut, mit den Betroffenen darüber zu sprechen. Gib ihnen Gelegenheit, selbst mit dem Vorgesetzten (oder einem höherrangigen Vorgesetzten) über den Interessenkonflikt zu reden. Vielleicht kannst du auch bewirken, dass die Betroffenen die „richtige“ Entscheidung treffen oder eine schon getroffene Entscheidung überdenken.

Alternativ hast du die Möglichkeit, deinerseits mit Verantwortlichen über deine Beobachtungen zu sprechen. Aber Vorsicht: Beschuldige niemanden zu Unrecht. Du solltest dir sehr sicher sein, dass wirklich ein Interessenkonflikt existiert, bevor du mit Dritten sprichst. Auch Beweise können hilfreich sein, wenn du deine Beobachtungen an andere weitergeben möchtest, damit sie die nötigen Schritte gehen.

Bildnachweis: Prostock-studio / Shutterstock.com

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