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Zeugnissprache: Formulierungen im Arbeitszeugnis deuten

Zeugnissprache richtig deuten

Arbeitszeugnisse klingen sachlich und höflich. Dennoch sind sie oft unverständlich und verklausuliert, so dass mancher Arbeitnehmer Schwierigkeiten hat, sein eigenes Zeugnis zu verstehen. Obwohl sich die Schulnotenwertung auf die „Arbeitsnoten“ übertragen lässt, eignet sie sich nicht, eine Arbeitsleistung differenziert zu beschreiben. Daher hat sich die Zeugnissprache etabliert, die jeder Personaler übersetzen kann.

Die Zeugnissprache: Anforderungen an ein Arbeitszeugnis

Die Wortwahl obliegt dem Arbeitgeber. Das Zeugnis ist klar und verständlich abzufassen (§ 109 (2) GewO). Es muss der Wahrheit entsprechen und darf nur Tatsachen enthalten, keine Behauptungen oder Annahmen. Sollte es ungünstige Tatsachen geben, dürfen diese nicht verschwiegen werden. Ansonsten macht sich ein Unternehmer schadensersatzpflichtig gegenüber einem neuen Arbeitgeber. Das Zeugnis muss wohlwollend formuliert sein, um den Arbeitnehmer nicht in seinem beruflichen Fortkommen zu behindern.

Abstufungen in der Bewertung

Ein gutes Zeugnis ist an der Nachdrücklichkeit der Wertungen zu erkennen. Steht eine positive Eigenschaft ohne weitere Ergänzung im Zeugnis, ist dies zunächst eine niedrige Note. Eine bessere Note entsteht durch das Hinzufügen verstärkender Worte wie: sehr, stets, immer, jederzeit. Superlative wie „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“, unterstreichen die qualitativ hohe Leistung eines Mitarbeiters.

Auch wenn es kein voller als voll geben kann, in der Zeugnissprache ist dies üblich und soll die Abstufungen veranschaulichen.

Sehr gut:
XY hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt.

Die Note Gut lässt den Superlativ weg:
… stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Bei Note Befriedigend wird noch einmal vereinfacht:
… zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllt.

Note Ausreichend fällt ohne Zusätze aus:
… zu unserer Zufriedenheit erfüllt.

Mangelhaft:
Insgesamt erledigte XY die ihm übertragenen Aufgaben allgemein zu unserer Zufriedenheit.

Diese geringfügigen Abstufungen zeigen, wie sich die Wertungen im Zeugnis verändern. Zusammenfassend lässt sich sagen, je mehr Superlative und Ergänzungswörter in einem Satz verwendet werden, umso besser ist die Note. Je einfacher die Wortwahl gehalten wird, umso schlechter fällt sie aus.

Nutzen für das Unternehmen

Wichtig für ein Unternehmen ist die Leistung des Mitarbeiters bzw. wie er seine Fähigkeiten nutzbringend einsetzen konnte. Dies bedeutet, dass eine positiv dargestellte Aussage nachgewiesen werden muss.

„XY machte viele Verbesserungsvorschläge und brachte sich mit eigenen Ideen ein.“ Wird im Nebensatz kein Nutzen für das Unternehmen ergänzt, liest ein Personalleiter Nörgelei oder Besserwisserei des Mitarbeiters heraus.

Daher ist der Nutzen konkret zu nennen: „XY trug in seiner Abteilung … mit seinem Verbesserungsvorschlag, den Arbeitsschritt … zu optimieren, zu einer jährlichen Kostenersparnis von 12 % bei.“

Im Einzelnen wird in einem qualifizierten Arbeitszeugnis das Leistungs- und Führungsverhalten beurteilt. Zu jedem Punkt sei ein Beispiel genannt:

Fachkenntnisse/Arbeitsbereitschaft/Arbeitsleistung

Sehr gut:
XY verfügt über umfassende Fachkenntnisse, die er in unserem Unternehmen stets zu unserer vollsten Zufriedenheit einsetzte.

Gut:
XY hat alle Aufgaben und Herausforderungen stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Befriedigend:
XY verfügt über solide Fachkenntnisse, die er zu unserer vollen Zufriedenheit einbrachte.

Ausreichend:
XY verfügt über ein solides Grundwissen in seinem Fachbereich, die unserer Zufriedenheit entsprochen haben.

Mangelhaft:
XY verfügt über entwicklungsfähige Kenntnisse in seinem Arbeitsbereich, die er zu unserer Zufriedenheit einbrachte.

Belastbarkeit/Leistungsfähigkeit

Sehr gut
XY erledigte seine Aufgaben stets hervorragend auch unter schwierigsten Arbeitsbedingungen.

Gut:
Herr XY war auch starken Arbeitsbelastungen jederzeit gut gewachsen.

Befriedigend:
Hohe Belastungen hat XY gut bewältigt.

Ausreichend:
Seine Belastbarkeit entsprach den Anforderungen. Oder: Seine Belastbarkeit war befriedigend.

Mangelhaft:
XY zeigte sich im Allgemeinen belastbar.

Arbeitsweise/Arbeitsstil

Sehr gut:
XY erledigte seine Aufgaben stets äußerst sorgfältig und mit größter Genauigkeit.

Gut:
Seine Aufgaben erledigte XY stets eigenständig mit großer Sorgfalt und Genauigkeit.

Befriedigend:
XY erledigte seine Aufgaben stets mit Sorgfalt und Genauigkeit.

Ausreichend:
XY erledigte seine Aufgaben mit Sorgfalt und Genauigkeit.

Mangelhaft:
XY erledigte seine Aufgaben mit der ihm eigenen Sorgfalt.

Arbeitserfolg/Arbeitsergebnisse

Sehr gut:
Die Qualität seiner Arbeit lag regelmäßig sehr weit über dem Durchschnitt.

Gut:
Die Qualität seiner Arbeit lag immer deutlich über dem Durchschnitt der gesamten Arbeitsgruppe.

Befriedigend:
Die Qualität seiner Arbeit genügte hohen Ansprüchen.

Ausreichend:
Die Arbeitsqualität von Herrn XY entsprach unseren Erwartungen.

Mangelhaft:
Er strebte danach, eine qualitativ gute Arbeit abzuliefern.

Verhalten (Beurteilung Sozialverhalten)

Sehr gut:
Ihn zeichnete ein stets vorbildliches Verhalten zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden aus.

Gut:
Ihn zeichnete ein vorbildliches Verhalten zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden aus.

Befriedigend:
Sein persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden (wahlweise: Geschäftspartnern) war einwandfrei.

Ausreichend:
Sein Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war zufriedenstellend.

Mangelhaft:
XY war immer um ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen bemüht.

Taucht der Satz: „Das Verhalten von XY gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets einwandfrei“ auf, ist eine Überprüfung notwendig. Der Satz sagt aus, dass der Mitarbeiter zu seinen Kollegen ein weitaus besseres Verhältnis hatte als zu seinem Vorgesetzten.

Führungsleistung

Hat der Mitarbeiter eine Führungsposition inne gehabt, wird seine Führungsleistung beurteilt.

Sehr gut:
XY war als Vorgesetzter von seinen Mitarbeitern anerkannt und beliebt. Er verhielt sich ihnen gegenüber stets kollegial und offen. Andererseits verstand er es hervorragend, sich in schwierigen Situationen durchzusetzen und führte so sein Team zu optimalen Arbeitsergebnissen.

Gut:
XY erfuhr als Vorgesetzter von seinen Mitarbeitern Anerkennung und Wertschätzung. Entsprechend ihrer Kenntnisse setzte er sie im Arbeitsprozess ein und erzielte dadurch gute Leistungen.

Befriedigend:
XY war ein anerkannter und geschätzter Vorgesetzter. Er verstand es, sein Team zu einem erfolgreichen Arbeitseinsatz zu motivieren.

Ausreichend:
XY verstand es, seine Mitarbeiter zu motivieren und erreichte dabei stets vollbefriedigende Leistungen.

Mangelhaft:
XY wurde von seinen Mitarbeitern akzeptiert. Er war in der Lage, seinen Mitarbeitern die Ziele zu vermitteln und im Wesentlichen zu erreichen.

Beachtenswertes

Ein gutes Arbeitszeugnis zeichnet sich durch Vollständigkeit aus. Aus dem Fehlen relevanter Sachverhalte werden negative Schlüsse gezogen. Wird beispielsweise im Zeugnis eines Kassierers nicht die Ehrlichkeit bescheinigt, geht ein Personaler von Unehrlichkeit aus.

Auch die Betonung von Selbstverständlichkeiten wertet eine Note herab. Die Pünktlichkeit einer Sekretärin, Kenntnisse der Sicherheitsrichtlinien bei Datenschutzbeauftragten oder das Wissen über Hygienevorschriften einer Krankenschwester sind Voraussetzungen, um den Beruf auszuüben und müssen nicht extra hervorgehoben werden.

Zeugnissprache: Verschlüsselte Formulierungen

Es gibt jedoch verschlüsselte Formulierungen, die beim ersten Lesen zwar positiv klingen, sich aber nachteilig auswirken. Einige davon seien beispielhaft angeführt:

XY hat alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt. – Bürokratisch, ohne Eigeninitiative.

XY hat alle Arbeiten mit der ihm eigenen Sorgfalt erledigt. – (Ironie!) XY hat umständlich und ineffektiv gearbeitet und zudem eine geringe Sorgfalt gezeigt.

Mit großem Eifer erledigte XY die ihm übertragenen Aufgaben. – Er hat sich stets bemüht, die anspruchsarmen Aufgaben zu schaffen.

XY zeigte stets Verständnis für seine Arbeit. – XY hatte keine Eigenmotivation, war faul, hat nichts geleistet.

XY gab zu keiner Zeit Anlass zu Klagen. – Es gab allerdings auch niemals zum loben.

Wir lernten sie als anspruchsvolle, kritische Mitarbeiterin kennen. – XY war eigensinnig, rechthaberisch und beschwerte sich gern.

XY bemühte sich immer, die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen. – Leider hat XY dieses Ziel niemals erreicht.

Die Arbeiten, die wir ihm übertrugen, hat XY stets zu unserer Zufriedenheit erledigt. –
Allerdings auch nur diese Aufgaben. Initiative und eigene Motivation fehlten. Passivität zeichnete ihn aus.

Mit seinen Vorgesetzten kam er gut aus. – Er war ein Mitläufer, der sich anpasste, um Vorteile für sich zu gewinnen.

Durch ihr aufgeschlossenes Wesen fand sie leicht Kontakt zu ihren Kollegen. Oder: Für die Belange der Kollegen bewies XY ein gutes Einfühlungsvermögen. – XY suchte sexuelle Kontakte im Betrieb.

Durch seine gesellige Art trug er zu einem besseren Betriebsklima bei. – Dabei war Alkohol im Spiel.

XY verstand es erfolgreich, die ihm übertragenen Aufgaben zu delegieren. – Er selbst leistete nichts.

Im Kollegenkreis galt er als tolerant. – Mit seinen Vorgesetzten hatte er dagegen Probleme.

Die ihm gemäßen Aufgaben … – sind anspruchslose Aufgaben.

Das einmal ausgestellte Arbeitszeugnis begleitet dich dein ganzes Berufsleben. Sobald du dich beruflich verändern willst, fügst du es der Bewerbung bei. Auch nach 30 Jahren hat es die gleiche Aussagekraft wie zum Zeitpunkt der Erstellung. Daher ist es wichtig, auf die Formulierungen zu achten, klingen sie auch noch so positiv.

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