Einfühlungsvermögen? Nicht so wichtig, könnte man meinen, wenn man das Verhalten so mancher aufstrebender Vorgesetzter und Kollegen vor Augen hat. Allzu oft scheinen in der Ellenbogengesellschaft vielmehr ausschließlich Beziehungen und Leistung darüber zu entscheiden, wer beruflich Erfolg hat und wer nicht.
Ohne Einfühlungsvermögen – oder Empathie, wie es auch genannt wird – wird jemand in einer Führungsposition jedoch nicht weit kommen. Denn nur, wenn das Betriebsklima stimmt, arbeiten seine Mitarbeiter auch effektiv. Und dafür ist es wichtig, dass sie sich verstanden fühlen.
Auch, wenn du noch keine Führungsposition hast, ist Einfühlungsvermögen ein wichtiger Erfolgsfaktor, der insbesondere die Zusammenarbeit mit anderen stark erleichtert. Auch in einer Reihe von anderen alltäglichen Situationen im Beruf profitierst du davon, wenn du ein empathischer Mensch bist.
Wie zeigt sich Einfühlungsvermögen?
Ein empathischer Mensch ist gut darin, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Er kann deren Gefühle und Beweggründe in vielen Situationen sehr gut nachvollziehen. Wer ein großes Einfühlungsvermögen hat, hat auch die weiteren Umstände im Blick. Er kann dadurch zum Beispiel die aufbrausende Reaktion eines Kollegen besser deuten, weil er sich daran erinnert, dass dieser gerade Streit mit seiner Frau hat. Er antizipiert auch die Wünsche und Bedürfnisse anderer Personen besser. Ein empathischer Mensch nimmt die Stimmung von anderen Personen meist sehr feinfühlig und treffsicher wahr.
Ein empathischer Mensch ist in der Regel sehr umgänglich und ein Typ, mit dem die meisten Menschen keine Probleme haben. Auch Konflikte sind weniger wahrscheinlich. Einfühlungsvermögen bedeutet, die andere Person ernst zu nehmen. Diese Person fühlt sich viel eher verstanden und reagiert deshalb auch eher wohlwollend auf jemanden, der sich empathisch zeigt.
Warum Einfühlungsvermögen so wichtig für deinen Erfolg im Job ist
Was bedeutet Einfühlungsvermögen nun für deinen Erfolg im Job und deine Karriere? Jede Menge! Denn es hilft dir dabei, effektiv zu arbeiten. Wenn du empathisch bist, kommst du meist gut klar mit deinen Kollegen. Du kannst sie besser einschätzen und entsprechend darauf reagieren, wenn sie auf eine bestimmte Art und Weise handeln. Konflikte werden dadurch weniger wahrscheinlich, was auch bei deinen Kollegen dafür sorgt, dass sie ihrer eigentlichen Tätigkeit ungestörter nachgehen können. Somit kann ein empathischer Mensch nicht nur selbst eine gute Leistung zeigen, sondern auch indirekt andere dazu bringen, ihr Bestes zu geben.
Je nachdem, welchen Beruf du ausübst, ist Einfühlungsvermögen eine wichtige Grundvoraussetzung für deinen Job. Das ist besonders dann der Fall, wenn du viel mit Kunden zu tun hast, etwa im Service oder bei Dienstleistungen. Auch bei der Überlegung, wie dein Unternehmen noch erfolgreicher werden kann, kann ein empathischer Mitarbeiter wertvolle Ideen liefern. Er versteht oft intuitiv, was sich die Kunden wünschen und woran es im Moment vielleicht noch hapert. Auch im Marketing, dem Vertrieb oder im Einzelhandel ist Einfühlungsvermögen ein wichtiger Soft Skill. Überall, wo Teamarbeit an der Tagesordnung ist, kommst du ohne Einfühlungsvermögen nicht weit.
Als Mitarbeiter in einer Führungsposition ist Empathie ebenfalls sehr wichtig. Wenn du ein empathischer Chef bist, gibst du deinen Mitarbeitern das Gefühl, sie zu verstehen und auf sie einzugehen. Sie haben das Gefühl, dass du ihre Leistung würdigst und ihre Situation nachvollziehen kannst. Die Wahrscheinlichkeit, dass deine Angestellten engagiert und zufrieden sind, steigt. Und wenn es doch einmal Konflikte gibt, erreichst du mit Einfühlungsvermögen oft schnelle Lösungen und Kompromisse, bei denen keine Seite das Gesicht verliert.
Kann man lernen, empathisch zu sein?
Frauen fällt es oft leichter als Männern, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Das kann zum Problem werden, denn noch immer sind die meisten Chefs in Deutschland männlich. Verstehen sie die Beweggründe und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter nicht, kann das dem Erfolg des Unternehmens schaden. Auch der Ruf ist schnell ruiniert, wenn jemand wenig feinfühlig vorgeht und andere verprellt.
Wer etwa die Wünsche seiner Mitarbeiter regelmäßig übergeht oder sie einfach nicht erkennt, obwohl sie recht deutlich gezeigt werden, verursacht Frust und schlechte Laune. Das schlägt sich ganz schnell in einem schlechten Betriebsklima nieder. Und das wiederum sorgt dafür, dass Mitarbeiter nicht ihre besten Leistungen erbringen – ein Teufelskreis, wenn der Chef sein rücksichtsloses Verhalten nicht ändert.
Einerseits hängt das Maß der Empathie vom Charakter der betreffenden Person ab. Lernen kann man Einfühlungsvermögen nur bedingt – aber unmöglich ist es nicht. Das gelingt zum Beispiel, indem du dir ganz bewusst einen Moment Ruhe nimmst und dich fragst, was eine bestimmte Person veranlasst, sich so zu verhalten wie sie es getan hat. Welche Gründe könnte es dafür geben? Hängt es mit den gegenwärtigen Lebensumständen der Person zusammen, ist sie unzufrieden im Job oder ist sie wegen einer bestimmten Vorgehensweise möglicherweise missmutig? Es gibt viele Faktoren, die Reaktionen auf diese Weise bedingen.
Höre anderen aufmerksam zu, und zwar möglichst ohne Vorurteile. Lasse dich so gut es geht auf die andere Person ein. Es ist wichtig, dass du lernst, nicht alles durch deine vorgefertigten Denkmuster zu sehen. Deine Wahrheiten sind keine universellen Wahrheiten – jeder Mensch tickt anders. Wenn es zum Beispiel einen Konflikt gibt, überlege, woran es liegen könnte. Was sagt jemand, der sich beschwert, wirklich? Was steckt dahinter? Es hilft, in Worte zu fassen, was die andere Person womöglich beschäftigt, etwa so: „Verstehe ich das richtig, dass du dich entmutigt fühlst, weil dein Vorschlag nicht berücksichtigt wurde?“
Zu viel Einfühlungsvermögen?
Gibt es so etwas wie zu viel Einfühlungsvermögen? Es kommt darauf an. In den meisten Fällen ist ein gehöriges Maß an Empathie sehr förderlich für deine Karriere. In manchen Jobs kann Empathie jedoch auch dazu führen, dass du dich selbst sehr stark belastet fühlst.
Vielleicht hast du im Joballtag regelmäßig mit Patienten zu tun, die an Krankheiten leiden oder sogar sterben können – etwa als Arzt oder Tierarzt. Dann ist Empathie zwar wichtig, um den Patienten und ihren Angehörigen das Gefühl zu geben, dass sie bei dir gut aufgehoben sind. Du musst jedoch auch in der Lage sein, deine eigenen Gefühle zu schützen. Sonst können dich solche emotionalen Situationen überfordern und im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass du deinen Job weniger gerne ausübst. Eine gewisse Abgrenzung ist wichtig, damit du nicht von belastenden Situationen im Joballtag heruntergezogen wirst.