Website-Icon Lebenslauf.net

Insolvenz: Bewerbungen schreiben oder abwarten?

Insolvenz Arbeitgeber

Wenn der Arbeitgeber insolvent ist, sind Mitarbeiter meist verunsichert. Was sind die nächsten Schritte? Wie läuft die Insolvenz ab? Was ist mit dem Lohn? Und vor allem: Sollen sie sich so bald wie möglich auf neuen Job bewerben oder lieber abwarten? Hier erfährst du, was du wissen musst, wenn dein Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hat.

Insolvenz: Was ist das eigentlich und wie läuft das Verfahren ab?

Wenn ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, gilt er als insolvent. Mit einem Insolvenzverfahren werden die Schulden abgewickelt. Entweder meldet der Unternehmer selbst die Insolvenz an. Arbeitgeber, die auch juristische Personen sind, müssen die Insolvenz selbst beantragen, und zwar laut Insolvenzordnung „ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit“. Dies gilt für Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) sowie für Vorstände von Aktiengesellschaften (AGs). Tun sie dies nicht, können sie sich der Insolvenzverschleppung schuldig machen.

Ein Insolvenzverfahren kann auch eingeleitet werden, wenn abzusehen ist, dass das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann und die Zahlungsunfähigkeit somit noch nicht eingetreten ist.

Auch Gläubiger können einen Insolvenzantrag einreichen. Unabhängig davon, wer die Insolvenz gemeldet hat, gibt das zuständige Gericht nun die weiteren Schritte vor. Es entscheidet darüber, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird oder nicht. In diesem Fall bestellt es einen Insolvenzverwalter. Dieser verwaltet die Insolvenzmasse – also die verbleibenden Vermögensgegenstände des Unternehmens – und ist dafür zuständig, diese unter den Gläubigern aufzuteilen. Er sondiert außerdem, was nötig wäre, um das Unternehmen zu retten. Gegenüber den Mitarbeitern des Unternehmens tritt er in einer Arbeitgeberfunktion auf.

Der Insolvenzverwalter hat die Befugnis, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen. Er schlägt auch vor, was mit dem Unternehmen geschieht. Soll es saniert oder liquidiert werden? Anders gesagt: Hat das Unternehmen noch eine Zukunft oder wird es zerschlagen?

Was bedeutet die Insolvenz des Arbeitgebers für Angestellte?

Die Insolvenz deines Arbeitgebers bedeutet nicht automatisch, dass du der Betrieb stillgelegt wird und du eine Kündigung erhältst. Aus der Insolvenzordnung geht hervor, dass Dienstverhältnisse grundsätzlich auch weiterhin bestehen bleiben. Du musst also weiterhin zur Arbeit erscheinen.

Im vorläufigen Insolvenzverfahren darf der Insolvenzverwalter keine Arbeitsverträge kündigen. Im regulären Insolvenzverfahren ist das anders, hier kann dir eine Kündigung drohen. Dafür sind zwar nach dem Kündigungsschutzgesetz dringende betriebliche Gründe erforderlich. Diese sind jedoch bei einer Insolvenz des Unternehmens in den meisten Fällen gegeben. Eine Kündigung in solchen Fällen ist in der Regel auch dann zulässig, wenn dir eigentlich – aus welchen Gründen auch immer – eigentlich nicht gekündigt werden kann. Die Kündigungsfrist beträgt dann drei Monate.

Wenn es in deiner Firma einen Betriebsrat gibt, wird dieser versuchen, mit dem Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu vereinbaren. Der Sozialplan hat den Zweck, die Nachteile der Angestellten durch die Insolvenz zu mindern. Das kann etwa in Form von Abfindungen geschehen. Abfindungen sind jedoch nach oben gedeckelt. Sie dürfen nach der Insolvenzordnung maximal zweieinhalb Brutto-Monatsgehälter ausmachen. Diese Zahlung darf außerdem höchstens ein Drittel der gesamten Insolvenzmasse betragen.

Insolvenz: Was ist mit meinem Lohn?

Eine der drängendsten Fragen für Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber sich in einem Insolvenzverfahren befindet, betrifft den Lohn. Hier muss unterschieden werden, auf welchen Zeitraum sich die Lohnansprüche beziehen: vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Ein insolventer Arbeitgeber konnte dir gegebenenfalls schon länger deinen Lohn nicht mehr zahlen. Damit wirst auch du zu einem Gläubiger des Arbeitgebers. Du musst deine Lohnforderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Eine genaue Aufstellung ist sinnvoll.

Grundsätzlich hast du zwar einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass deine Forderungen ausgezahlt werden. In der Realität scheitert das jedoch häufig daran, dass das nötige Geld nicht vorhanden ist. Dann kann es sein, dass du nur einen Teil deines Lohns auch tatsächlich ausgezahlt bekommst, bevor das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet ist. Wie hoch dieser Anteil ist, hängt von der sogenannten Insolvenzquote ab.

Mit der Insolvenzquote ist das Verhältnis zwischen der Insolvenzmasse und der Gesamthöhe der Forderungen der Gläubiger gemeint. Machen die Forderungen insgesamt beispielsweise 5 Millionen Euro aus, die Insolvenzmasse jedoch nur 100.000 Euro, ist die Insolvenzquote zwei Prozent. Damit würdest du nur zwei Prozent deiner Forderung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten.

Insolvenzgeld bei der Arbeitsagentur beantragen

Zur finanziellen Überbrückung und dem Ausgleich nicht gezahlter Löhne empfiehlt es sich, Insolvenzgeld bei der Arbeitsagentur zu beantragen. Das Amt zahlt einmalig die Nettolöhne der letzten drei Monate vor der Insolvenz. Den Antrag auf Insolvenzgeld musst du innerhalb von zwei Monaten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

Wenn du auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für deinen Arbeitgeber tätig bist, hast du selbstverständlich auch Anspruch auf deinen regulären Lohn. Diese Lohnforderungen sind als Masseforderungen bekannt und gegenüber anderen Insolvenzforderungen privilegiert. Sie müssen voll aus der Insolvenzmasse gezahlt werden. Wenn du deinen Lohn dennoch nicht bekommst, kannst du gegebenenfalls den Insolvenzverwalter auf deren Zahlung verklagen. Auch eine Zwangsvollstreckung ist denkbar.

Theoretisch bekommst du deinen Lohn nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens also komplett ausgezahlt – aber nur, wenn die Insolvenzmasse dafür ausreicht. Tut sie das nicht, kann es sein, dass du nur einen Teil deines Gehalts erhältst. Gibt es schon Zahlungsrückstände, darfst du deshalb die Arbeit niederlegen.

Kündigen und neu bewerben bei einer Insolvenz des Arbeitgebers?

Trotz der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bleiben die Arbeitsverhältnisse regulär bestehen. Dann ist nur eine ordentliche Kündigung von beiden Seiten möglich. Wenn dir der Arbeitgeber – beziehungsweise der Insolvenzverwalter – kündigen möchte, braucht er dafür gute Gründe. Eine außerordentliche Kündigung von deiner Seite kann in bestimmten Fällen gerechtfertigt sein. Das gilt insbesondere dann, wenn dir dein Arbeitgeber keinen oder zu wenig Lohn zahlt.

Falls dir dein Arbeitgeber gekündigt hat, weil er dein Gehalt nicht mehr zahlen kann, kann es sinnvoll sein, dagegen zu klagen, wenn dies schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschehen ist. Falls das Unternehmen von einem neuen Inhaber übernommen wird, sicherst du damit deinen Job.

Viele Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber zahlungsunfähig ist, sind unschlüssig, was sie in dieser Situation tun sollen. Ist es besser, direkt zu kündigen und einen neuen Job zu suchen? Es kommt darauf an. Viele Betroffenen verbinden mit dem Wort Insolvenz eine Schließung des Betriebs. Das ist aber nicht unbedingt der Fall, auch eine Sanierung oder Übergabe an einen neuen Eigentümer ist denkbar.

Lasse dich nicht auf einen Gehaltsverzicht ein

Falls dich dein Arbeitgeber darum bittet, auf deinen Lohn (teilweise) zu verzichten oder ihn dir erst später zahlen zu dürfen, solltest du dich darauf nicht einlassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du das Geld später nicht erhältst, ist groß. Wenn du am Ende deinen Job verlierst, drohen dir außerdem Nachteile beim Arbeitslosengeld. Die Höhe des Arbeitslosengelds bemisst sich daran, was du im Referenzzeitraum tatsächlich erhalten hast. Somit kannst du dich mit einem (teilweisen) Gehaltsverzicht in eine schlechtere Lage bringen.

Sofern ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hast du wie bei jedem anderen Beschäftigungsverhältnis auch Anspruch auf deinen Lohn. Notfalls kannst du diesen einklagen. Reicht die Insolvenzmasse für die Lohnforderungen aller Angestellten jedoch nicht aus, kann es sein, dass du dein Geld nicht vollständig bekommst. Der Ausgang des Insolvenzverfahrens ist außerdem für dich wahrscheinlich nicht vorhersehbar. Deshalb ist die Entscheidung, ob du kündigen solltest oder nicht, fast nie eine leichte.

Wenn du deinen Lohn auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gezahlt bekommst, darfst du der Arbeit fernbleiben – und solltest das auch tun. Dann stellt sich die Frage, ob du dir einen neuen Job suchen solltest, nicht mehr. Aber auch, wenn dir dein Lohn gezahlt wird, kann es sinnvoll sein, eine neue Beschäftigung zu suchen, falls du keine Zukunft mehr beim bisherigen Arbeitgeber siehst. Du hast generell nichts zu verlieren, wenn du dich bei einer Insolvenz deines Arbeitgebers anderweitig umsiehst und Bewerbungen verschickst. Falls ein anderer Arbeitgeber Interesse hat, kannst du immer noch überlegen, wie du dich entscheidest.

Oft ist es auch möglich, während der Insolvenz Urlaub zu nehmen. Das muss der Insolvenzverwalter genehmigen. Du kannst die Zeit nutzen, um abzuwägen, welche Schritte du gehen möchtest – und gegebenenfalls auch direkt Bewerbungen verschicken. Beachte jedoch die Kündigungsfrist, denn außerordentlich kündigen darfst du in der Regel nicht, sofern du noch deinen Lohn erhältst.

Die mobile Version verlassen