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Betriebsvereinbarung: Inhalte, Voraussetzungen und Bedeutung

Ein Betriebsrat und der Geschäftsführer diskutieren über die Betriebsvereinbarung

Viele Unternehmen haben eine Betriebsvereinbarung, die der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betriebsrat geschlossen haben. Darin sind viele Sachverhalte geregelt, die im Arbeitsalltag relevant sein können. In diesem Artikel erfährst du, unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsvereinbarung getroffen werden kann, welche Themen für sie typisch sind und woran Arbeitnehmer sich im Zweifel halten müssen: Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag?

Was ist eine Betriebsvereinbarung und für wen gilt sie?

Bei einer Betriebsvereinbarung handelt es sich um eine schriftliche Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und dem Betriebsrat in einem Unternehmen. Sie ist in § 77 des Betriebsverfassungsgesetzes, kurz BetrVG, geregelt. Im öffentlichen Dienst ist analog zur Betriebsvereinbarung von einer Dienstvereinbarung die Rede. Eine Betriebsvereinbarung ohne Betriebsrat ist nicht möglich – gibt es in der Firma kein solches Gremium, kann auch keine Betriebsvereinbarung zustande kommen.

Eine Betriebsvereinbarung hat den Zweck, die Ausgestaltung des betrieblichen Alltags zu konkretisieren. Welche Regeln gelten? Wie sehen die Arbeitsbedingungen aus? Welche Pflichten müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils erfüllen? Somit ergeben sich aus einer Betriebsvereinbarung die Spielregeln, an die sich alle Beteiligten in einem Betrieb beziehungsweise im Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung halten müssen.

Apropos Geltungsbereich: Gilt eine Betriebsvereinbarung für alle Beschäftigten in einem Betrieb? In der Regel lautet die Antwort Ja, das muss jedoch nicht der Fall sein. Der Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung wird individuell von Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegt. Normalerweise ist eine Betriebsvereinbarung für alle Mitarbeiter eines Unternehmens gültig, sie kann allerdings auch nur für bestimmte Arbeitnehmer gelten. Das kann etwa einzelne Abteilungen betreffen. Es darf jedoch kein Beschäftigter willkürlich von den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung ausgenommen werden.

Für leitende Angestellte gilt eine Betriebsvereinbarung nicht, weil sie eine erhöhte Stellung im Betrieb und eine vergleichsweise große Nähe zum Arbeitgeber haben. Sie sind damit weniger schutzwürdig als einfache Beschäftigte, deren Stellung und Rechte in der Regel durch eine Betriebsvereinbarung gestärkt werden.

Muss der Arbeitgeber sich auf eine Betriebsvereinbarung einlassen?

Nicht jeder Arbeitgeber freut sich, wenn es im Betrieb Bestrebungen gibt, eine Betriebsvereinbarung zu schließen. Schließlich werden dadurch in erster Linie die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt, was für den Arbeitgeber mit Nachteilen verbunden sein kann. Darf der Arbeitgeber seine Zustimmung zu einer Betriebsvereinbarung verweigern – und gibt es trotzdem Möglichkeiten, die Betriebsvereinbarung zu schließen? Es kommt darauf an, um welche Inhalte es in der Betriebsvereinbarung geht und um welche Variante es sich handelt. Es gibt sowohl freiwillige als auch erzwingbare Betriebsvereinbarungen.

Die erzwingbare Betriebsvereinbarung ist in § 77 BetrVG geregelt. Darin geht es um Themen, bei denen der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte hat. Eine solche Betriebsvereinbarung kann auch dann geschlossen werden, wenn der Arbeitgeber das Vorhaben ablehnt. Der Betriebsrat ruft dazu eine Einigungsstelle an. Als Schiedsgericht entscheidet sie darüber, ob die Betriebsvereinbarung auf den Weg gebracht werden soll. Stimmt die Einigungsstelle zu, ersetzt das die Zustimmung des Arbeitgebers. Mögliche Inhalte von erzwingbaren Betriebsvereinbarungen sind etwa Arbeits- und Gesundheitsschutz, Kriterien zur Personalauswahl, Beurteilungsgrundsätze und Personalfragebögen, die Anzahl der Mitglieder des Betriebsrats und Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten.

Demgegenüber stehen freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG, in denen es um Themen geht, bei denen der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht hat. Eine freiwillige Betriebsvereinbarung kann nur wirksam werden, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist. Die Zustimmung der Einigungsstelle kann die Zustimmung des Arbeitgebers nicht ersetzen. Themen, die Gegenstand freiwilliger Betriebsvereinbarungen sein können, sind etwa zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, betrieblicher Umweltschutz, Förderung der Vermögensbildung, Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie Bekämpfung von Rassismus.

Betriebsvereinbarung: Beispiele für typische Inhalte

In einer Betriebsvereinbarung kann es um verschiedenste Aspekte gehen. Voraussetzung ist, dass es sich um Themen handelt, mit denen der Betriebsrat grundsätzlich befasst ist. Das betrifft betriebliche Angelegenheiten ebenso wie Regeln für Beschäftigungsverhältnisse sowie Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber.

Aus der Betriebsvereinbarung geht hervor, welche Mitbestimmungsrechte der Betriebsrat hat und für welchen Bereich die Vereinbarung gilt. Auch ihre Gültigkeitsdauer ist festgelegt.

In einer Betriebsvereinbarung kann außerdem geregelt sein, nach welchen Kriterien Schichtpläne und Urlaubspläne aufgestellt werden. Auch das Thema Urlaubsgeld kann in einer Betriebsvereinbarung behandelt werden. Es kann in einer Betriebsvereinbarung um die Arbeitszeit und deren Verteilung gehen, um Pausenzeiten und -regelungen sowie darum, wie die Arbeitszeit der Angestellten erfasst wird.

Ein Thema, das alle Beschäftigten betrifft, ist die Entlohnung. Die Grundlagen der Lohngestaltung im Betrieb sowie Kriterien für mögliche Prämien und andere leistungsbezogene Entgelte können in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. Ebenso kann es darum gehen, wie Überstunden und Mehrarbeit gehandhabt werden – inklusive Definition und Ausgleichszeitraum.

Regelungen zum Arbeitsschutz und flexiblen Arbeitsverhältnissen

Typische Bestandteile von Betriebsvereinbarungen sind Regelungen zum Arbeitsschutz und der Prävention von Unfällen und Berufskrankheiten. Auch um Nichtraucherschutz und soziale Angelegenheiten geht es darin häufig. Ebenso kann in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein, nach welchen Kriterien neue Mitarbeiter ausgewählt werden. Sie kann auch Informationen darüber enthalten, wann Mitarbeiter eine Fortbildung machen können.

Viele Arbeitgeber gestalten die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter flexibel. Welche Vorgaben für Arbeitszeitkonten oder Gleitzeit gelten, kann aus einer Betriebsvereinbarung hervorgehen. Ebenso kann darin thematisiert werden, wie Rufbereitschafts-Zeiten ausgestaltet werden.

Dürfen die Beschäftigten das Internet privat nutzen? Diese Frage kann ebenfalls in einer Betriebsvereinbarung geklärt werden. Dasselbe gilt für Fragen des Datenschutzes, etwa die Modalitäten von Videoüberwachung. Wo hängen die Kameras? Wie lange werden die Daten gespeichert und wo werden sie aufbewahrt? In einer Betriebsvereinbarung kann auch Kurzarbeit ein Thema sein. Unter welchen Bedingungen kommt sie infrage?

Wie umfangreich die Betriebsvereinbarung ist, hängt von den gewählten Themenschwerpunkten ab. Ein Betriebsvereinbarungs-Muster, das du online kostenlos findest, gibt Aufschluss über weitere mögliche Inhalte und Regelungen.

Bis wann gilt eine Betriebsvereinbarung?

Wie lange ist eine Betriebsvereinbarung gültig? Das kommt darauf an, für welchen Zeitraum sie abgeschlossen wurde. Eine Betriebsvereinbarung kann grundsätzlich befristet oder unbefristet sein. Ist sie befristet, läuft sie zum vereinbarten Zeitraum aus. Eine Kündigung ist dann nicht nötig.

Eine Kündigung der Betriebsvereinbarung ist mit einer Frist von drei Monaten möglich. Arbeitgeber und Betriebsrat können sich auch auf eine längere Kündigungsfrist einigen. Es muss kein Grund genannt werden, wenn die Betriebsvereinbarung gekündigt werden soll, jedoch darf dies nicht willkürlich geschehen. Eine einseitige Kündigung der Betriebsvereinbarung ist nur bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen möglich. Ansonsten bedarf es der Zustimmung des Betriebsrats. Falls Arbeitgeber und Betriebsrat uneinig sind, ob eine erzwingbare Betriebsvereinbarung gekündigt werden soll, entscheidet die Schlichtungsstelle. Liegt ein wichtiger Grund dafür vor, kann eine Betriebsvereinbarung auch fristlos gekündigt werden.

Betriebsvereinbarung kann eine Nachwirkung haben

Ist eine Teilkündigung der Betriebsvereinbarung möglich? In der Regel nicht, vielmehr muss die ganze Vereinbarung gekündigt werden. In Ausnahmefällen kann dies jedoch möglich sein, nämlich dann, wenn diese Möglichkeit in der Betriebsvereinbarung vorgesehen ist. Nur bestimmte Passagen zu kündigen geht auch dann, wenn die verbleibende Betriebsvereinbarung in sich schlüssig und vollständig ist.

Eine Möglichkeit, die Betriebsvereinbarung aufzuheben, stellt ein Aufhebungsvertrag dar. Darauf können sich Arbeitgeber und Betriebsrat einigen. Die Betriebsvereinbarung kann damit auch fristlos wirkungslos gemacht werden.

Führt eine Kündigung der Betriebsvereinbarung dazu, dass ihre Regeln gar nicht mehr gelten? Das hängt von der Art der Betriebsvereinbarung ab. Erzwingbare Betriebsvereinbarungen haben eine Nachwirkung. Das bedeutet, dass ihre Regelungen solange gelten, bis es eine neue Betriebsvereinbarung gibt. Für freiwillige Betriebsvereinbarungen gilt dies nicht, es sei denn, es ist in der Betriebsvereinbarung so festgelegt.

Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag: Was gilt?

Es gibt Sachverhalte, die sind gleich an mehreren Stellen geregelt – zum Beispiel in der Betriebsvereinbarung, im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder in Gesetzen des Arbeitsrechts. Was gilt dann? Prinzipiell gilt das Günstigkeitsprinzip für Arbeitnehmer. Es führt dazu, dass diejenige Regelung vorrangig ist, die für Beschäftigte am günstigsten ist. Entscheidend für die Einstufung sind objektive Kriterien. Was im Einzelfall am besten für einen Arbeitnehmer wäre, ist nicht ausschlaggebend.

Dass sich Inhalte verschiedener Regelungen überlappen, ist zudem unwahrscheinlich, wenn es um Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge geht. Es gilt eine Tarifsperre nach § 77 BetrVG. Sie besagt, dass Inhalte, die schon in geltenden Tarifverträgen geregelt sind, nicht Bestandteil einer Betriebsvereinbarung sein dürfen. Das ist ausnahmsweise nur möglich, wenn es im Tarifvertrag eine Öffnungsklausel gibt, durch die dies erlaubt ist. Mit der Tarifsperre soll die Bedeutung von Tarifverträgen geschützt werden. Zugleich sind Tarifverträge immer vorrangig, wenn es um Angelegenheiten nach § 87 BetrVG Absatz 1 Satz 1 geht. Das betrifft insbesondere soziale Angelegenheiten, Urlaub oder Vergütungsgrundsätze.

Eine Betriebsvereinbarung darf mit ihren Vorgaben außerdem nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Höherrangig sind Gesetze und Verordnungen, EU-Recht und Tarifverträge.

Bildnachweis: Michal Kowalski / Shutterstock.com

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