Als Arbeitnehmer hast du einen Vorgesetzten, der dich anleitet und dir sagt, was du tun und wie du deinen Job erledigen sollst. In vielen Teams gibt es aber nicht nur den eigentlichen Chef, sondern auch einen Kollegen, der sich zum heimlichen Vorgesetzten berufen fühlt: Er gibt gute Ratschläge, weiß es immer besser und mischt sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen. Kurzum, dein eigentlich gleichrangiger Kollege spielt sich als Chef auf. In so einer Situation stellt sich die Frage: Wie geht man mit so einer Person um? In diesem Artikel findest du Tipps und Lösungsvorschläge.
Wenn der Kollege sich als Chef aufspielt
In vielen Teams gibt es ihn: den einen Kollegen, der sich verhält, als sei er der Chef. Dabei steht er eigentlich auf derselben Hierarchiestufe wie die übrigen Mitglieder der Abteilung auch. Das hindert ihn nicht daran, in die Rolle des Chefs zu schlüpfen: Er gibt gute Ratschläge, koordiniert Aufgaben, gibt Feedback oder macht Druck, wenn etwas nicht schnell genug geht. Vielleicht delegiert er Aufgaben, die eigentlich seine sind, oder er übernimmt die Rolle des Moderators bei jeglichen Zusammenkünften.
Dass sich ein Kollege als Chef aufspielt, kommt nicht so selten vor. Wenn sich jemand als Vorgesetzter geriert, obwohl er keiner ist, kann das verschiedene Gründe haben. Manchmal besteht einfach ein Machtvakuum, welches (vermeintlich oder tatsächlich) gefüllt werden muss. Das kann der Fall sein, wenn der tatsächliche Chef sich zu sehr aus allem heraushält und seine Mitarbeiter nicht genügend anleitet und unterstützt. Es kann ebenso sein, dass sich der Betroffene wichtig fühlt: Möglicherweise möchte er allen – und vor allem höherrangigen Personen – zeigen, was er kann und wie gut seine Führungsqualitäten sind.
Natürlich kann es auch sein, dass jemand tatsächlich etwas falsch macht und der Möchtegern-Chef meint es nur gut, wenn er dazu etwas sagt – weil es sonst womöglich niemand tut. In manchen Fällen ist es einfach Teil der Persönlichkeit des Betreffenden, dass er andere gerne anführt. Er kann sich dann in manchen Situationen nicht zurückhalten, merkt aber dabei vielleicht gar nicht, dass er die Rolle des Chefs einnimmt.
Welche Folgen ein Möchtegern-Chef im Kollegenkreis haben kann
Für die Kollegen ist ein Möchtegern-Chef meist anstrengend, vor allem, wenn er permanent den Vorgesetzten mimt. Dabei ist wichtig zu bedenken, dass Menschen überall bestimmte Rollen einnehmen, und zwar im Privatleben ebenso wie am Arbeitsplatz. Dass sich Rollen in einem sozialen Kontext ergeben, ist etwas ganz Natürliches und muss nichts Schlimmes sein. Manche Menschen sind eben geborene Anführer, während andere sich lieber unterordnen und im Hintergrund agieren.
Stellen wir uns ein Meeting unter Kollegen vor. Es geht darum, ein bestimmtes Projekt zu besprechen. In diesem Fall ist es hilfreich, wenn einer der Beteiligten das Zepter in die Hand nimmt und das Treffen vorantreibt. Würden sich alle zurückhalten, käme bei dem Meeting womöglich nichts herum. Ganz anders sieht es aus, wenn sich dieselben Kollegen treffen, aber sich einer der Beteiligten so sehr in den Vordergrund drängt, dass die anderen nicht mehr zu Wort kommen. Womöglich verteilt er auch noch Aufgaben (sich selbst gibt er natürlich die spannendste) und diktiert Deadlines.
Welche Auswirkungen es haben kann, wenn sich jemand als Chef aufspielt, kommt auf die Häufigkeit solcher Vorfälle und deren Intensität an. Im besten Fall handelt es sich um vergleichsweise harmlose Situationen, bei denen die übrigen Kollegen nur leicht genervt reagieren. Wenn jemand den Vorgesetzten spielt, geschieht das aber häufig immer wieder. Dadurch können sich die Kollegen bevormundet und verärgert fühlen – vor allem, wenn der Kollege einen Befehlston drauf hat. Womöglich verschlechtert sich das Betriebsklima oder es entstehen Konflikte im Team. Das kann die Beteiligten von ihrer eigentlichen Arbeit ablenken und ihre Leistungen ebenso verringern wie ihre Zufriedenheit im Job. Spätestens jetzt hat auch der Arbeitgeber ein Problem.
Wie kann man reagieren, wenn ein Kollege sich als Chef aufspielt? Tipps & Strategien
Wenn ein Kollege sich als Chef aufspielt, sind viele Arbeitnehmer verunsichert: Wie geht man mit so einem Kollegen am besten um? Sollte man ihn zur Rede stellen – oder es einfach ignorieren und hoffen, dass er schon von selbst mit seinem Verhalten aufhört? Instinktiv entscheiden sich viele Betroffene für die letztere Variante. Zumindest eine gewisse Zeit lang ignorieren sie das Gebaren des Kollegen. Aber ist das auch tatsächlich die beste Option? Oder sollte man lieber mit dem Chef reden? Welche Möglichkeiten du hast, mit einem Möchtegern-Chef im Kollegenkreis umzugehen, und was du dabei bedenken solltest, erfährst du hier.
Das Verhalten des Kollegen einfach hinnehmen
Manche Menschen ärgern sich zwar, wenn ein Kollege sich als Chef aufspielt, lassen dessen Verhalten aber unkommentiert. In vielen Fällen ist das keine gute Idee, zumindest, wenn das Verhalten des Kollegen eindeutig zu weit geht und die betreffende Person auch von niemand anderem in ihre Schranken gewiesen wird. Angenommen, du hast einen Kollegen, der dir gerne erklärt, wie du deine Arbeit zu machen hast. Das solltest du nicht einfach hinnehmen. Ebenso wenig akzeptabel ist es, wenn dir ein Kollege seine Aufgaben abdrückt. In solchen Fällen solltest du dem Betreffenden klare Grenzen setzen. Ignorieren ist nur eine Option, wenn es sich um vereinzelte Vorfälle handelt, die aus deiner Sicht nicht weiter schlimm sind.
Die eigene Wahrnehmung hinterfragen
Bevor du weitere Schritte gehst, solltest du erstmal hinterfragen, ob die Situation wirklich so ist, wie du sie empfindest. Möglicherweise magst du einen Kollegen einfach nicht und reagierst deshalb gereizt auf sein Verhalten, obwohl er sich eigentlich nicht objektiv falsch verhält. Ein Hinweis darauf, dass der Kollege sich tatsächlich zu viel herausnimmt, ist die Einschätzung der übrigen Kollegen. Geht es anderen auch so? Um das herauszufinden, kann es sinnvoll sein, mit Kollegen zu sprechen und sie zu fragen, wie sie die Situation wahrnehmen.
Den Kollegen auf sein Verhalten ansprechen
Wenn du dir relativ sicher bist, dass der Kollege seine Befugnisse tatsächlich überschreitet, kann ein offenes Gespräch eine gute Idee sein. In jedem Fall solltest du dem Kollegen eine Chance geben, sein Verhalten zu ändern, bevor du dich beim tatsächlichen Vorgesetzten über ihn beschwerst.
Hierbei ist es wichtig, dass du einen ruhigen Moment abwartest. Sprich unbedingt unter vier Augen mit dem Kollegen. Gegebenenfalls kannst du auch noch einen anderen Kollegen hinzuziehen, aber ansonsten sollte das Gespräch in einer vertraulichen Atmosphäre geführt werden, damit sich der Möchtegern-Chef nicht bloßgestellt fühlt. Mache sachlich deutlich, wie du die Situation empfindest. Dazu eignen sich Ich-Botschaften oft am besten, also etwa „Ich habe in letzter Zeit bemerkt, dass…“ oder „Mir ist in den vergangenen Monaten aufgefallen, dass…“. Gib dem Kollegen die Chance, sich zu erklären, und versuche, gemeinsam mit ihm nach einer Lösung zu finden.
Mit dem Vorgesetzten sprechen
Im besten Fall ist das Problem erledigt, nachdem du den Kollegen auf sein Verhalten angesprochen hast. Vielleicht hat das Gespräch aber nicht den gewünschten Effekt erzielt. Dann kann es eine Überlegung wert sein, mit dem Chef zu reden. Auf dieses Gespräch solltest du dich gut vorbereiten. Wichtig ist, dass du sachlich schilderst, was vorgefallen ist. Mache die andere Person nicht schlecht – wenn der Chef deine Ausführungen als Lästern empfindet, bist du am Ende womöglich derjenige, der schlecht dasteht.
Es gibt auch Situationen, in denen du direkt mit dem Vorgesetzten sprechen solltest. Dabei kommt es darauf an, wie genau sich der Kollege verhält. Wenn zum Beispiel Mobbing im Spiel ist, solltest du nicht zögern, das an deinen Chef heranzutragen. Er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern und muss der Sache nachgehen.
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