Proaktives Denken und Handeln bei Arbeitnehmern ist für Arbeitgeber viel wert. Proaktive Mitarbeiter können einen spürbaren Unterschied machen und tragen oft maßgeblich zum Erfolg des Teams bei – und damit auch zum Erfolg der Firma insgesamt. Was zeichnet proaktives Handeln am Arbeitsplatz aus? Wie erkennt man solche Beschäftigten? Und wie kann man ihre proaktive Ader fördern? Hier erfährst du mehr.
Proaktiv: Definition des Begriffs
Was bedeutet es, proaktiv zu sein? Der Begriff geht auf Viktor Frankl zurück, einen österreichischen Arzt und Psychiater. Das Wort proaktiv hat diese Bedeutung: Proaktivität bedeutet, das eigene Verhalten bewusst zu steuern, statt nur auf Reize zu reagieren. Man bestimmt selbst, wie man agiert.
Proaktives Handeln kann zum Beispiel so aussehen, dass jemand eine Beziehung beendet, in der er keine Zukunft mehr sieht, statt dem Konflikt aus dem Weg zu gehen und einfach weiterzumachen wie bisher. Es kann auch bedeuten, dass jemand aktiv nach einem neuen Job sucht, wenn er mit dem alten unzufrieden ist. Oder dass eine Person nach einer Auseinandersetzung auf einen Freund zugeht, um sich zu versöhnen, statt abzuwarten, wie sich der andere verhält.
Proaktive Menschen sehen sich in einer aktiven Rolle. Sie denken mit, verfolgen Ziele und sind auf Lösungen bedacht. Wenn es sinnvoll ist, ergreifen sie die Initiative. Ihr Handeln ist üblicherweise zielstrebig und durchdacht. Von proaktiv ist das Gegenteil reaktiv: Reaktive Menschen sind passiv und abwartend. Sie ergreifen in den meisten Fällen nicht die Initiative, sondern überlassen anderen das Feld. Damit machen sie sich beeinflussbar durch äußere Einflüsse und die Handlungen anderer. Oft werden solche Menschen erst dann aktiv, wenn es nicht mehr anders geht – zum Beispiel, weil sie unter (zu) starkem Druck stehen.
Die Mentalität von proaktiv handelnden und reaktiven Menschen unterscheidet sich damit grundlegend. Proaktiv denkende Menschen sind der Überzeugung, dass sie selbst ein aktiver Gestalter ihres Lebensweges sind. Sie wissen: Wenn sie etwas erreichen möchten, müssen sie sich dafür einsetzen, statt auf das Beste zu hoffen. Reaktiven Menschen geht das anders: Sie glauben oft, dass sie ohnehin nichts ändern können, oder machen sich ihre Möglichkeiten gar nicht erst bewusst.
Darum ist Proaktivität am Arbeitsplatz so wertvoll
Aus Arbeitgebersicht ist Proaktivität bei Mitarbeitern eine wünschenswerte Eigenschaft. Nicht ohne Grund wird auch in immer mehr Stellenanzeigen gefordert, dass Bewerber eine proaktive Denkweise mitbringen sollten. Ein Mitarbeiter, der mitdenkt, braucht nicht ständig Anweisungen, die ihm bis ins letzte Detail vorgeben, was er tun soll. Er ist eigenständig, soweit man ihn lässt. Das entlastet Vorgesetzte, zumal dann, wenn die Ideen und Handlungen des Beschäftigten sich als konstruktiv und zielführend herausstellen.
So eine Person kann ein echtes Zugpferd im Team sein; bestenfalls steckt sie auch Kollegen mit ihrem proaktiven Handeln an. Oft wissen die Beschäftigten besser als ihre Vorgesetzten, wie sich etwas verbessern ließe oder welche Herangehensweisen sinnvoll wären. Es kommt aber darauf an, ob jemand sich die Mühe macht, überhaupt über bestimmte Dinge nachzudenken. Ist das der Fall, können gute Ideen aus dem Team die Produktivität in der Abteilung erhöhen. Davon profitiert letztlich auch das Unternehmen insgesamt – zumal, wenn es viele Mitarbeiter hat, die proaktiv denken und handeln.
Von ihrer Proaktivität haben natürlich auch die Beschäftigten selbst etwas. Einerseits macht es häufig einfach mehr Spaß, wenn man sich an der Arbeit einbringen kann und die eigenen Vorschläge Anklang finden. Andererseits fällt es auch dem Chef oder der Chefin auf, wenn jemand mitdenkt und Eigeninitiative zeigt. Das kann dafür sorgen, dass eine Beförderung oder Gehaltserhöhung wahrscheinlicher wird. Bewirbt sich jemand anderswo, fällt das Arbeitszeugnis womöglich besser aus – und kann Türen öffnen. Damit ist proaktives Handeln auch ein Katalysator für die Karriere.
Wie erkennt man proaktive Mitarbeiter und Bewerber?
Proaktive Mitarbeiter sind wertvoll für Unternehmen. Aber wie erkennt man sie? Ob jemand proaktiv ist, zeigt sich manchmal schon im Bewerbungsprozess. Wenn sich jemand zum Beispiel initiativ bewirbt, zeigt er damit Proaktivität. Er macht mit seiner Bewerbung deutlich, dass er genau weiß, was er will und für wen er arbeiten möchte. In Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen kann eine proaktive Denkweise ebenfalls deutlich werden, etwa dann, wenn Bewerber schon eigene Ideen einbringen.
Das Vorstellungsgespräch ist ein guter Anlass, die Persönlichkeitsmerkmale eines Kandidaten genauer unter die Lupe zu nehmen. Aufschlussreich ist nicht nur, inwiefern jemand deutlich macht, dass er gerne eigene Ideen entwickelt und sich einbringt. Es kommt auch darauf an, welchen Eindruck ein Bewerber macht: wirkt er dynamisch, aktiv, anpackend? Oder eher passiv, zurückhaltend, abwartend? Ob jemand eher extrovertiert oder introvertiert ist, ist hingegen nicht entscheidend. Ein introvertierter Mensch braucht zwar womöglich etwas länger, bis er sich akklimatisiert hat, kann aber genauso gute Ideen einbringen wie ein Mensch mit extrovertierter Persönlichkeit.
Proaktive Beschäftigte brauchen weniger Anweisungen
Spätestens im Berufsalltag wird früher oder später klar, ob ein Beschäftigter eher proaktiv oder reaktiv ist. Das zeigt sich oft schon während der Einarbeitung in einem neuen Arbeitsverhältnis. Proaktiv handelnde Mitarbeiter brauchen meist weniger Anweisungen. Vielleicht stellen sie auch mehr Fragen, weil sie ein tiefgreifendes Interesse an ihrem neuen Job haben. In Teams lassen sich proaktive Mitarbeiter zum Beispiel daran erkennen, dass sie sich in Meetings zu Wort melden. Wenn Freiwillige gesucht werden, sind sie es oft, die sich dafür anbieten – manchmal, ohne dass explizit danach gefragt wurde. Proaktive Mitarbeiter machen oft mehr, als sie müssten, und zeigen oft gute Leistungen.
Ein proaktiv denkender Mitarbeiter wird auch eher das Gespräch mit einem Vorgesetzten suchen, wenn er Verbesserungsvorschläge hat, aber auch dann, wenn er unzufrieden ist oder Mängel feststellt. Er fügt sich nicht einfach seinem Schicksal, wie es ein reaktiverer Kollege vielleicht tun würde, sondern versucht aktiv auf eine Veränderung zum Positiven hinzuwirken.
Proaktives Handeln bei Mitarbeitern fördern: Diese Möglichkeiten haben Arbeitgeber
Für Arbeitgeber ist es wichtig, proaktive Mitarbeiter zu erkennen und ihr proaktives Verhalten gezielt zu fördern. Dazu bedarf es der richtigen Rahmenbedingungen. Es sollte durch das Verhalten von Vorgesetzten deutlich werden, dass Mitdenken erwünscht ist und Ideen der Beschäftigten jederzeit willkommen sind. Das setzt gewisse Freiheiten für die Mitarbeiter voraus, die in ihrer Tätigkeit nicht in ein zu starres Korsett gepresst werden sollten, in dem sie keinen Spielraum haben. Signalisieren Arbeitgeber hingegen, dass die Beschäftigten das tun sollen, was man ihnen sagt – und nicht mehr –, kann das den Drang zu proaktivem Handeln im Keim ersticken.
Entscheidend ist auch, wie Vorgesetzte mit den Ideen und Anmerkungen von Beschäftigten umgehen. Nehmen sie sie wohlwollend auf? Oder schmettern sie Ideen, die sie nicht für zielführend halten, nieder? In diesem Fall kann es leicht passieren, dass sich ein Mitarbeiter vor den Kopf gestoßen fühlt. Womöglich war es das letzte Mal, dass die betreffende Person einen Vorschlag eingebracht hat. Natürlich kann und muss nicht jeder Vorschlag von Arbeitnehmern umgesetzt werden. Dennoch sollte jedes Mitdenken positiv aufgefasst werden, um die Mitarbeiter nicht zu entmutigen oder Frust bei ihnen auszulösen. Die richtige Wortwahl ist essenziell, wenn Ideen eines Mitarbeiters abgelehnt werden.
Mehr Freiräume können die Proaktivität von Mitarbeitern erhöhen
Es kann sinnvoll sein, proaktiven Mitarbeitern ganz bewusst mehr Freiräume zu geben. Wenn sie sich durch ihre Leistungen bewährt haben, können sie auch ruhig mehr Verantwortung übernehmen, anstatt dass man sie bis in kleinste Details überwacht. Das gibt ihnen die Chance, sich an der Arbeit auszuleben und sich zu beweisen. Wichtig ist auch, wertvolle Beschäftigte im Unternehmen zu halten. Dafür sollten Arbeitgeber auf deren Bedürfnisse eingehen und ihnen die Möglichkeit geben, sich in der Firma weiterzuentwickeln. Eine gezielte Förderung etwa durch Weiterbildungsangebote ist sinnvoll.
Zusätzlich sollten die Grundlagen für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit gegeben sein – zum Beispiel durch spannende Aufgaben, ein gutes Betriebsklima, Aufstiegsmöglichkeiten, ein faires Gehalt, attraktive Arbeitszeiten und eine hinreichende Work-Life-Balance.
Bringt sich ein Mitarbeiter immer wieder ein, sollten Führungskräfte das honorieren. Sie können den Beschäftigten zum Beispiel loben und so deutlich machen, dass sie seine Bemühungen wahrnehmen. Feedbackgespräche, wie sie in vielen Unternehmen regelmäßig stattfinden, sind ebenfalls eine Gelegenheit, die proaktive Denkweise eines Mitarbeiters wertzuschätzen und ihn zu motivieren, sich auch künftig einzubringen.
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