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Arbeitszeitbetrug: Vorsicht vor fristloser Kündigung

Ein Mann rennt auf dem Parkplatz, denn er ist zu spät - ab wann ist es Arbeitszeitbetrug?

Morgens verschlafen und zu spät auf der Arbeit erschienen: Ist das schon Arbeitszeitbetrug? Vermutlich noch nicht. Häufen sich jedoch diese Fälle, könnte der Chef misstrauisch werden. Was für Beschäftigte bedeutet, dass sie vorsichtig sein müssen, denn Arbeitszeitbetrug kann im schlimmsten Fall zu einer fristlosen Kündigung führen…

Definition Arbeitszeitbetrug: Was versteht man darunter?

Wenn Du den Arbeitsvertrag unterschriebst, erklärst du dich damit einverstanden, die vereinbarte Arbeitszeit abzuleisten und dem Arbeitgeber deine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Das ist sogar die Hauptpflicht, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Schon daran sieht man, dass Arbeitszeitbetrug keine Lappalie ist.

Arbeitszeitbetrug in diesem Sinne bedeutet, dass du weniger Zeit arbeitest, als im Arbeitsvertrag festgeschrieben ist – und zwar mit voller Absicht. Mit dem Arbeitszeitbetrug begehst du damit eine Straftat. Wenn du aber morgens zu spät am Arbeitsplatz erscheinst, weil die Bahn Verspätung hatte, ist das noch kein Arbeitszeitbetrug. Dann arbeitest du zwar weniger als vertraglich vereinbart, du kannst aber nichts für die Verspätung der Bahn.

Aber auch davon abgesehen ist nicht jede kurze (nicht vom Chef genehmigte) Unterbrechung der Arbeitszeit schon sofort als Arbeitszeitbetrug zu bezeichnen. Um davon sprechen zu können, muss der Verstoß erheblich sein. Daher unterscheidet man folgende Verstöße gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag:

  1. Arbeitszeitverstoß: Auch wenn du nichts dafür kannst, dass die Bahn morgens verspätet ist, gilt das als Arbeitszeitverstoß. Denn du warst eben nicht zu der Uhrzeit am Arbeitsplatz, die im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart ist – und das ist ein Verstoß. Die gute Nachricht: Ein Verstoß ist nicht so schlimm wie ein Arbeitszeitbetrug und wird daher auch kaum schwerwiegende Konsequenzen haben. Trotzdem gut möglich, dass dein Chef nicht begeistert ist. Lässt du dir sonst aber nichts zu schulden kommen, wird ein einmaliger Arbeitszeitverstoß wohl nicht zu einem Problem werden.
  2. Arbeitszeitbetrug: Wenn du deinen Chef dagegen absichtlich hintergehst, handelt es sich um einen Arbeitszeitbetrug. Dazu kann übrigens auch zählen, wenn du mehrmals pro Woche morgens zu spät am Arbeitsplatz erscheinst. Denn offensichtlich scheint dann etwas mit deinem Arbeitsweg nicht zu stimmen. Als Arbeitnehmer bist du aber dazu angehalten, Vorkehrungen zu treffen, damit du morgens pünktlich bist.

Arbeitszeitbetrug: In diesen Fällen liegt er vor

Arbeitszeitbetrug kommt in unterschiedlichen Ausprägungen vor. Der Klassiker ist wohl, dass ein Mitarbeiter einem anderen seinen Chip zur Zeiterfassung gibt und diesen stempeln lässt. Besagter Mitarbeiter ist aber schon länger zuhause oder macht andere Dinge, während er vorgibt zu arbeiten.

Daneben gibt es aber noch weitere Formen des Arbeitszeitbetrug. Zum Beispiel:

Als Daumenregel für Arbeitszeitbetrug gilt daher: Alles, was du während der Arbeitszeit machst, was nicht in deinem Arbeitsvertrag steht oder dir von deinem Chef aufgetragen wurde, gilt als Arbeitszeitbetrug.

Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrug: Nicht immer nötig

Wenn Arbeitnehmer gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen, spricht der Arbeitgeber in der Regel eine Abmahnung aus. Mit dieser Abmahnung soll erreicht werden, dass der Mitarbeiter sein Verhalten ändert und man so in nächster Zeit wieder normal zusammenarbeiten kann. Mitarbeiter erhalten daher eine Abmahnung, wenn sie häufig zu spät am Arbeitsplatz erscheinen oder gar unentschuldigt fehlen.

Macht sich der Mitarbeiter dagegen des Arbeitszeitbetrugs schuldig, ist nicht immer eine Abmahnung nötig. Der Arbeitgeber kann auch argumentieren, dass das Vertrauensverhältnis aufgrund des Arbeitszeitbetrugs nachhaltig gestört ist. Der Arbeitszeitbetrug wäre dann ähnlich schwerwiegend zu beurteilen, wie andere Formen des Betrugs, also beispielsweise Diebstahl am Arbeitsplatz.

Auch bei diesen Vergehen ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung denkbar. So auch in einigen Fällen von Arbeitszeitbetrug. Denn Betrug ist nun einmal Betrug. Und der steht im Gegensatz zu der Loyalitätspflicht von Mitarbeitern ihrem Arbeitgeber gegenüber.

Die Folgen: Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug

Wenn Mitarbeiter trotz Abmahnung Arbeitszeitbetrug begehen, ist in den meisten Fällen eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt. Aber auch fristlose Kündigungen wegen Arbeitszeitbetrug sind denkbar. Das auch schon dann, wenn sich der Betrug nur 1 Mal zugetragen hat.

Es geht nämlich nicht um die Häufigkeit, sondern um die Schwere des Betrugs. Denn die wirkt sich auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. So dass dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis weiter zu führen.

Gerade bei Fällen, in denen ein Mitarbeiter für einen anderen stempelt und somit gleich 2 Mitarbeiter Arbeitszeitbetrug begehen, ist eine fristlose Kündigung keine Ausnahme.

Das sollten Arbeitnehmer immer im Hinterkopf behalten. Stempeln für den Kollegen und Arbeitszeitbetrug mit der Stempeluhr ist kein gut gemeinter Freundschaftsdienst und schon gar keine Belanglosigkeit. Im Gegenteil, dadurch kann von heute auf morgen der Job weg sein.

Stellt sich natürlich noch die Frage, wie sich Kollegen verhalten sollen, die von dem Arbeitszeitbetrug eines anderen Beschäftigten erfahren. Diese Frage ist natürlich nicht einfach zu beantworten. Was du allerdings auf keinen Fall machen solltest: Deinem Kollegen beim Arbeitszeitbetrug helfen. Denn dafür kannst auch du die Kündigung bekommen.

Ob du jedoch so weit gehen möchtest und deinen Chef auf den Arbeitszeitbetrug aufmerksam machst, musst du selbst entscheiden. Einige Kollegen ärgern sich wohl über „Schwänzer“ und verpfeifen diese Kollegen beim Chef. Häufig merkt dieser erst dann, dass einige Mitarbeiter im Unternehmen Arbeitszeitbetrug begehen.

Voraussetzungen für die Kündigung bei Arbeitszeitbetrug

Natürlich ist auch in Fällen von Arbeitszeitbetrug der Arbeitgeber an gewisse Voraussetzungen gebunden. Überspitzt formuliert: Der Chef kann nicht einfach deshalb kündigen, weil der Mitarbeiter sich versehentlich in der Raucherpause nicht ausgestempelt hat.

Unter folgenden Voraussetzungen ist eine Kündigung denkbar:

Arbeitszeitbetrug nachweisen: Schwierig für Arbeitgeber

Gerade an der letzten Voraussetzung scheitern viele Arbeitgeber. Denn nicht nur der eigentliche Nachweis, auch die Arbeitszeit an sich ist ein Problem. Mitarbeiter, die Vertrauensarbeitszeit haben, können beispielsweise keinen Arbeitszeitbetrug begehen. Denn das Modell der Vertrauensarbeitszeit besagt ja gerade, dass der Mitarbeiter die fehlende Arbeitszeit an einem Tag an einem anderen Arbeitstag wieder nacharbeitet.

Verdacht auf Arbeitszeitbetrug: Das können Arbeitgeber tun

Einige Arbeitgeber greifen zu unkonventionellen Mitteln, wenn sie den Verdacht haben, ein Mitarbeiter könnte Arbeitszeitbetrug begehen. Es gibt mittlerweile Detekteien, die sich darauf spezialisiert haben, Mitarbeiter zu beschatten, die es mit der Arbeitszeit nicht genau nehmen.

Diese Privatdetektive sammeln im Zuge ihrer Ermittlungen auch Beweise, die sich vor Gericht verwerten und damit eine Kündigung möglich machen. Für Arbeitnehmer kann das sogar richtig teuer werden. Kommt das Gericht zu der Auffassung, dass die Kündigung rechtmäßig ist, sind sie nicht nur ihren Job los.

Der ehemalige Arbeitgeber hat auch die Möglichkeit, sich die Kosten für den Detektiv vom ehemaligen Mitarbeiter zurückzuholen. Und die können erheblich sein. Denn häufig ist der Detektiv einige Tage und mit Kollegen im Einsatz, um den Arbeitszeitbetrug nachzuweisen. Mehrere tausend Euro kommen so schnell zusammen.

In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber bei Verdacht auf Arbeitszeitbetrug eine Verdachtskündigung aussprechen. Für diese Kündigung gelten dann die gleichen Voraussetzungen wie für andere Verdachtskündigungen auch.

Arbeitszeitbetrug durch Arbeitgeber: Auch das gibt es

Beim Begriff Arbeitszeitbetrug denken die meisten von uns wohl eher an die Fälle, die wir gerade geschildert haben. Tatsächlich ist aber auch das umgekehrte Vorgehen denkbar. Denn auch Arbeitgeber können Arbeitszeitbetrug begehen.

Der Klassiker in diesem Fall sind Überstunden. Wenn sich der Chef weigert, geleistete Mehrarbeit zu bezahlen, kann auch das Arbeitszeitbetrug sein. Denn die pauschale Aussage im Arbeitsvertrag, dass geleistete Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, gilt nur in eng begrenzten Fällen und auch nur dann, wenn die genau Anzahl der Überstunden im Vertrag genannt ist. Passiert das nicht, könnte man von Arbeitszeitbetrug durch den Arbeitgeber sprechen.

Arbeitnehmer haben in diesem Fall unter Umständen einen Anspruch auf Vergütung der Überstunden. Jedoch sollte man sich diesen Schritt gut überlegen. Denn wer juristisch gegen seinen Arbeitgeber vorgeht, wird wohl danach einen schweren Stand im Unternehmen haben.

Daher lohnt es sich bei Arbeitszeitbetrug durch den Arbeitgeber wohl eher, den Betriebsrat mit ins Boot zu holen und sich dort nach den möglichen Optionen zu erkundigen.

Bildnachweis: Pond Saksit / Shutterstock.com

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