AllgemeinSocial Entrepreneurship: Was steckt hinter dem Geschäftsmodell?

Social Entrepreneurship: Was steckt hinter dem Geschäftsmodell?

Es gibt auf der Welt viele Dinge, die im Argen liegen – von mangelnden Bildungschancen für bestimmte Kinder über Armut in Entwicklungsländern bis zum Klimawandel. Social Entrepreneurship setzt da an, wo es Probleme gibt, indem er Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen erarbeitet. Was genau macht ein Social Entrepreneur? Was kennzeichnet das Modell Social Entrepreneurship? Und kann das Sozialunternehmertum die Welt wirklich verbessern?

Social Entrepreneurship: Was ist das?

Was versteht man unter Social Entrepreneurship? Auf Deutsch spricht man auch von sozialem Unternehmertum oder Sozialunternehmertum, ähnlich gelagert ist der Begriff Sustainable Entrepreneurship (nachhaltiger Entrepreneurship). Eine einheitliche Definition davon, was genau Social Entrepreneurship bedeutet, gibt es nicht. Gemeint ist eine unternehmerische Tätigkeit, die einen innovativen Ansatz verfolgt und damit im sozialen Bereich auf Verbesserungen hinwirken soll.

Das Ziel von Unternehmern ist in der Regel klar: Das Unternehmen soll Gewinn erwirtschaften, damit es weiter wachsen kann. Diesen Zielen wird in der freien Wirtschaft nicht selten alles andere untergeordnet. Ob das unternehmerische Handeln möglicherweise negative Folgen für andere hat – für Menschen, Tiere, Umwelt – ist in vielen Fällen zweitrangig. Zwar würde sicherlich nicht jeder CEO diese Aussage unterschreiben, allerdings verhalten sich viele Unternehmer de facto ausbeuterisch und agieren nicht nachhaltig.

Social Entrepreneurs setzen sich für eine positive gesellschaftliche Entwicklung ein

Nicht so bei Social Entrepreneurship: Hier besteht das Ziel darin, sich sozial zu engagieren und mit seinem Unternehmen für das Wohlergehen von bestimmten Menschen (oder Tieren, der Natur) einzusetzen. Die Grundidee für Sozialunternehmen stammt vom bengalischen Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus. Yunus ist Gründer der Grameen Bank, die Mikrokredite vergibt. Seither haben sich auf der ganzen Welt viele soziale Unternehmen gegründet. Social Entrepreneurs treten für eine gute gesellschaftliche Entwicklung ein und möchten mit ihrem Handeln Missstände beseitigen. Profit rückt dabei in den Hintergrund – wichtiger ist es, soziale Probleme zu lösen und auf eine Veränderung zum Positiven hinzuwirken.

Gewinne werden bei Social Entrepreneurship zwar erwirtschaftet, aber in der Regel zu relativ großen Teilen oder sogar komplett wieder eingesetzt, um sich für den guten Zweck des Unternehmens einzusetzen. Es werden also keine Gewinne an Gesellschafter oder Shareholder ausgeschüttet. Mögliche Einsatzfelder von Sozialunternehmen sind zum Beispiel Bildung, Entwicklung, Gesundheit, Menschenrechte, Inklusion und Klimaschutz. Von einem Social Entrepreneurship spricht man dabei typischerweise in der Gründungsphase eines jungen Sozialunternehmens. In Deutschland gab es im Jahr 2017 nach Daten der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau etwa 150.000 Social Entrepreneurs mit 108.000 Sozialunternehmen.

Social Entrepreneurship: Abgrenzung zu anderen Modellen

Social Entrepreneurship: Ist das nicht dasselbe wie eine gemeinnützige Organisation? Nicht ganz. Zwischen beiden Modellen gibt es entscheidende Unterschiede. Gemeinnützige Organisationen wie zum Beispiel Greenpeace, Amnesty International oder Sea Shepherd finanzieren sich über Spenden und erhalten zum Teil auch staatliche Fördergelder. Gewinne erwirtschaften sie gar nicht, sondern es geht lediglich darum, die vorhandenen Gelder für den jeweiligen Zweck einzusetzen und die eigenen Mitarbeiter zu bezahlen.

Bei Sozialunternehmen ist das anders: Hier ist das Ziel durchaus, Gewinne zu erwirtschaften, auch wenn sie anschließend überwiegend für soziale Zwecke eingesetzt werden. In ihrer Grundstruktur sind solche Unternehmen kommerziell angelegt. Abzugrenzen ist Social Entrepreneurship auch von der Tätigkeit „regulärer“ Unternehmen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit auch gewisse soziale Projekte fördern und sich damit gesellschaftlich engagieren – Stichwort Corporate Social Responsibility, kurz CSR. Gerade bei großen Unternehmen spielt CSR eine Rolle – die Firmen geben damit etwas zurück und tun nicht zuletzt etwas für ihren Ruf. Das macht sie aber noch nicht zu Sozialunternehmen im Sinne von Social Entrepreneurship.

Führen Social Entrepreneurs ein Social Business? Übersetzt man diesen Begriff schlicht mit „Sozialunternehmen“, dann ist das der Fall. Es gibt aber feine Nuancen – mit Social Business kann auch Sozialwirtschaft gemeint sein, mitunter spricht man auch vom Dritten Sektor. Dann ist die Sache etwas anders gelagert, auch wenn ein Social Business trotzdem manchmal als Form von Social Entrepreneurship verstanden werden kann. Social Businesses werden häufig von Wohlfahrtsverbänden geführt, die soziale Leistungen abrechnen und damit Erlöse erzielen. Von „Entrepreneurship“ im Sinne des Wortes – mit der Innovation und Risikobereitschaft, die damit verbunden ist – kann jedoch in solchen Fällen oft nicht die Rede sein.

Charakteristische Merkmale des sozialen Unternehmertums

Was zeichnet das Sozialunternehmertum im Rahmen von Social Entrepreneurship aus? Charakteristisch ist der Wunsch, mit der eigenen Tätigkeit nicht nur Gewinn zu erwirtschaften. Stattdessen geht es darum, durch das eigene Tun etwas Positives zur gesellschaftlichen Entwicklung beizutragen oder sich in anderen sozialen Bereichen zu engagieren. Social Entrepreneurs legen großen Wert auf nachhaltiges Handeln. In allem, was sie tun, arbeiten sie auf eine bessere Zukunft hin. Ausbeuterische Geschäftspraktiken – egal, ob es um den Umgang mit natürlichen Ressourcen oder mit den eigenen Mitarbeitern geht – haben in diesem Modell keinen Platz.

Somit haben Social Entrepreneurs bestimmte Werte und Ziele, die ansonsten in Unternehmen womöglich weniger entscheidend sind. Dabei werden andere Unternehmen nicht in erster Linie als Konkurrenten gesehen, sondern es geht darum, nach Möglichkeit gemeinsam Positives zu bewirken. Mehr Gewinn zu erwirtschaften als andere ist nicht essenziell, obwohl ein höherer Gewinn natürlich für mehr Gelder für das jeweilige soziale Projekt sorgt.

Was zeichnet einen Social Entrepreneur aus?

Social Entrepreneurs starten mit einer guten Idee. Sie entwickeln ein klares Leitbild und ein innovatives Geschäftsmodell, bei dem bestimmte Dinge von Grund auf neu gedacht werden. Zur Umsetzung nutzen sie die vorhandenen finanziellen Mittel, innovative Tools und Technologie. Für die Finanzierung können zunächst eigene Rücklagen genutzt werden, besser ist es aber, wenn Social Entrepreneurs zusätzlich zahlungskräftige Geldgeber finden, die sie unterstützen. Dadurch ist es leichter, fähige Mitarbeiter einzustellen und die Geschäftsidee auch tatsächlich umzusetzen.

Bei der täglichen Arbeit achten Social Entrepreneurs verstärkt auf gute Arbeitsbedingungen und einen fairen Umgang mit ihren Mitarbeitern, aber auch mit Zulieferern und anderen Beteiligten in der Wertschöpfungskette. Oft herrscht eine Kultur der Wertschätzung, die ausgeprägter sein kann als bei „normalen“ Unternehmen. Die Person des Social Entrepreneurs besitzt dabei die typischen Eigenschaften, die mit einem Entrepreneur verknüpft werden. Entrepreneurs verfolgen einen besonders neuartigen Ansatz, leisten einen besonders großen Einsatz und sind bereit, ein hohes Risiko einzugehen, um ihre ambitionierten Ziele zu erreichen.

Social Entrepreneurship: Beispiele dafür, wie soziales Unternehmertum aussehen kann

Wo und wie könnte sich ein Social Entrepreneur mit einem Sozialunternehmen engagieren? Denkbar sind ganz unterschiedliche gesellschaftliche und soziale Bereiche, zum Beispiel

  • Rechte und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen fördern
  • bessere Chancen für Kinder
  • Armut bekämpfen
  • ländliche Entwicklung
  • Rassismus bekämpfen
  • bessere Bildungsangebote
  • bessere Strom- und Wasserversorgung
  • Gesundheitsversorgung verbessern
  • Kommunikation
  • Sozialwesen
  • Kunst und Unterhaltung
  • Umwelt und Klimaschutz
  • Lebensmittel

Für Social Entrepreneurship gibt es viele Beispiele rund um den Globus. Als Sozialunternehmen können etwa die folgenden Unternehmen eingestuft werden:

  • Ecosia: Das Unternehmen aus Berlin betreibt eine ökologische Suchmaschine und pflanzt mit den Einnahmen Bäume beziehungsweise unterstützt gemeinnützige Naturschutzorganisationen
  • Lemonaid: Die Hamburger Firma verkauft Bio- und Fairtrade-Getränke und fördert soziale Projekte in den Ländern, aus denen die Zutaten für die Marken Lemonaid und ChariTea stammen
  • Polarstern: Der Ökostrom-Anbieter aus München bezeichnet sich als Social Business, mit den Einnahmen werden soziale Projekte in Kambodscha unterstützt
  • Recup: Essen und Getränke mitnehmen, ohne Einwegmüll zu produzieren – das ist die Idee hinter den Tassen und anderen Behältnissen von Recup und Rebowl, dem größten Mehrwegsystem für die Gastronomie in Deutschland
  • Soulbottles: Die Firma stellt nachhaltige Trinkflaschen her und investiert die Einnahmen in Wasser- und Sanitärprojekte, Klimaschutz und innovative Start-ups
  • Tomorrow Bank: Banking gerecht und nachhaltig statt nur profitorientiert – dafür steht das Social Business Tomorrow. Gewinne werden in nachhaltige Projekte und den Schutz des Regenwalds investiert

Welche positiven Auswirkungen kann Social Entrepreneurship haben?

Social Entrepreneurship liegt seit einiger Zeit im Trend, das Interesse an Sozialunternehmen steigt. Viele Menschen achten stärker darauf, welche Auswirkungen ihr Handeln hat. Dazu gehört auch, welche Produkte jemand kauft und welche Lebensmittel er konsumiert. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen von sozialen Unternehmen, die sich gesellschaftlich engagieren, statt sich mit ihrem Geschäftsmodell einfach nur die eigenen Taschen vollzumachen, steigt.

Menschen, denen Nachhaltigkeit und Gemeinwohl wichtig sind, können sich in vielen Bereichen des Lebens an Social Businesses orientieren. In vielen Aspekten haben sie die Wahl – zum Beispiel, woher sie Kleidung und Schuhe kaufen, was sie essen und trinken, welchen Stromversorger sie wählen und welche Suchmaschine sie benutzen. Je mehr Social Entrepreneurs es gibt, desto stärker können die positiven Auswirkungen von diesem Geschäftsmodell für Gesellschaft und Umwelt zu spüren sein.

Impulse für eine stärkere Orientierung am Gemeinwohl

Social Entrepreneurship ist positiv für alle, die mit solchen Unternehmen in Berührung kommen. Zum Beispiel die Mitarbeiter, mit denen respektvoll und wertschätzend umgegangen wird, statt dass sie als (möglichst) billige, austauschbare Arbeitskräfte verstanden werden. Auch Zulieferer bis hin zu lokalen Partnern werden von Social Entrepreneurs fairer behandelt.

Dabei profitieren jedoch nicht nur die Menschen (Tiere, Umwelt) von Social Entrepreneurship, die ein bestimmtes Sozialunternehmen fördert. Social Entrepreneurship kann auch übergreifende Impulse geben und dafür sorgen, dass auch bei anderen ein Umdenken stattfindet. Kapitalismus muss nicht immer heißen, sich auf Kosten anderer zu bereichern und Profit über alles zu stellen. Es gibt durchaus nachhaltigere Formen des Kapitalismus, wie Social Businesses immer wieder zeigen. Ihre Geschäftspraktiken können im besten Fall einen Dominoeffekt auslösen.

In unserer Zeit gibt es so viele gesellschaftliche Probleme, die durch den klassischen Kapitalismus verschärft worden sind und noch immer verschärft werden. Sozialunternehmen setzen sich für ein besseres Miteinander ein und versuchen, alternative Geschäftsmodelle auf die Beine zu stellen, indem sie Lösungen anbieten, mit denen gesamtgesellschaftliche Verbesserungen erreicht werden können.

Social Entrepreneurship: Kritik und mögliche Hindernisse

Es klingt gut: Ein Unternehmen, das nicht primär nach möglichst hohen Gewinnen strebt, sondern mit seinen Geschäftspraktiken der Gesellschaft etwas Gutes tun möchte. Daran lässt sich erstmal nichts Schlechtes finden, und es gibt gute Gründe dafür, warum Social Entrepreneurship im Trend liegt. Genau das kann die gute Idee hinter dem sozialen Unternehmertum allerdings in manchen Fällen aufweichen: Es kann sehr profitabel sein, sich die Förderung des Gemeinwohls auf die Fahnen zu schreiben. Dadurch ist die Gefahr von Trittbrettfahrern gegeben, die sich sozialer darstellen, als sie tatsächlich sind – Stichwort Greenwashing.

Es ist auch nicht immer leicht, soziale Ziele mithilfe von Social Entrepreneurship zu erreichen. Es kann zum Beispiel schwieriger für soziale Unternehmen sein, Investoren für ihre Geschäftsidee zu finden, weil sie einen etwas anderen, unkonventionelleren Ansatz verfolgen. Ebenso erschwert sein kann die Suche nach gutem Personal, zumindest, wenn die Gehälter nicht allzu hoch ausfallen und dadurch Anreize fehlen. Wenn Gewinne überwiegend oder sogar komplett für gemeinnützige Zwecke genutzt werden, stellt sich darüber hinaus die Frage, wie fair die Mitarbeiter bezahlt werden. Investitionen ins Gemeinwohl sollten nicht zulasten der Beschäftigten gehen, die ansonsten leicht ausgebeutet werden könnten.

Eine Herausforderung kann auch das Spannungsfeld zwischen dem Fokus auf das Gemeinwohl und dem nötigen Gewinnstreben sein. Anders als gemeinnützige Organisationen müssen Sozialunternehmen schließlich profitabel sein, sonst geht die Geschäftsidee nicht auf. Gewinn machen und Gutes tun kann in manchen Fällen schwer miteinander zu vereinen sein.

Bildnachweis: 3rdtimeluckystudio / Shutterstock.com

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