Es gibt viele Gründe, aus der Kirche auszutreten. Wenn du über einen Austritt aus der Kirche nachdenkst, solltest du die Vor- und Nachteile kennen, die mit diesem Schritt verbunden sind. Was spart man zum Beispiel an Kirchensteuer, und kann man trotzdem noch kirchlich heiraten? Hier erfährst du mehr über die Folgen eines Kirchenaustritts und wir erklären dir, wie du vorgehen solltest, wenn du aus der Kirche austreten möchtest.
Aus der Kirche austreten: Welche Folgen hat ein Kirchenaustritt?
Die Zahl der Kirchenaustritte ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen, und zwar sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche. Zuletzt hatten im Jahr 2021 rund knapp 360.000 Menschen in Deutschland die katholische Kirche verlassen, während die evangelische Kirche im selben Zeitraum rund 280.000 Kirchenaustritte zu verzeichnen hatte. Zum ersten Mal war in diesem Jahr weniger als die Hälfte der Deutschen Mitglied der katholischen oder evangelischen Kirche.
Die hohe Zahl an Kirchenaustritten hat verschiedene Gründe. Manche, die formell in einer Kirche sind, sind eigentlich gar nicht gläubig – meist haben die Eltern sie taufen lassen, vielleicht haben sie auch Konfirmation oder Kommunion mitgemacht, aber der Glaube bedeutet ihnen nichts, so dass es für sie keinen Sinn mehr ergibt, in der Kirche zu bleiben.
Es gibt auch Gläubige, die mit der Institution Kirche unzufrieden sind. Besonders bei der katholischen Kirche haben die vielen Missbrauchsfälle, die oft nicht zufriedenstellend aufgearbeitet werden, Spuren hinterlassen. Hinzu kommen andere Skandale der Kirchen, etwa ein verschwenderischer Umgang mit Kirchenvermögen für zweifelhafte Dinge.
Wieder andere Menschen möchten sich schlicht die Kirchensteuer sparen. Nach Artikel 140 des Grundgesetzes sind Religionsgemeinschaften in Deutschland dazu berechtigt, Kirchensteuern zu erheben. Die Höhe legt die jeweilige Religionsgemeinschaft selbst fest, sie muss aber politisch abgesegnet werden, was durch die Zustimmung der Landesparlamente geschieht.
Gegenwärtig macht die Kirchensteuer in Bayern und Baden-Württemberg acht Prozent der Einkommenssteuer aus. In den übrigen Bundesländern sind es neun Prozent. Das entspricht meist einigen Hundert Euro pro Jahr, im Schnitt rund 300 Euro. Es gibt jedoch eine sogenannte Kappungsschwelle: Bei hohen Einkommen sinkt der prozentuale Anteil der Kirchensteuer auf meist drei bis vier Prozent der Lohn- beziehungsweise Einkommenssteuer.
Ist eine kirchliche Trauung trotz Kirchenaustritt möglich?
Wenn du aus der Kirche austrittst, sparst du dir dieses Geld. Allerdings könnte es Probleme geben, wenn du kirchlich heiraten möchtest. Sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche sind kirchliche Trauungen aber meist noch möglich, wenn zumindest ein Ehepartner in der Kirche ist. Als Katholik musst du in diesem Fall versichern, dass du deine Kinder katholisch taufen lässt und sie im katholischen Glauben erziehen wirst.
In Ausnahmefällen kann es auch vorkommen, dass Paare kirchlich getraut werden, von denen keiner in der Kirche ist. Ein prominentes Beispiel ist die Hochzeit von FDP-Finanzminister Christian Lindner und der Journalistin Franca Lehfeldt: Keiner der beiden ist in der Kirche, trotzdem ließen sie sich in Keitum auf Sylt evangelisch trauen. Das zog einige Kritik auf sich.
Wenn du aus der Kirche austrittst, ist es außerdem schwieriger, ein Kind taufen zu lassen. Wenn beide Eltern nicht in der Kirche sind, kann es nicht ohne Weiteres getauft werden. Das Problem lässt sich aber relativ leicht lösen: Das Kind braucht Paten, die in der Kirche sind und das Kind in seinem Glauben begleiten. Dann ist eine Taufe möglich, wobei sich die Frage stellt, ob eine Taufe von den Eltern überhaupt gewünscht ist, wenn sie aus der Kirche ausgetreten sind. Taufpate kannst du selbst aber in jedem Fall nicht werden, wenn du kein Kirchenmitglied bist.
Riskant kann ein Kirchenaustritt für Menschen sein, die für einen kirchlichen Träger arbeiten. Ihnen kann sogar die Kündigung drohen, wenn sie die Kirche verlassen. Und noch etwas solltest du bedenken, wenn es darum geht, aus der Kirche auszutreten: Die Trauerrede des Pfarrers bei deiner Beerdigung ist dann nicht mehr kostenlos, wie es bei Kirchenmitgliedern der Fall ist.
Aus Kirche austreten: So geht es
Wenn dein Entschluss feststeht und du aus der Kirche austreten möchtest, stellt sich die Frage, wie man diesen Schritt richtig angeht. Für einen Austritt aus der katholischen Kirche oder der evangelischen Kirche musst du bei der zuständigen Behörde der Kommune vorstellig werden. Meist ist das das Standesamt, die Gemeindeverwaltung oder das Amtsgericht. Alternativ kannst du einen Termin bei einem Notar vereinbaren und dort alles Nötige in die Wege leiten. Der Notar verschickt dann ein von ihm beglaubigtes Dokument an die zuständige Stelle, so dass du nicht mehr persönlich dort erscheinen musst.
Wenn du bei der Gemeinde vorstellig wirst, machst du dazu am besten einen Termin aus. Du kannst auch ohne Termin zu den Sprechzeiten hingehen, musst dann aber womöglich länger warten. Kann man das aus der Kirche Austreten auch online erledigen? Leider nicht. Zwar können viele Behördengänge inzwischen über das Internet gemacht werden. Kirchenaustritte sind online aber nicht möglich. Das liegt daran, dass dafür das Kirchenaustrittsgesetz geändert werden müsste, in dem die grundlegenden Modalitäten von Kirchenaustritten in § 3 geregelt sind.
Bei der zuständigen Stelle füllst du ein Formular aus, mit dem du deinen Kirchenaustritt erklärst. Du musst außerdem deine Identität nachweisen können, also deinen Personalausweis oder Reisepass dabeihaben. Falls du verheiratet oder geschieden bist, ist auch das Familienbuch relevant. Ein Kirchenaustritt ist nicht kostenlos: Für die Bearbeitung des Austritts aus der katholischen oder evangelischen Kirche wird eine Gebühr fällig. Sie liegt meist zwischen 25 und 35 Euro.
Wenn alles erledigt ist, wird der Kirchenaustritt zum nächsten Monat gültig. Du bekommst eine Bescheinigung über deinen Austritt aus der Kirche, den du aufheben solltest. Um eine gesonderte Kirchensteuer-Kündigung musst du dich übrigens nicht kümmern. Die Stelle, die deinen Kirchenaustritt bearbeitet, informiert das zuständige Finanzamt. Es erhebt dann künftig keine Kirchensteuer mehr.
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