Aus-, Fort- & WeiterbildungAusbildung im Ausland: Das ist zu beachten!

Ausbildung im Ausland: Das ist zu beachten!

So mancher träumt davon, nach dem Schulabschluss fremde Länder, Menschen und Kulturen kennenzulernen oder die Sprachkenntnisse zu vertiefen. Auf der anderen Seite könnte man mit einer Ausbildung beruflich durchstarten und das nötige Kleingeld verdienen. Warum nicht beide Wünsche unter einen Hut bringen? Positiver Nebeneffekt ist der Erwerb internationaler Berufskompetenzen, die nicht nur für den Ausbildungsberuf relevant sind, sondern sich später im Lebenslauf hervorheben lassen. Das Verständnis für fremde Mentalitäten erweitert auch den eigenen Horizont.

Was ist bei der Ausbildung im Ausland rechtlich zu beachten?

Das Berufsbildungsgesetz (BBIG) § 2 (3) hat die Möglichkeit geschaffen, zeitlich begrenzte Abschnitte der Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Die Dauer darf dabei ein Viertel der gesamten Ausbildung nicht überschreiten. Bei einer dreijährigen Ausbildung beispielsweise darf der Auslandsaufenthalt maximal neun Monate betragen. Eine verkürzte Ausbildungszeit wird zur Berechnung des maximalen Auslandsaufenthaltes nicht berücksichtigt.

Des Weiteren muss der Auslandsaufenthalt dem Ausbildungsziel dienen. Dies können verbesserte Sprachkenntnisse sein, interkulturelle Kompetenzen oder das Kennenlernen der im Ausland üblichen Arbeitsabläufe. Im Ausbildungsplan wird daher der Auslandsaufenthalt festgelegt und der zuständigen Stelle der Kammer gemeldet. Beträgt der Zeitraum mehr als vier Wochen, muss für diese Zeit ein gesonderter Ausbildungsplan mit der zuständigen Stelle der Kammer abgestimmt werden, § 76 (3) BBiG. Das ist wichtig, da auf diese Weise sichergestellt wird, dass alle wesentlichen Ausbildungsinhalte vermittelt werden.

Gut zu wissen ist, dass ein Auslandsaufenthalt das Ausbildungsverhältnis nicht unterbricht. Sämtliche Rechte und Pflichten bleiben bestehen. Auch deine Vergütung wird weiterhin gezahlt.

Schritte, um den Auslandsaufenthalt anzutreten

Ein Rechtsanspruch auf einen Auslandsaufenthalt besteht nicht, denn in erster Linie ist hier die Zustimmung des Ausbildenden erforderlich, also des Ausbildungsbetriebes. Die Abstimmung kann entweder zu Beginn der Ausbildung oder während der Ausbildung erfolgen. Entscheidest du dich erst während der Ausbildung für den Auslandsaufenthalt, ist die Vertragsänderung sofort der zuständigen Stelle der Kammer mitzuteilen.

Ein guter Zeitpunkt, den Auslandsaufenthalt anzutreten, könnte nach der Zwischenprüfung liegen. Willst du den Aufenthalt nicht in einem Block absolvieren, kannst du mit deinem Ausbilder über die Unterteilung in kürzere Abschnitte sprechen.

Grundsätzlich ist es möglich, die komplette Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Das macht in erster Linie Sinn, wenn du beabsichtigst, deinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt ins Ausland zu verlagern. Das Ausbildungsangebot ist jedoch begrenzt. In Deutschland wird mittels des dualen Systems unterrichtet, also die Vermittlung der praktischen Kenntnisse durch den Betrieb, der theoretischen durch die Berufsschule. Europaweit sind eher vollzeitschulische Ausbildungen verbreitet. Daher ist es schwierig, einen Ausbildungsbetrieb zu finden, der die praktischen Ausbildungsinhalte vermitteln kann, so wie sie im Ausbildungsplan gefordert werden. Erkundige dich im Vorfeld bei deiner örtlichen IHK, der Auslandshandelskammer oder der ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung), welche ausländischen Betriebe eine Ausbildung anbieten, die in Deutschland anerkannt wird.

Des Weiteren ist für die Zeit des Auslandsaufenthalts die Beurlaubung von der Berufsschulpflicht zu beantragen. Die Berufsschule genehmigt in der Regel eine Abwesenheit von neun Monaten. Im Ausland selbst besuchst du keine Berufsschule, hast jedoch die Pflicht, den versäumten Unterrichtsstoff selbstständig nachzuholen, da dieser prüfungsrelevant ist. Auch das Berichtsheft ist wie gehabt weiterzuführen.

Eine wichtige Voraussetzung ist das Beherrschen der Sprache des Gastlandes. Sicher hilft auch fließendes Englisch, noch besser ist jedoch, die Sprache des Gastlandes zu vertiefen.

Vor- und Nachteile der Ausbildung im Ausland

Ein Auslandsaufenthalt bringt Vor- und Nachteile mit sich. In dieser Zeit bist du weniger mit Familie und Freunden zusammen. Dafür lernst du neue Menschen kennen, eine fremde Kultur und erweiterst dein Fachwissen. Du sorgst für dich selbst, organisierst dich, wirst also automatisch eigenständiger. Auch später kannst du von deinen wertvollen Auslandserfahrungen profitieren. Viele Unternehmen sind international aufgestellt und suchen Mitarbeiter, die verhandlungssichere Sprachkenntnisse aufweisen und mit der Kultur des Landes vertraut sind. Eigeninitiative, Mut, Flexibilität und Selbstständigkeit werden von potenziellen Arbeitgebern geschätzt und vergütet.

Nachteilig wirkt sich aus, dass du für eine bestimmte Zeit im Unternehmen fehlst. Spezifisches betriebliches Wissen kann dir erst im Nachhinein vermittelt werden. Den Stoff, den du in der Berufsschule versäumst, hast du eigenständig nachzuarbeiten und dich auch selbst darum zu kümmern, was genau du versäumt hast. Natürlich können dir Lehrer und Mitschüler behilflich sein.

Wie oben bereits erwähnt, erkundige dich rechtzeitig nach der Anerkennung des angestrebten Berufsabschlusses. Sprachkenntnisse des Gastlandes sind unabdingbar. Aufgrund der abweichenden Ausbildungssysteme ist es möglicherweise schwierig, einen Ausbildungsplatz im Ausland zu finden, der die zu lernenden Ausbildungsinhalte anbietet. Frage daher möglichst frühzeitig nach.

Anlaufstellen und Förderprogramme

Mit dem Ausbilder deines Betriebes legst du fest, ob und wann der Auslandsaufenthalt stattfinden soll. Ob die Ausbildung im Ausland überhaupt möglich ist, hängt oft von der Unternehmensgröße ab. International aufgestellte Konzerne haben Niederlassungen außerhalb Deutschlands. Hier macht es sogar Sinn, einen Teil der Ausbildungszeit auswärts zu absolvieren, beispielsweise um neue Arbeitsweisen kennenzulernen und die Zusammenarbeit zu fördern.

Kleinere Ausbildungsbetriebe können meist nicht für längere Zeit auf ihre Auszubildenden verzichten. Sie verfügen weder über Verbindungen zu ausländischen Partnern, noch haben sie eigene Niederlassungen im Ausland. Sprich daher bereits vor Ausbildung den zuständigen Ausbilder an, um zu prüfen, ob der Betrieb für dich in Frage kommt.

EU-Förderprogramm Leonardo da Vinci

Dennoch gibt es Möglichkeiten, Auslandserfahrungen zu sammeln. „Erasmus+“ bietet mit dem Unterprogramm „Leonardo da Vinci“ ein EU-Förderprogramm für die berufliche Bildung. Teilnehmern des Förderprogramms werden Auslandspraktika von mindestens 2 Wochen bis maximal 12 Monate vermittelt. Angesprochen sind Auszubildende, Berufsschüler, Lehrer und Ausbilder, die ihre Fach- und Sprachkenntnisse verbessern und durch interkulturelle Kompetenzen ihre Beschäftigungsfähigkeit sichern wollen.

Die Antragstellung kann nur durch juristische Personen erfolgen. Diese werden durch Multiplikatoren und Koordinatoren vertreten. Suche dir daher auf der Webseite des Leonardo-da-Vinci-Projektes die Multiplikatoren deiner Region heraus. Als Einzelperson hast du die Möglichkeit, an sogenannten Poolprojekten teilzunehmen, die von deiner Ausbildungseinrichtung organisiert wurden. Sollte deine Ausbildungseinrichtung kein eigenes Mobilitätsprojekt anbieten, kannst du dich für Poolprojekte anderer Berufsbildungseinrichtungen und damit auch um ein EU-Stipendium bewerben. Bundesweite Projekte finden sich unter: www.machmehrausdeinerausbildung.de. Damit erhalten auch einzelne Auszubildende die Chance, an dem Förderprogramm teilzunehmen. Interessierte senden ihre Bewerbung direkt an eine dieser Einrichtungen. Vorteil der Mobilitätsprojekte ist, dass diese flexibel gestaltet werden können.

Europass-Mobilität

Um deine Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen während des Auslandsaufenthaltes zu dokumentieren, erkundige dich nach dem „Europass-Mobilität“. Hier kannst du alle Betriebspraktika, Austauschprogramme oder freiwillige Tätigkeiten in gemeinnützigen Einrichtungen festhalten. Der Europass-Mobilität dient als Nachweis deiner Auslandserfahrung. Er wird von den Partnerorganisationen im Herkunftsland und im Gastland ausgefüllt. Du erhältst ihn über die Partnerorganisation, die dich ins Ausland entsandt hat. Partnerorganisationen sind beispielsweise Bildungseinrichtungen, Unternehmen oder Sozialpartner.

Das Förderprogramm Erasmus+ wird in 33 Programmländern durchgeführt sowie 5 Programmländern außerhalb der EU: Mazedonien, Island, Norwegen, Liechtenstein und der Türkei.

Ausbildung Weltweit

Wer sich darüber hinaus für einen globalen Auslandsaufenthalt interessiert, dem sei das BMBF-Pilotprojekt „AusbildungWeltweit“ empfohlen (ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung). Hier findest du Hinweise zu den Zielländern, der Aufenthaltsdauer sowie zur Antragstellung und Förderung.

Steuerrecht und Sozialversicherungspflicht während deines Auslandsaufenthaltes

Da der Auslandsaufenthalt dein Ausbildungsverhältnis nicht unterbricht, unterstehst du während dieser Zeit dem deutschen Steuerrecht und der Sozialversicherungspflicht. Damit du den vollen Versicherungsschutz in der Krankenversicherung, bei Familienleistungen, der Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung und Arbeitslosenversicherung erhältst, sprich vor Antritt des Auslandsaufenthalts mit deiner Krankenversicherung. Die gesetzliche Krankenkasse prüft, ob der volle Sozialversicherungsschutz gewährleistet ist. Gegebenenfalls ist für einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und außereuropäische Länder der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung erforderlich. Es gibt beispielsweise Leistungen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, wie etwa Rücktransporte wegen Krankheit ins Heimatland. Liegt dein Zielland außerhalb Europas, erkundige dich, ob für das Land ein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland besteht. Ist das nicht der Fall, ist möglicherweise der Abschluss einer zusätzlichen Krankenversicherung erforderlich.

Hast du vor, die gesamte Ausbildung im Ausland zu absolvieren, verlegst du deinen Wohn- und Arbeitsplatz ins Ausland. Dann greift die Sozialversicherungspflicht des entsprechenden Landes. Die Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland stellt weiterführende Informationen, eine Staatenübersicht sowie Merkblätter zu den einzelnen Ländern zur Verfügung.

Kurz gesagt, um die bestmögliche Planung zu gewährleisten, erkundige dich vor allen Dingen frühzeitig und vor Antritt deines Auslandsaufenthaltes nach den notwendigen Genehmigungen und Fördermöglichkeiten.

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