Menschen, die unter einer Depersonalisation leiden, fühlen sich abgekoppelt vom eigenen Ich. Ihre Selbstwahrnehmung ist bei diesem psychischen Zustand gestört. Welche Symptome gehen mit einem solchen Zustand einher? Welche Ursachen kann es dafür geben? Und was können Betroffene tun, um ihre Situation zu verbessern? Hier erfährst du es.
- Depersonalisation: Was ist das?
- Diese Anzeichen können auf eine Depersonalisierung hindeuten
- Wodurch kann es zu einer Depersonalisation kommen?
- So kann sich eine Depersonalisation auswirken
- Wie wird eine Depersonalisierung diagnostiziert?
- Depersonalisierung: Behandlung
- Tipps zur Bewältigung einer Depersonalisierung
Depersonalisation: Was ist das?
Bei einer Depersonalisierung, auch Depersonalisation, handelt es sich um einen psychischen Ausnahmezustand. Er führt dazu, dass Menschen das Gefühl haben, sie würden ihr Leben von außen betrachten – fast so, als würde ihr Leben als Film an ihnen vorüberziehen. Die eigenen Gefühle, Gedanken und den Körper nehmen die Betroffenen als fremd und losgelöst wahr. Die Wahrnehmung des eigenen Ichs ist bei einer Depersonalisierung gestört.
Eine Depersonalisierung kann gemeinsam mit einer Derealisierung auftreten. Zusammengefasst spricht man dann auch vom Depersonalisations- und Derealisationssyndrom. In diesem Fall ist nicht nur die Selbstwahrnehmung der Betroffenen beeinträchtigt, sondern es liegt zusätzlich eine verzerrte Wahrnehmung der Umwelt vor. Depersonalisation und Derealisation kann mit weiteren psychischen Zuständen einhergehen, etwa mit Ängsten oder Depressionen, Zwangsstörungen oder einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Diese Anzeichen können auf eine Depersonalisierung hindeuten
Eine Depersonalisierung kann in verschiedenen Formen auftreten. In abgeschwächter Form kommt sie gar nicht so selten vor. Mitunter ist die Depersonalisation jedoch so ausgeprägt, dass sie mit schwerwiegenden Symptomen einhergeht. Die Betroffenen leiden dann oft wiederkehrend über einen längeren Zeitraum darunter. Ebenso ist es möglich, dass eine Depersonalisation nur wenige Momente anhält – etwa in einer Schock- oder Schrecksituation.
Welche Anzeichen mit einer Depersonalisierung einhergehen können, hängt davon ab, wie ausgeprägt die Störung ist. Milde Formen sind auch für die Betroffenen selbst oft wesentlich schwerer zu erkennen, so dass die Störung lange unerkannt bleiben kann.
Zu den möglichen Symptomen einer Depersonalisation oder Derealisierung gehören die folgenden Aspekte:
- die Betroffenen fühlen sich von sich selbst entfremdet, oft haben sie kein Gespür für die eigene Identität
- manche Betroffene fühlen sich wie leblos, andere haben das Gefühl, innerlich gespalten zu sein
- typisch ist auch das Gefühl, neben sich zu stehen, ebenso eine emotionale Leere
- die Realität fühlt sich unwirklich an
- die Betroffenen können das Gefühl haben, sie seien in einem Traum
- es kann sein, dass Betroffene glauben, dass andere Menschen nicht echt sind
- eine verzerrte Wahrnehmung kann auch eine verzerrte Wahrnehmung von Geräuschen mit sich bringen
- die Schmerzwahrnehmung von Menschen, die unter einer Depersonalisation leiden, kann gestört sein; sie nehmen Schmerzen in manchen Fällen weniger stark wahr
- ging der Depersonalisation ein Trauma voraus, kann das Erinnerungsvermögen gestört sein
- auf andere Menschen wirken Menschen, die unter Depersonalisation leiden, oft abwesend und distanziert, sie können auch einen depressiven Eindruck machen
Eine Depersonalisierung oder Derealisierung weist Gemeinsamkeiten mit anderen psychischen Zuständen wie beispielsweise einer Psychose auf. Dennoch gibt es entscheidende Unterschiede: Menschen, die unter einer Depersonalisation leiden, sind sich in der Regel im Klaren darüber, dass ihre Wahrnehmung wegen einer Erkrankung gestört ist. Demgegenüber halten Menschen mit einer Psychose ihre Empfindungen für echt.
Wodurch kann es zu einer Depersonalisation kommen?
Welche Ursachen eine Depersonalisierung haben kann, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Die psychische Störung ist nicht hinreichend erforscht. Experten nehmen aber an, dass verschiedene Faktoren beim Auftreten einer Depersonalisation eine Rolle spielen. Dazu gehört die Veranlagung eines Menschen. In vielen Fällen sind traumatische Erlebnisse der Auslöser einer Depersonalisierung. Auch andere Situationen, die viel Stress auslösen, können eine solche Störung zur Folge haben – vor allem, wenn die Betroffenen Probleme damit haben, sie zu bewältigen.
So kann es zum Beispiel zu einer Depersonalisierung kommen, wenn jemand schwer krank wird, einen Unfall hat oder in eine persönliche Krise gerät. Depersonalisierung kann mit anderen Erkrankungen und Störungen zusammenhängen, diese aber auch begünstigen. Das gilt zum Beispiel für Angststörungen und Depersonalisierung, aber auch für Depressionen. Es wird angenommen, dass Vernachlässigung in der Kindheit das Risiko erhöht, dass eine Depersonalisation auftritt. Auch die aktuellen Lebensumstände und die Lebensführung eines Menschen spielen eine Rolle. Alkoholkonsum, Drogen oder Schlafmangel sind in dieser Hinsicht kontraproduktiv.
Eine Depersonalisierung tritt in den meisten Fällen bei Heranwachsenden auf. Nur selten beginnt die Erkrankung nach dem 25. Lebensjahr. Schätzungen zufolge betrifft das Leiden etwa einen von Hundert Menschen, wobei keine nennenswerten Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu verzeichnen sind.
So kann sich eine Depersonalisation auswirken
Wenn Menschen unter einer Depersonalisierung leiden, dauert das manchmal nur wenige Augenblicke an. Dann ist die Wahrnehmungsstörung den aktuellen Umständen geschuldet und verflüchtigt sich nach kurzer Zeit von selbst. Verfestigt sich die Erkrankung jedoch und wird zum dauerhaften Begleiter, kann das gravierende Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen haben.
Mit der gestörten Selbstwahrnehmung geht oft auch eine Entfremdung vom eigenen Leben einher. Oft wirkt alles, was passiert, unwirklich. Dadurch fühlen sich Betroffene in vielen Fällen von ihrer Umwelt abgekoppelt, was Gefühle der Einsamkeit hervorrufen oder verstärken kann. Es kann auch eine Belastung für Beziehungen zu anderen Menschen sein. Wer sich selbst als fremd empfindet, für den ist es schwerer, eine echte Nähe zu anderen Personen zu entwickeln. Häufig geht Depersonalisierung mit einem geringen Selbstwertgefühl und Ängsten einher, was die Betroffenen zusätzlich belastet.
Es kann sein, dass Betroffene sich wenig zutrauen und etwa im Job keine Herausforderungen annehmen. Darunter leidet womöglich ihre berufliche Leistung und das berufliche Fortkommen kann erschwert sein. Viele Menschen, die unter Depersonalisation leiden, denken viel nach, was sie noch weiter von anderen abschotten kann. Nicht selten führt die Störung zu einem sozialen Rückzug, außerdem können bestimmte Situationen gemieden werden, die als beängstigend empfunden werden. Die Belastung durch eine Depersonalisierung kann so groß sein, dass Betroffene ihr Leben als nicht mehr lebenswert empfinden.
Wie wird eine Depersonalisierung diagnostiziert?
Wie kann eine Depersonalisierung festgestellt werden? Wer das Gefühl hat, vom eigenen Ich oder der Welt um ihn herum entfremdet zu sein, sollte mit einem Arzt über seine Empfindungen sprechen. Eine Diagnose kann ein Psychologe oder Psychiater stellen, wobei es hilfreich ist, sich für einen Experten zu entscheiden, der Erfahrung mit dieser Diagnose hat. Das Krankheitsbild einer Depersonalisierung ist selbst manchen Ärzten kaum oder gar nicht bekannt.
Besteht der Verdacht auf eine Depersonalisierung oder Derealisierung, werden üblicherweise zunächst körperliche Ursachen für das Missempfinden ausgeschlossen. Dazu können etwa Erkrankungen wie Epilepsie oder Migräne gehören. Anschließend können ausführliche Gespräche und Befragungen – mündlich oder schriftlich – dabei helfen, die Ursache für die Wahrnehmungsstörungen zu finden. Entscheidend für die Diagnose eines Depersonalisations- und Derealisationssyndroms ist, dass mindestens eine Depersonalisierung oder Derealisierung festgestellt werden kann. Außerdem muss den Betroffenen klar sein, dass es ihre eigene Wahrnehmung ist, die verzerrt ist.
Es dauert mitunter lange, bis eine Depersonalisation diagnostiziert wird. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die Störung wenig bekannt ist. Andererseits scheuen sich auch viele Betroffene davor, mit einem Arzt oder anderen professionellen Ansprechpartner über ihre Empfindungen zu sprechen – zum Beispiel aus Angst, für verrückt erklärt zu werden. Es kann auch sein, dass Betroffene glauben, ihr Leiden hätte andere Gründe, zum Beispiel eine Sehschwäche.
Depersonalisierung: Behandlung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Depersonalisierung zu behandeln. Eine Depersonalisierungs-Therapie kann zum Beispiel in Gesprächen mit einem Psychotherapeuten bestehen. Es ist aber unklar, ob sich bestimmte psychotherapeutische Ansätze zur Behandlung von Depersonalisierung besser eignen als andere. Auch hier gilt: Ein Therapeut, der bereits mit Depersonalisation in Kontakt gekommen ist, ist im Zweifel der beste Ansprechpartner.
Bei einer Therapie zur Behandlung einer Depersonalisierung geht es darum, die Ursachen für die gestörte Wahrnehmung ausfindig zu machen. Ebenso wichtig ist es, herauszufinden, wodurch die Verzerrung aktuell ausgelöst wird. Betroffene lernen, sich selbst klarer wahrzunehmen und sich ihrer Gedanken und Gefühle bewusster zu werden. Es kann dabei hilfreich sein, wenn die Patienten genau dokumentieren, wann sie sich wie fühlen und ihre Empfindungen dabei genau beschreiben. So können Muster offenbar werden. Auch Übungen für eine bessere Achtsamkeit, etwa in Form von Achtsamkeitsmeditation, sind hilfreich.
Psychotherapeutische Ansätze zur Depersonalisierungs-Behandlung können durch eine medikamentöse Unterstützung ergänzt werden. Spezielle Medikamente, die auf Depersonalisierung zugeschnitten sind, gibt es bislang allerdings nicht.
Tipps zur Bewältigung einer Depersonalisierung
Manchmal verschwindet eine Depersonalisierung nach kurzer Zeit von selbst. In anderen Fällen leiden die Betroffenen regelmäßig oder sogar dauerhaft darunter. Dann ist es wichtig, zu wissen, wie man den Entfremdungsgefühlen begegnen kann. Die folgenden Tipps können dir dabei helfen, die Symptome und Auswirkungen einer Depersonalisierung abzumildern.
Stress reduzieren
Stress kann Depersonalisierungsgefühle hervorrufen, deshalb ist es wichtig, Stress nach Möglichkeit zu vermeiden. Bürde dir nicht zu viel auf und stelle keine überzogenen Anforderungen an dich selbst. Es hilft, stressige Situationen zu identifizieren und zu überlegen, wie du konstruktiv damit umgehen könntest. Wenn du dich im Alltag überfordert fühlst, tritt ganz bewusst auf die Bremse.
Genug schlafen
Schlafmangel ist ein weiterer Faktor, der eine Depersonalisierung begünstigen kann. Ausreichend Schlaf sollte deshalb eine Priorität in deinem Leben sein. Für guten Schlaf kommt es auf die richtigen Bedingungen an: Das Schlafzimmer sollte kühl und so dunkel und leise wie möglich sein. Damit du im Bett wirklich abschalten kannst, hilft es, schon einige Zeit vorher keine elektronischen Geräte mehr zu benutzen.
Kein Alkohol, keine Drogen
Alkohol- oder Drogenkonsum muss nicht die Ursache von Depersonalisierungsgefühlen sein, kann sie aber verstärken. Deshalb ist es wichtig, dass du Genussmittel in Maßen konsumierst – oder besser ganz darauf verzichtest.
Kommunikation statt Rückzug
Menschen, die unter Depersonalisation leiden, fühlen sich oft sehr allein mit ihren Gefühlen. Nicht selten ist die Folge ein sozialer Rückzug. Dadurch wirst du aber nur noch isolierter. Besser ist es, mit anderen offen über die eigene Erkrankung zu sprechen und sich bewusst zu öffnen. So können andere sich besser in dich hineinversetzen und dich dabei unterstützen, die Depersonalisierungsgefühle zu bekämpfen.
Mit dem Chef sprechen
Nicht nur deine Freunde und Angehörigen sollten wissen, was dich bewegt und wie es dir geht. Wenn du häufiger Depersonalisierungsgefühle hast, kann es sinnvoll sein, den Vorgesetzten einzuweihen. Falls es dir wegen der Depersonalisation schwerfällt, dein übliches Pensum an der Arbeit aufrechtzuerhalten, oder du manchmal etwas abwesend wirkst, weiß der Chef dann, wieso.
Ängste überwinden
Angststörungen und Depersonalisierung gehen häufig Hand in Hand. In solchen Fällen ist es wichtig, Strategien zur Bekämpfung der eigenen Ängste zu entwickeln. Du solltest auch wissen, wie du Ängste frühzeitig durchbrechen kannst. Strategien kannst du zum Beispiel mit einem Psychotherapeuten erarbeiten.
Individuelle Strategien für schwierige Situationen entwickeln
Ebenso wichtig ist es, dass du in herausfordernden Situationen weißt, was du tun kannst. Auch hierfür kannst du dir im Vorfeld Strategien zurechtlegen, damit es nicht zu einer Depersonalisation kommt oder die Symptome davon abgemildert werden.
Alltag überdenken
Wenn es zu Depersonalisierungsgefühlen kommt, hängt das oft mit der Alltagsgestaltung der Betroffenen zusammen. Überlege deshalb, ob es etwas gibt, das du an deinem Alltag verändern könntest, damit eine Depersonalisierung unwahrscheinlicher wird. Das kann größere Veränderungen bedeuten, manchmal reichen aber auch schon kleinere Stellschrauben, um die Situation zu verbessern.
Spazieren gehen
Um wieder mehr zu dir selbst zu finden können Spaziergänge in der Natur eine gute Idee sein. Wichtig ist, dass du dich an dem betreffenden Ort wohlfühlst und möglichst nicht abgelenkt durch Unterhaltungen, Podcasts oder Musik bist. Du kannst den Spaziergang auch als Achtsamkeitsübung nutzen, um die Welt um dich herum ganz bewusst wahrzunehmen.
Frühzeitig Hilfe suchen
Wenn die Depersonalisierung nur hin und wieder für einen kurzen Augenblick auftritt, belastet sie dich womöglich nicht allzu stark. Tritt sie jedoch regelmäßig in stärkerem Ausmaß auf, ist es wichtig, dir frühzeitig Hilfe zu suchen. Du kannst dich an deinen Hausarzt wenden, der dich beraten, untersuchen und gegebenenfalls an Experten weiterverweisen kann. Oder du meldest dich direkt bei einem Psychotherapeuten, der dich auf deinem weiteren Weg unterstützt.
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