Aus-, Fort- & WeiterbildungAusbildungswechsel: Das solltest du wissen!

Ausbildungswechsel: Das solltest du wissen!

Die anfängliche Euphorie ist verflogen, der einstige Traumjob fühlt sich katastrophal an. Woran liegt es? Entspricht der Inhalt der Ausbildung nicht deinen Erwartungen oder hat sich als überfordernd herausgestellt? Das Wissen wird durch den Ausbilder nur unzureichend vermittelt? Eigene gesundheitliche Probleme haben dazu geführt, dass du den Anschluss in Betrieb oder Schule verpasst hast? Oder sind im Betrieb finanzielle Probleme aufgetreten und die Gehälter werden nur noch unregelmäßig gezahlt? Mobbing und Belästigungen verschlechtern das Betriebsklima? – Egal, was es ist, mittlerweile stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, den Ausbildungsplatz zu wechseln und von vorn anzufangen.

Die beruhigende Nachricht ist, ein Ausbildungsplatzwechsel ist möglich und sogar sinnvoll, wenn sich die Probleme nicht beheben lassen.

Ausbildungswechsel: Wechselmotivation

Anfangs geht es um die genaue Betrachtung der Situation. Wie und wann sind die Probleme entstanden? Was kannst du selbst tun, um sie abzustellen? Waren deine Erwartungen an den Beruf zu abwegig? Und vor allen Dingen: Ist dies nur eine Phase der Unzufriedenheit oder wirst du auf Dauer nicht glücklich mit dem Beruf?

Vermeide auf jeden Fall, vorschnell zu kündigen. Ein Ausbildungsabbruch wirft Fragen bei deinem neuen Arbeitgeber auf. Zudem zeichnet sich eine gewisse Unzuverlässigkeit ab. Möglicherweise schließt er aus deinem Verhalten, dass du auch den nächsten Ausbildungsplatz beim Auftreten von Problemen abbrichst. Zu Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen kann es in jedem Betrieb kommen, auch im nächsten. Dies ist kein triftiger Grund für einen Ausbildungsplatzwechsel. Kläre daher im ersten Schritt deine Wechselmotivation ab.

Klärungsgespräch

Besprich mit deinem Ausbilder, was du selbst tun kannst und wie das Problem abgestellt werden kann. Möglicherweise ist es noch gar nicht bekannt geworden, beispielsweise bei Mobbing oder sexueller Belästigung. Wird gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Berufsbildungsgesetz verstoßen, kommt es sogar zu arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen.

Der Ausbilder muss die Möglichkeit bekommen, etwas gegen den Missstand zu unternehmen. Das Gespräch ist mit Datum zu protokollieren, um später nachfassen zu können. Auch im Streitfall kann das Protokoll herangezogen werden.

Bestenfalls arbeiten beide Seiten an einer einvernehmlichen Lösung. Bitte im Gespräch um die Erteilung eines Zwischenzeugnisses für Bewerbungszwecke. Dein Arbeitgeber wird auf diese Weise später nicht von deinem Ausbildungsplatzwechsel überrascht. Denn sollte es zur Lösung des Arbeitsverhältnisses kommen, unterschreiben beide Parteien im gegenseitigen Einverständnis den Aufhebungsvertrag. Und es wäre mehr als ärgerlich, wenn du einen neuen Vertrag in der Tasche hast und keine Zustimmung zur Aufhebung erteilt wird. Dann hilft meist nur der langwierige Klageweg.

Gelingt das Gespräch jedoch gar nicht oder hat das Problem direkt mit deinem Ausbilder zu tun, informiere dich bei der zuständigen Stelle der jeweiligen Kammer (Handwerkskammer, IHK, etc.) oder bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht nach dem Vorgehen beim Ausbildungsplatzwechsel. Das gilt vor allen Dingen dann, wenn es um Pflichtverletzungen verbunden mit Schadensersatzansprüchen geht.

Ausbildungsplatzsuche

Für einen Ausbildungsplatzwechsel gibt es zwei Möglichkeiten:
Du wechselst nur den Betrieb und setzt die begonnene Ausbildung fort.
Du brichst die Ausbildung ab und erlernst einen völlig neuen Ausbildungsberuf.

Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen

Im Grunde genommen magst du die Ausbildung, aber der Betrieb ist aus einem der oben genannten Gründe nicht mehr der Richtige. Jetzt heißt es, nach einem Ausbildungsplatz zu suchen, wo du deine Ausbildung fortsetzen kannst. Offene Stellen findest du im Netz in den diversen Jobbörsen, in der Tageszeitung und bei der Agentur für Arbeit. Möglicherweise kannst du in der Berufsschule den Lehrer deines Vertrauens ansprechen. Wichtig ist, kündige den alten Ausbildungsvertrag erst, wenn du bei einem neuen Ausbildungsbetrieb unterschrieben hast.

In der Bewerbung nennst du sachlich den Wechselgrund: „Durch die veränderte Arbeitssituation in meinem jetzigen Betrieb ist mir die Fortsetzung meines Ausbildungsverhältnisses nicht möglich. Nach wie vor möchte ich gerne den Beruf des … erlernen und bewerbe mich auf den von Ihnen ausgeschriebenen Ausbildungsplatz“, könnte eine umschreibende Formulierung sein. „Die veränderte Arbeitssituation“ kann im Vorstellungsgespräch, aber auch vorab in einem Telefongespräch mit der neuen Ausbildungsstätte geklärt werden.

Zwei Beispiele für eine veränderte Arbeitssituation: erhöhtes Arbeitsaufkommen, wonach der Ausbilder weniger Zeit investieren kann und die Ausbildung gefährdet ist. Arbeiten, die zu wenig mit der Berufsausbildung zu tun haben wie Kaffeekochen oder Ablage sortieren.

Sachlichkeit ist notwendig, um professionell und souverän aufzutreten. Rede weder schlecht über den Betrieb noch über ehemalige Kollegen und Vorgesetzte. Ein potentieller Arbeitgeber geht automatisch davon aus, dass du im Zweifelsfall auch über ihn kein gutes Wort verlierst. Um den neuen Betrieb von deinen Kenntnissen und Fähigkeiten zu überzeugen, kannst du einen Probearbeitstag anbieten. Dabei sieht er, auf welchem Wissensstand du bist und wie du deine Arbeit verrichtest. Normalerweise wird die bereits absolvierte Ausbildungszeit im neuen Betrieb angerechnet. Kläre dies vorher mit dem neuen Arbeitgeber ab. Frage in der Berufsschule, ob deine bisherigen Leistungen anerkannt werden und lasse dir ein vorläufiges Zeugnis ausstellen.

Ausbildung aufgeben oder eine andere Ausbildung beginnen

Wenn der Ausbildungsberuf definitiv nicht der Richtige ist, bleibt nur die Suche nach Alternativen. Was möchtest du tun? Die Ausbildung abbrechen und ein Studium antreten? Oder eine neue Ausbildung beginnen?

Hier sind ebenfalls sachliche Gründe anzuführen, die überzeugend wirken. „Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass mir der Beruf des … nicht liegt. Dafür habe ich während der letzten Monate großes Interesse für die Ausbildung zum … entwickelt, so dass ich mich in diese Richtung orientieren möchte. Hierfür bringe ich folgende Kenntnisse und Fähigkeiten mit …“ Ein Personalverantwortlicher kennt diese Situation und weiß, dass man sich bei der Berufswahl auch mal irren kann.

Kündigung des Ausbildungsverhältnisses

§ 22 (1) des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) bestimmt, dass ein Ausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden darf.

Nach der Probezeit kannst du den Ausbildungsplatz nur durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund wechseln. Gibst du die Ausbildung auf und beginnst eine völlig neue, ist eine fristgerechte Kündigung möglich.

Fristlos kündigen können beide Seiten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Grund muss ausdrücklich genannt werden. Er darf nur maximal 2 Wochen zurückliegen. Liegt der Grund länger als 2 Wochen zurück, ist die fristlose Kündigung unwirksam. Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes kann es zum Schadensersatzanspruch kommen, denn ein wichtiger Grund stellt eine Pflichtverletzung dar.

Auf Seiten des Ausbildungsbetriebes liegt beispielsweise eine Pflichtverletzung vor, wenn keine Ausbildungsvergütung gezahlt wird, es zu Tätlichkeiten und Diskriminierungen kommt oder schwere Verstöße gegen das BBiG oder das Jugendarbeitsschutzgesetz vorliegen.

Auf Seiten des Auszubildenden ist die Pflichtverletzung beispielsweise im Fernbleiben von der Berufsschule, Diebstahl im Betrieb oder durch das Unterlassen der vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung zu sehen.

Derjenige, der die Pflichtverletzung begangen hat, kann zum Schadensersatz herangezogen werden (§ 23 BBiG). In diesem Fall muss innerhalb von 3 Monaten eine Schadensersatzklage erhoben werden. Passiert das nicht oder verzichten die Parteien auf Schadensersatz, erlöschen auch die Ansprüche.

Ist der Grund klar festzustellen, stehen die Chancen gut für die Durchsetzung der Ansprüche. In der Praxis sieht dies oft verschwommener aus: Der Beginn des Fehlverhaltens (beispielsweise Mobbing) lässt sich schwerer zurückverfolgen, Diebstahl oder Betrug muss eindeutig bewiesen werden. Statt einer fristlosen Kündigung einigen sich die Parteien daher auf einen Aufhebungsvertrag. Da das Vertrauensverhältnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht wiederherzustellen ist, ist dies eine Alternative. Wie oben bereits erwähnt, wird der Aufhebungsvertrag im gegenseitigen Einverständnis aufgesetzt und sollte erst unterschrieben werden, wenn dir ein neuer Ausbildungsvertrag vorliegt. Als Minderjähriger benötigst du zudem die Zustimmung deiner Erziehungsberechtigten.

Hole dir fachliche und rechtliche Hilfe, wenn du unsicher bist, wie du dich verhalten sollst. Auch das solltest du wissen: Kündigst du selbst ohne einen neuen Ausbildungsplatz anzutreten, kann dir die Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld für eine Dauer von 3 Monaten sperren.

Möchtest du dagegen die Berufsausbildung aufgeben oder eine neue beginnen, darfst du nach der Probezeit das Ausbildungsverhältnis fristgerecht innerhalb von vier Wochen kündigen. Auch hier ist der Kündigungsgrund zu nennen.

Neustart

Wenn alles geklärt ist, steht einem Neustart nichts mehr im Wege. Das neue Ausbildungsverhältnis beginnt zumeist wieder mit der Probezeit von 4 Monaten, auch wenn du die Ausbildung fortsetzt. Eine neue Chance hat sich geboten, die du für dich nutzen kannst.

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