AllgemeinErster Eindruck: Ist er beeinflussbar?

Erster Eindruck: Ist er beeinflussbar?

Wenn man neue Kontakte knüpft, ergibt er sich unweigerlich: der erste Eindruck. Dem ersten Eindruck wird gemeinhin eine große Bedeutung beigemessen, was Sprüche wie „Der erste Eindruck zählt“ oder „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ zeigen. Aber ist der erste Eindruck wirklich so wichtig? Kann man ihn tatsächlich nicht mehr verändern? Und wie kann man dafür sorgen, dass man einen guten ersten Eindruck macht? In diesem Artikel erfährst du mehr darüber.

Was ist der erste Eindruck?

Wer neue Bekanntschaften macht, kennt die neuen Kontakte noch nicht gut. Mit der Zeit wird sich eine tiefgreifende Meinung über die andere Person formen, die auf den Erfahrungen beruht, die man mit diesem Menschen gemacht hat. Schon kurz nach dem Kennenlernen – oder sogar davor – hat man allerdings einen ersten Eindruck von neuen Kontakten. Man hat ein vorläufiges Urteil über sie gefällt. Man findet sie zum Beispiel sympathisch oder unsympathisch, interessant oder langweilig, kompetent oder inkompetent.

Ein erster Eindruck entsteht nicht nur, wenn zwei Menschen persönlich das erste Mal aufeinandertreffen. Er kann sich auch durch Nachrichten, E-Mails, durch Erzählungen von anderen, Gerüchte, Fotos, Videos oder Posts in sozialen Netzwerken ergeben. Kommt es dann zu einem persönlichen Treffen, wird dieser erste Eindruck überprüft, wobei jemand zu diesem Zeitpunkt bereits voreingenommen sein kann.

Dass sich unmittelbar nach dem Knüpfen eines neuen Kontakts ein erster Eindruck ergibt, ist biologisch bedingt und lässt sich gar nicht vermeiden. Das Gehirn entscheidet in Sekundenschnelle, wo jemand anderes grob einzuordnen ist. Das hilft in evolutionärer Hinsicht zum Beispiel dabei, Gefahren zu erkennen und sich vor Risiken zu schützen.

Was beeinflusst, welcher erste Eindruck entsteht?

Wenn es darum geht, einen ersten Eindruck zu fällen, nutzt das Gehirn sämtliche Informationen, die ihm zur Verfügung stehen. Alles, was wir über die andere Person wissen oder wahrgenommen haben, wird berücksichtigt – zum Beispiel die Kleidung, Frisur, Statur, Mimik, Gestik, die Körperhaltung oder der Geruch.

Ob die andere Person lächelt oder grimmig guckt, ob sie schüchtern oder offensiv wirkt, ob sie laut oder leise ist – all solche Dinge spielen eine Rolle, wenn ein erster Eindruck entsteht. Ebenso kommt es darauf an, wie sich jemand verbal äußert. Dabei ist es wichtiger, in welchem Ton jemand etwas sagt, als welche Worte er konkret wählt. Die Stimmlage, das Sprechtempo, Betonungen und ein möglicher Dialekt oder Sprachfehler wirken sich auf den ersten Eindruck aus.

Sämtliche Informationen, die über die andere Person zur Verfügung stehen, werden im Gehirn anschließend mit Vorerfahrungen, Stereotypen und möglichen Vorurteilen abgeglichen. Oft spielen Stereotype und Vorurteile selbst dann eine Rolle, wenn jemand eigentlich unvoreingenommen auf einen neuen Kontakt zugehen möchte. Für das Gehirn spart es schlicht Arbeit, wenn man Menschen in Schubladen stecken kann. Es ist dann leichter, sie einzuordnen, auch wenn das Urteil nicht immer korrekt sein muss.

Der erste Eindruck: Psychologische Effekte, die eine Rolle spielen

Zur Erklärung, wie der erste Eindruck entsteht, werden in der Psychologie verschiedene Effekte herangezogen. Das betrifft insbesondere den Primacy-Effekt, den Halo-Effekt und den Horn-Effekt.

Der Primacy-Effekt

Der vom Englischen abgeleitete Begriff Primacy-Effekt lässt sich auf Deutsch sinngemäß mit „Vorrang-Effekt“ übersetzen. Es handelt sich dabei um einen Urteilsfehler. Diesem Effekt zufolge bleiben die ersten Informationen, die man über eine Person erfährt oder wahrnimmt, besonders stark in Erinnerung.

Nehmen wir an, man trifft jemanden, der einen blöden Kommentar bringt. Deshalb empfinden wir ihn womöglich als unfreundlich. Spätere Informationen werden an diesen ersten Eindruck angepasst – was nicht passt, wird im Zweifel ignoriert. In diesem Beispiel könnte man also an jeder Stelle nach neuen Belegen dafür suchen, dass die Person tatsächlich unfreundlich ist, und Anzeichen dafür ignorieren, dass sie auch sehr freundlich sein kann. 

Der Halo-Effekt

Bei der Entstehung des ersten Eindrucks spielt auch der Halo-Effekt eine Rolle. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort für „Heiligenschein“ ab. Auch hierbei handelt es sich in der Psychologie um einen Urteilsfehler. Dabei wird ein hervorstechendes, positiv konnotiertes Merkmal einer anderen Person besonders stark berücksichtigt, wenn es darum geht, sich einen ersten Eindruck über sie zu verschaffen.

Ein Beispiel: Ein Personalverantwortlicher trifft auf einen Bewerber, der sehr elegant gekleidet ist. Aus diesem einen Merkmal werden nach dem Halo-Effekt weitere Schlüsse gezogen. In diesem Fall zum Beispiel, dass der Bewerber professionell, kompetent, selbstbewusst, souverän und durchsetzungsfähig ist. Ob das stimmt oder nicht, gerät dabei in den Hintergrund. Man zieht also Schlüsse, obwohl man gar nicht genug Informationen dazu hat.

Der Horn-Effekt

Der Horn-Effekt bildet in der Psychologie das Gegenstück zum Halo-Effekt. Das Prinzip ist dasselbe wie beim Halo-Effekt, nur ist es ein negatives Merkmal, das in den Vordergrund rückt und den ersten Eindruck bestimmt. Von diesem negativen Merkmal leitet die betreffende Person dann weitere Merkmale ab, für die es zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Belege geben kann. Zum Beispiel so: Ein Personaler trifft auf einen Bewerber, der ungepflegte Fingernägel hat. Daraus schließt er, dass dieser unprofessionell ist, vielleicht unseriös, nachlässig oder sogar faul.

Der erste Eindruck zählt – stimmt das wirklich?

Der erste Eindruck zählt, heißt es so schön. Ist das wirklich immer so? Wie wichtig ist der erste Eindruck? Es kommt auf die Umstände an. Der erste Eindruck kann tatsächlich sehr wichtig für die weitere Beziehung zwischen zwei Personen sein, schon wegen der beschriebenen psychologischen Effekte, die bei der Entstehung des ersten Eindrucks eine Rolle spielen. Wer jemanden auf Anhieb nett findet, wird womöglich eine positive Beziehung zu ihm aufbauen können. Wer jemand anderen hingegen unsympathisch findet, ist in der Folge wahrscheinlich voreingenommen – und fokussiert sich übermäßig auf weitere negative Aspekte an dessen Persönlichkeit.

Im schlimmsten Fall kann es weitreichende Folgen haben, wenn jemand keinen guten Tag hat, wenn er jemand anderen kennenlernt. Vielleicht ist er gereizt und lässt sich zu einer unbedachten Bemerkung hinreißen, und schon hat der andere ein Urteil über ihn gefällt, das sich nur noch schwer und mit viel Zeit korrigieren lässt. Es kommt natürlich auch darauf an, wie die andere Person an die Sache herangeht. Menschen, die offener sind, haben oft einen weniger festsitzenden ersten Eindruck. Sie sind eher dazu in der Lage, neue Informationen neutral einzuordnen, statt sie vor dem Eindruck eines möglicherweise verzerrten ersten Eindrucks zu sehen.

Manchmal gibt es keine zweite Chance, einen guten Eindruck zu machen

Wie weitreichend die Folgen eines bestimmten ersten Eindrucks sein können, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es überhaupt noch eine zweite Chance gibt. Sagen wir, ein Bewerber hinterlässt im Vorstellungsgespräch keinen guten Eindruck. Dann war es das wahrscheinlich für ihn, wenn es nicht zufällig so wenige Bewerber gibt, dass das Unternehmen dem Bewerber noch eine Chance gibt. Oder nehmen wir an, jemand lernt auf einer Veranstaltung eine wichtige Person des öffentlichen Lebens kennen, die er beeindrucken möchte. Geht das schief, gibt es womöglich keinen weiteren Kontakt.

Anders sieht es aus, wenn man zwangsläufig viel Kontakt hat – zum Beispiel mit den Kollegen, dem Chef, dem neuen Partner eines Kindes oder Bekannten im Freundeskreis. Auch hier mag sich der erste Eindruck hartnäckig halten, aber er wird zwangsläufig durch neue Erfahrungen mit dieser Person ergänzt. So kann man mit der Zeit zum Beispiel feststellen, dass jemand viel netter/lustiger/attraktiver oder auch egoistischer/skrupelloser/hinterhältiger ist, als man anfangs gedacht hatte.

So kannst du beeinflussen, welchen Eindruck andere von dir bekommen

Vom ersten Eindruck hängt viel ab. Die gute Nachricht: Du hast ein Stück weit in der Hand, was andere von dir denken, wenn sie dich kennenlernen. Es gibt viele Dinge, die du dafür tun kannst, dass andere einen guten ersten Eindruck von dir gewinnen. Die folgenden Aspekte beeinflussen, welcher Eindruck bei anderen entsteht.

Freundlichkeit als Grundlage für einen guten ersten Eindruck

Die Grundlage dafür, dass andere einen guten ersten Eindruck von dir haben, ist ein freundliches, offenes Auftreten. Hierfür hilft es, zu lächeln – da, wo es angemessen ist. Lächelnde Menschen werden von anderen oft positiver wahrgenommen, außerdem kann ein freundliches Lächeln Nähe erzeugen. Aber Vorsicht: Deine Freundlichkeit sollte authentisch und nicht erzwungen oder übertrieben wirken, sonst kann statt eines positiven ein negativer erster Eindruck entstehen.

Das Auftreten: Zurückhaltend oder forsch?

Welchen ersten Eindruck andere von dir haben, hängt davon ab, wie du auftrittst. Hierbei spielen viele verbale und nonverbale Signale eine Rolle. Was positiv von anderen wahrgenommen wird und was weniger, hängt von der Situation und den Präferenzen der anderen ab. Manche Menschen lassen sich von einnehmenden, forschen Menschen besonders beeindrucken, während sie zurückhaltende Menschen weniger interessant finden. Bei anderen ist es genau umgekehrt. Da du die Präferenzen von neuen Kontakten wahrscheinlich in den meisten Situationen nicht vorher kennst, ist es wichtig, flexibel zu bleiben und sich auf andere einzustellen.

Körperhaltung, Mimik und Gestik, Blickkontakt

Nonverbale Signale haben einen entscheidenden Einfluss darauf, welchen Eindruck man von jemandem hat. Vieles geschieht zwar automatisch, aber du kannst darauf achten, wie du dich gibst. Hilfreich ist zum Beispiel eine aufrechte Körperhaltung, die Selbstbewusstsein und Souveränität suggeriert. Deine Mimik und Gestik sollten freundlich, offen und selbstbewusst wirken. Auch Blickkontakt ist wichtig: Vermeidest du ihn, kann das komisch wirken und verhindern, dass Nähe entsteht. Starrst du, wirkt das schnell bedrohlich und unhöflich. Gefragt ist also ein angemessener Blickkontakt, bei dem du alle paar Sekunden woanders hinsiehst.

Wortwahl und Stimmlage

Was du sagst, entscheidet über den ersten Eindruck mit. Es kommt aber ebenso darauf an, wie du etwas sagst. Eine tiefe Stimmlage wirkt auf andere eher souverän, während eine hohe Stimmlage dazu führen kann, dass man dich weniger ernst nimmt. Sprich klar und deutlich und nuschele nicht. Falls du einen Dialekt hast, kann es in bestimmten Situationen sinnvoll sein, diesen nicht allzu stark durchscheinen zu lassen – zum Beispiel im Bewerbungsgespräch für einen Job, bei dem du viel Kontakt mit anspruchsvollen Kunden hättest.

Das Äußere

Überlege dir vor wichtigen neuen Kontakten gut, wie du dich äußerlich präsentierst. Kleidung, Schuhe, Frisur und Make-Up sollten zum Anlass und, soweit bekannt, zu den Präferenzen der anderen Person(en) passen. Bei einem Bewerbungsgespräch bei einer Bank ist eine andere Kleidung gefragt als bei einer Gartenparty von guten Freunden. Wichtig: Verkleide dich nicht. Du solltest dich bei aller Anpassungsfähigkeit in deiner Haut wohlfühlen, weil es sonst nicht authentisch wirkt. 

Geruch und Körperpflege

An den Geruch denken viele Menschen nicht gleich, wenn es darum geht, was einen ersten Eindruck beeinflusst. Er spielt aber eine größere Rolle, als viele meinen. Hierbei kommt es wiederum stark darauf an, was andere Personen als angenehm empfinden. Gerade bei Kontakten im beruflichen Kontext ist es grundsätzlich eine gute Idee, es bei dezenten Düften zu belassen, falls du Parfum benutzt. Die meisten Menschen empfinden eine drückende Duftwolke als negativ. Frage im Zweifel andere, wie viel Parfum angemessen ist – viele Menschen, die sich regelmäßig parfümieren, merken gar nicht, dass es zu viel ist. Für den ersten Eindruck kommt es auch darauf an, gepflegt zu sein – achte also auf Fingernägel, deine Haare und den Zustand deiner Kleidung und Schuhe.

Der Händedruck

Beim Kennenlernen kommt es oft zu einem Händedruck. In diesem Fall wirkt sich der Händedruck auf den Eindruck aus, der entsteht. Der Händedruck sollte weder zu lasch noch zu kräftig sein. Deine Hand sollte sich nicht wie ein toter Fisch anfühlen und du solltest dem anderen nicht das Gefühl geben, seine Hand zerdrücken zu wollen. Gefragt ist ein kräftiger, aber nicht übertriebener Händedruck. Übe das notfalls mit Freunden, um eine ehrliche Rückmeldung zu bekommen.

Kann man den ersten Eindruck später noch korrigieren?

Wie wichtig der erste Eindruck ist, kann man überall nachlesen. Sicherlich hat das seine Berechtigung, denn vom ersten Eindruck kann viel abhängen. Heißt das, dass sich ein negativer erster Eindruck später wirklich nicht mehr korrigieren lässt? Oder dass ein positiver erster Eindruck auf ewig bestehen bleibt? Nicht unbedingt.

Entscheidend ist, ob es nach dem ersten Kennenlernen noch weitere Kontakte mit der betreffenden Person gibt. Gibt es diese Kontakte, vielleicht sogar regelmäßig, wird sich der Eindruck mit der Zeit anpassen, wenn es Grund dafür gibt. Es kommt aber auch darauf an, wie prägend der erste positive oder negative Eindruck war. Es kann sehr schwer sein, einen sehr negativen ersten Eindruck zu korrigieren. Manchmal kann es dafür sinnvoll sein, sich zu entschuldigen oder zu erklären, warum man in einer bestimmten Art und Weise reagiert hat. So kann man nahelegen, dass man nicht immer so ist.

Für einen positiveren Eindruck auf längere Sicht kann der Mere-Exposure-Effekt nützlich sein. Dieser psychologische Effekt führt dazu, dass die Meinung über jemand anderen tendenziell immer besser wird, je öfter man diese Person sieht. Naturgemäß ist das erschwert, wenn der erste Eindruck sehr negativ war. Ein negativer Eindruck kann sich aber mit der Zeit relativieren und aus einem neutralen ein guter Eindruck werden – vorausgesetzt, man verhält sich entsprechend.

Bildnachweis: Dragana Gordic / Shutterstock.com

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