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Vorurteile am Arbeitsplatz: Warum sie so schädlich sind und was du dagegen tun kannst

Vorurteile sind weit verbreitet. Auch am Arbeitsplatz können sie dir begegnen – egal, ob sie dich selbst betreffen oder andere. Nicht nur für die Betroffenen können Vorurteile im Beruf gravierende Folgen haben, auch die Produktivität kann darunter leiden. Um Vorurteile abzubauen, sind nicht nur Führungskräfte gefragt, sondern auch jeder Einzelne.

Was sind Vorurteile und wie entstehen sie?

Wohl jeder Mensch hat Vorurteile, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht. Ein Vorurteil ist ein vorschnelles Urteil, das nicht auf realen, objektiv nachvollziehbaren Kriterien basiert, sondern auf Annahmen. Diese Annahmen werden entweder subjektiv getroffen oder von anderen übernommen. Vorurteile können gegenüber Menschen ebenso bestehen wie gegenüber bestimmten Sachverhalten.

Zu Vorurteilen kommt es meist automatisch. Das hat auch mit dem menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit zu tun: Der eigenen, bekannten Gruppe vertraut man eher als fremden Menschen, die man nicht gut genug kennt, um sie treffsicher einschätzen zu können. Vorurteile sind also auch ein Schutzmechanismus. In unserer heutigen Lebenswelt sind Vorurteile jedoch häufig weniger nützlich, sondern können vielmehr dazu führen, dass Menschen bestimmter Gruppierungen subjektiv negativ eingestuft und ausgegrenzt werden.

Eine Person fällt etwa in ein bestimmtes Raster und wird daraufhin in Schubladen gesteckt. Das kann mit ihrem Geschlecht zusammenhängen, ihrem Alter, ihrer Herkunft oder ihrem Äußeren. Auch Vertreter bestimmter Berufe sehen sich häufig mit Vorurteilen konfrontiert, etwa Friseurinnen, Putzfrauen oder Handwerker. Die mit bestimmten Gruppen in Verbindung gebrachten Merkmale sind Stereotype, die sich zu ausgewachsenen Vorurteilen entwickeln können.

Vorurteile dienen der Abgrenzung nach außen

Vorurteile dienen der Abgrenzung anderer Gruppen zur eigenen Gruppe, also dem Umfeld, in dem man sich gedanklich ansiedelt. Meist sind sie negativ behaftet, obwohl sie durchaus auch positiv sein können. Wenn jemand etwa einem rhetorisch gewandten Manager in eleganter Kleidung unterstellt, er sei besonders kompetent, ist das per Definition ebenfalls ein Vorurteil. Im Sprachgebrauch sind Vorurteile jedoch fast ausschließlich negativ konnotiert.

Im Zusammenhang mit Vorurteilen spielen auch Klischees eine wichtige Rolle. Die Blondine mit niedrigem IQ ist ein Beispiel für ein solches Klischee, ebenso die Maurer, die pünktlich zum Feierabend die Kelle aus der Hand legen, oder die Frauen, die nicht einparken können. Wohl kein Mensch kann sich von mehr oder minder stark ausgeprägten Vorurteilen völlig freimachen. Das sorgt nicht nur im privaten Alltag mitunter für Probleme; auch im Beruf können Vorurteile gravierende Folgen haben.

Welche Folgen Vorurteile am Arbeitsplatz haben können

Vorurteile können allerlei negative Folgen haben. Wer Menschen bestimmter Ethnien vorurteilsbehaftet entgegentritt, entwickelt womöglich rassistische Züge. Ältere Menschen, die mit der „Jugend von heute“ nichts anfangen können, interagieren womöglich nicht mit dieser und lernen sie nicht kennen. Auch Freundeskreise sind oft erstaunlich homogen, wodurch man mit anderen Kulturen und Sichtweisen weniger in Kontakt kommt. Vorurteile haben nicht nur im privaten Bereich Folgen, sondern sind auch im beruflichen Umfeld in vielerlei Hinsicht spürbar.

Für manche beginnt es schon mit ihrer Bewerbung. Eine Frau mit Kopftuch hat es häufig sehr viel schwerer, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Dasselbe gilt für Menschen, deren Namen ausländisch klingen. Ihnen wird oft unterstellt, dass sie nicht gut Deutsch sprechen – selbst, wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Frauen wird in diversen Bewerbungsratgebern geraten, ihre Haare hochzustecken statt sie offen zu lassen – das wirke professioneller und überzeuge den Personalverantwortlichen somit eher. Umgekehrt heißt das: Einer Bewerberin mit offenem Haar kann unterstellt werden, sie sei nicht kompetent genug.

Einen schwereren Stand als andere Kandidaten haben häufig auch Bewerber, die gepierct sind oder die offen sichtbare Tattoos haben. Vorurteile gibt es oft auch gegenüber älteren Bewerbern, die als festgefahren und wenig anpassungsfähig oder lernbereit gelten. Was diese Personen tatsächlich können und wie sie ein Unternehmen bereichern könnten, ist in vielen Fällen zweitrangig.

Konsequenzen von Vorurteilen im beruflichen Alltag

Auch im beruflichen Alltag begegnen uns Vorurteile. Sie können uns selbst oder Kollegen, Geschäftspartner oder Kunden betreffen. Das wäre der Fall, wenn du nicht auf einen älteren Kollegen zugehst, der inhaltlich der richtige Ansprechpartner wäre, sondern lieber einen jüngeren, weniger gut geeigneten Ansprechpartner wählst, weil du den älteren Kollegen für langsam oder nicht digital versiert genug hältst. Solche Dinge geschehen oft unbewusst, können aber dazu führen, dass – dem Beispiel folgend – Erfahrung und Wissen nicht genutzt werden. Tatsächlich könnte das Ergebnis besser sein, wenn der ältere Kollege sein Wissen hätte weitergeben können.

Es kann auch sein, dass du dich von einer Person in deinem beruflichen Umfeld blenden lässt, die sich zwar sehr gut verkaufen kann, die aber tatsächlich weniger fähig als ein stillerer Kollege ist, der sein Wissen nicht an die große Glocke hängt. Extrovertierte Menschen werden häufig positiver bewertet als introvertierte Menschen, auch wenn sie nicht zwangsläufig tatsächlich mehr können oder fähiger sind. Auch attraktive Menschen haben tendenziell bessere Chancen im Beruf. Schon im Bewerbungsprozess stehen ihre Chancen häufig besser.

Frauen sind häufig von Vorurteilen im Beruf betroffen. Das kann ihnen zum Verhängnis werden, wenn sie Karriere machen möchten. Sie gelten oft als weniger durchsetzungsfähig und weniger machtbewusst als Männer, dafür aber als umso emotionaler und weniger rational handelnd. Das kann dazu führen, dass einem männlichen Kollegen der Zuschlag gegeben wird, wenn eine Beförderung im Raum steht. Es kann auch dazu führen, dass eine Frau in einem bestimmten Alter ein wichtiges Projekt nicht übertragen bekommt, obwohl sie dafür qualifiziert ist – mit der impliziten Annahme, sie könne bald schwanger werden.

Diskriminierung vergiftet das Arbeitsklima

Manchmal bleibt es nicht bei unausgesprochenen Vorurteilen und Vorbehalten. Vorurteile können zu mehr oder weniger offener Diskriminierung führen. Die Betroffenen werden dann aktiv benachteiligt, indem sie etwa von ihrem Arbeitgeber nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten und ihres Potenzials gefördert werden. Das kann bedeuten, dass sie im Gegensatz zu anderen Kollegen nicht die Möglichkeit bekommen, eine Fortbildung zu machen, ein Projekt zu übernehmen, eine Gehaltserhöhung zu bekommen oder befördert zu werden.

Machen Menschen, die von anderen mit Vorbehalten betrachtet werden, Fehler, können diese übermäßig negativ wahrgenommen werden. Ein anderer, der ähnliche Fehler macht, aber sich nicht mit Vorurteilen konfrontiert sieht, wird jedoch womöglich deutlich weniger negativ wahrgenommen.

Wer von Vorurteilen betroffen ist und dies bemerkt, geht tendenziell weniger gerne zur Arbeit. Es können eher Konflikte am Arbeitsplatz entstehen, die das Arbeitsklima vergiften. Manche Menschen ziehen sich zurück, wenn sie sich von anderen diskriminiert fühlen. Sie haben nicht selten das Gefühl, an der Lage ohnehin nichts ändern zu können. Das führt fast unweigerlich zu einer nachlassenden Leistung. Damit verliert auch der Arbeitgeber, wenn in seiner Firma Vorurteile herrschen.

Warum Diversität am Arbeitsplatz so wichtig ist

Die negativen Folgen, die Vorurteile am Arbeitsplatz haben können, haben wir gerade kennengelernt. Umgekehrt bietet ein möglichst vorurteilsfreier Umgang miteinander – unter Kollegen, Vorgesetzten, Geschäftspartnern und Kunden – enorme Chancen. Wer die Diversität in seinem Unternehmen aktiv fördert, kann davon in vielerlei Hinsicht profitieren.

Der Studie „Diversity in Deutschland“ zufolge führt Diversität am Arbeitsplatz zu mehr Offenheit und Lernfähigkeit, einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, einer besseren Nutzung von Personalressourcen und einer größeren Attraktivität des Arbeitgebers. Aktive Maßnahmen zur Stärkung der Diversität können demnach auch die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen steigern, Innovation und Kreativität fördern und die Problemlösungskompetenzen im Unternehmen steigern.

Fehlt diese Diversität und herrschen Vorurteile, führt das hingegen häufig zu Konflikten, die die Produktivität mindern können. Schlimmstenfalls kann ein solcher Konflikt eine ganze Abteilung hemmen, den Krankenstand erhöhen oder dafür sorgen, dass fähige Mitarbeiter kündigen. Auch deshalb ist es wichtig, Vorurteile abzubauen. Das kann ein langer Prozess sein – auch, weil vielen Menschen gar nicht bewusst ist, welche Vorurteile sie tatsächlich haben.

Dass Diversität positive Effekte zeitigen kann, hat verschiedene Gründe. Wenn unterschiedliche Menschen zusammenkommen und vorurteilsfrei zusammenarbeiten, können sie ihr jeweiliges Potenzial besser ausschöpfen und sich mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnissen optimal ergänzen. Wer sich nicht diskriminiert, sondern vielmehr wertgeschätzt fühlt, ist wahrscheinlicher engagierter, motivierter und damit auch produktiver. Er kann dadurch mehr Leistung erbringen.

Vorurteile abbauen: Wie es gelingen kann

Vorurteile – ich? So würden wohl viele Menschen reagieren, wenn man sie nach ihren eigenen Vorurteilen fragen würde. Das liegt daran, dass vor allem weniger stark ausgeprägte Vorurteile oft gar nicht als solche erkannt werden. Wer jedoch einmal ehrlich darüber nachdenkt, stellt oft fest, dass er gegenüber bestimmten Gruppen durchaus Vorbehalte hat. Mit der Realität haben diese Vorurteile oft wenig gemein. Doch nur, wenn wir sie erkennen, können wir sie aus dem Weg räumen.

Wer sich ehrlich mit seinen eigenen Vorbehalten gegenüber bestimmten Menschen oder Gruppen auseinandersetzt, profitiert dabei von einer offenen und toleranten Geisteshaltung. Wer sich immer wieder daran erinnert, dass Klischees pauschale Einstufungen mit zweifelhaftem Wahrheitsgehalt sind, kann lernen, unvoreingenommener an Menschen und Situationen heranzugehen. Zu diesem Lernprozess gehört es auch, zu akzeptieren, dass Menschen unterschiedlich sind und unterschiedliche Stärken und Schwächen haben – und zwar alle Menschen.

Ein wichtiges Instrument, um Vorurteile abbauen zu können, ist, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vorurteile halten sich meist vor allem dann hartnäckig, wenn man die betreffende Gruppe gar nicht wirklich kennt. Je besser man sie kennenlernt, desto besser können Vorurteile abgebaut werden.

Auch Führungskräfte sind gefragt, um Vorurteile abzubauen

Wenn du mitbekommst, dass andere Menschen in deinem beruflichen Umfeld von Vorurteilen betroffen sind, kannst du auch als eigentlich unbeteiligter Dritter das Gespräch suchen. Zeige den vorurteilsbehafteten Kollegen sachlich auf, wie sie sich verhalten und wozu das führt. Gerade, wenn es nicht nur um Vorurteile geht, sondern andere diskriminiert werden, liegt es an jedem Einzelnen, nicht einfach wegzuschauen. Du kannst notfalls auch das Gespräch mit deinem Vorgesetzten suchen, wenn das direkte Gespräch nichts bringt.

Um Vorurteile abzubauen, sind auch Führungskräfte inklusive der höchsten Führungsebene eines Unternehmens gefragt. Sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen, bei offensichtlichen Vorurteilen und Diskriminierung eingreifen und ihre Mitarbeiter ungeachtet ihrer individuellen Merkmale wertschätzend behandeln. Dazu gehört es auch, bei Personalentscheidungen möglichst objektiv vorzugehen und auch mal über den eigenen Schatten zu springen, wenn man selbst Vorbehalte gegenüber bestimmten Personen hat. Wer sich nicht von Äußerlichkeiten oder äußeren Umständen blenden lässt, trifft oft fundiertere Entscheidungen.

Wie du selbst Vorurteilen begegnen kannst

Wer selbst von Vorurteilen betroffen ist, bemerkt dies oft gar nicht. Viele betroffene Frauen haben nicht das Gefühl, dass sie am Arbeitsplatz benachteiligt werden – bis sie feststellen, dass eher männliche Kollegen in der Firma aufsteigen oder ihnen mehr Gehalt bezahlt wird.

Bei anderen ist es eher ein diffuses Gefühl, das sich kaum beweisen lässt. Denn woran es wirklich liegt, dass der Kollege befördert wurde und nicht man selbst, lässt sich kaum eindeutig nachweisen. Lag es daran, dass er männlich ist oder durch seine redegewandte Art als fähiger wahrgenommen wird – oder ist er tatsächlich auch objektiv die bessere Wahl? Wurde ein anderer mit der Verantwortung für das wichtige Projekt bedacht, obwohl man selbst mehr als fähig ist, weil er jünger ist oder seine Fähigkeiten lauter kundtut?

Es sind oft viele vermeintliche Kleinigkeiten, die in ihrer Summe offenbaren, dass Vorurteile eine Rolle spielen. Wenn du dich selbst mit Vorurteilen konfrontiert siehst, wäre es zwar verständlich, wenn du verärgert oder gekränkt reagieren würdest. Das ist häufig die instinktive Reaktion Betroffener, gefolgt von einem emotionalen Rückzug. Ändern kann sich an der Lage auf diese Weise jedoch nichts.

Besser ist es, das Gespräch zu suchen, wenn du das Gefühl hast, dass andere dir mit Vorurteilen begegnen. Sprich deine Kollegen offen und sachlich darauf an. Vielleicht klärt sich das Ganze dadurch. Ist das nicht der Fall, solltest du nicht zögern, deinen Chef ins Vertrauen zu ziehen. Besonders, wenn du offen diskriminiert wirst, ist dieser Schritt essenziell.

Hast du das Gefühl, dass es dein Vorgesetzter selbst ist, der dich benachteiligt, scheue dich nicht, das zu thematisieren. Frag ruhig nach, warum dein Kollege die Beförderung bekommen hat und nicht du, obwohl vieles für dich spricht. Erkundige dich, warum du weniger Gehalt oder weniger Chancen bekommst. Womöglich ist deinem Vorgesetzten gar nicht bewusst, dass er oder andere dich benachteiligen.

Bildnachweis: Vitalii Vodolazskyi / Shutterstock.com

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