Entsteht mitten im Gespräch plötzlich Schweigen, kann das unangenehm sein. Vielleicht triffst du auch auf jemanden und dir fällt partout nichts ein, was du zu dieser Person sagen kannst. Keine Frage: Wohl die meisten Menschen fühlen sich bei einer peinlichen Stille nicht wohl. Wie kann man sie verhindern? Wodurch entsteht sie überhaupt? Und was kann man tun, wenn sich schon ein unangenehmes Schweigen ausgebreitet hat?
Peinliche Stille: Das zeichnet sie aus
In Gesprächen zwischen zwei (oder mehr) Personen geht es rasant und hin und her. Person A sagt das eine, Person B reagiert mit einer Erwiderung, woraufhin wieder Person A etwas sagt und so weiter. Damit die Unterhaltung am Laufen bleibt, müssen beide Gesprächspartner in kürzester Zeit darauf reagieren, was der andere sagt – zumindest, wenn die andere Person aufhört, zu reden. Nicht immer läuft es ganz flüssig. Es kann passieren, dass sich eine mehr oder weniger lange Gesprächspause ergibt. Das wird oft als peinliche Stille empfunden.
Für die Beteiligten ist das in vielen Fällen unangenehm. Das gilt umso mehr, je weniger gut die Gesprächspartner sich kennen. Beim eigenen Partner zum Beispiel ist es nämlich meist überhaupt kein Problem, wenn sich mal ein Schweigen ergibt. „Peinlich“ wird ein solches Schweigen erst dann, wenn man das Gefühl hat, dass die peinliche Stille die Beziehung zur anderen Person negativ beeinflusst oder beeinflussen könnte. Viele Menschen sorgen sich darum, dass der andere schlechter über sie denken könnte, wenn im Gespräch mit ihnen ein peinliches Schweigen entsteht.
In welchen Situationen es zu einer peinlichen Stille kommen kann
Wohl jeder Mensch hat schon mal ein peinliches Schweigen erlebt. In den verschiedensten Situationen kann sich eine peinliche Stille ergeben. Man trifft zum Beispiel im Aufzug an der Arbeit auf einen entfernten Kollegen oder höherrangigen Vorgesetzten, mit dem man bislang kaum ein Wort gewechselt hat, und hat keine Ahnung, was man zu dieser Person sagen könnte. Auch eine gemeinsame Fahrt im Aufzug mit einem Nachbarn, den man kaum kennt, kann als unangenehm empfunden werden.
In einem beruflichen Kontext fürchten sich viele Menschen ganz besonders vor einem peinlichen Schweigen im Bewerbungsgespräch. Was, wenn es schon beim Small Talk zu Beginn des Vorstellungsgesprächs hakt? Was, wenn man bei den Fragen der Personalverantwortlichen einen Blackout hat und einem einfach nichts Kluges einfallen will? Oder stellen wir uns vor, jemand ist neu in der Firma. Die neuen Kollegen fragen ihn, ob er sie zum Mittagessen begleiten möchte. Auch in so einem Kontext könnte eine peinliche Stille entstehen – vor allem, wenn man nur zu zweit unterwegs ist. Dasselbe gilt für berufliche Feiern, wo man auf viele unbekannte oder entfernt bekannte Menschen trifft.
Auch im privaten Bereich sind reichlich Situationen vorstellbar, in denen sich ein peinliches Schweigen ergeben könnte. Zum Beispiel beim ersten Date: Man kennt die andere Person noch nicht, so dass es gerade in den ersten Minuten schwer sein kann, Themen zu finden, über die man reden kann. Selbst bei Treffen mit Freunden und Bekannten kann es zum einer längeren Gesprächspause kommen, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Abendessen oder auf einer Party.
Wodurch ein peinliches Schweigen entstehen kann
Wie kommt es zu einer peinlichen Stille? Sie entsteht am ehesten im Gespräch zwischen zwei Personen, die sich nicht gut kennen. Besonders wahrscheinlich ist sie, wenn diese Personen sich gezwungen fühlen, sich mit dem anderen zu unterhalten – zum Beispiel bei der schon erwähnten gemeinsamen Fahrt im Aufzug oder weil man auf einer Feier nebeneinandersitzt. Nicht selten besteht gar kein echtes Interesse an einer Unterhaltung, man möchte aber höflich sein und sagt deshalb irgendetwas. Je flüchtiger die Beziehung, desto schneller kann so ein Gespräch wieder im Sande verlaufen – und in ein peinliches Schweigen münden.
Es kommt auch auf die Persönlichkeit der Beteiligten an. Manchen Menschen fällt es leichter als anderen, Small Talk zu führen und ein Gespräch am Laufen zu halten. Wer gerne viel redet, wird eher nicht in die Verlegenheit einer peinlichen Stille kommen. Zurückhaltende Menschen, die weniger reden, schon eher. Auch Schüchternheit und ein mangelndes Selbstbewusstsein können eine Rolle spielen. Besonders wahrscheinlich wird eine peinliche Stille, wenn beide Gesprächspartner wenig reden und zurückhaltend sind.
Grundsätzlich ist es ganz normal, dass hin und wieder eine Gesprächspause entsteht, die man als unangenehm empfinden könnte. Es ist gar nicht so leicht, in Unterhaltungen immer sofort eine passende Reaktion parat zu haben. Schon eine Pause von wenigen Sekunden kann das Gefühl vermitteln, das Gespräch sei ins Stocken geraten. Damit man sofort etwas sagen kann, wenn der andere mit dem Reden aufhört, muss man aber schon über die eigene Reaktion nachdenken, wenn der andere noch redet. Das klappt oft, aber eben nicht immer.
Seltener kann sich ein peinliches Schweigen ergeben, weil man unaufmerksam war und nicht genau hingehört hat. Es kann auch sein, dass einer der Gesprächspartner schlicht kein Interesse daran hat, die Unterhaltung – vielleicht nur aus Höflichkeit – fortzuführen.
Wie kann man eine peinliche Stille verhindern?
Wohl den meisten Menschen wäre es am liebsten, es käme nie zu einem peinlichen Schweigen. Was kann man tun, um eine unangenehme Gesprächspause zu vermeiden? Lässt sie sich überhaupt verhindern? In einem gewissen Rahmen ist das tatsächlich möglich. Bei manchen Situationen weiß man schon vorher, was auf einen zukommt. Angenommen, dir steht ein Vorstellungsgespräch bevor. Dann kannst du dir Smalltalk-Themen überlegen oder dir Antworten auf typische Small-Talk-Fragen zurechtlegen. Dasselbe gilt für die eigentlichen Fragen im Bewerbungsgespräch. Wenn du weißt, womit du konfrontiert sein könntest, wird ein peinliches Schweigen unwahrscheinlicher.
Oder nehmen wir an, du bist privat auf eine Feier mit vielen Menschen eingeladen. Du kennst viele dieser Menschen nicht. Auch hier könntest du dir Gedanken darüber machen, worüber du mit fremden Personen reden könntest. Welche Gemeinsamkeiten habt ihr? Liefert der Anlass Hinweise darauf, welche Gesprächsthemen sich eignen könnten?
Es kann auch ganz grundlegend hilfreich sein, an den eigenen Small-Talk-Fähigkeiten und rhetorischen Fähigkeiten zu feilen. Du kannst zum Beispiel einen Kurs machen oder einen Ratgeber lesen, um diese Kompetenzen zu stärken. Das kann dir helfen, dich in sozialen Situationen sicherer zu fühlen. Dabei ist es wichtig, dass du möglichst viele Gelegenheiten nutzt, zu üben. Traue dich ruhig, mit unbekannten Menschen oder entfernt bekannten Personen zu sprechen – auch auf die Gefahr hin, dass euch die Gesprächsthemen ausgehen könnten. Je öfter du das machst und je mehr Erfolgserlebnisse du dabei hast, desto selbstsicherer wirst du. Das macht ein peinliches Schweigen unwahrscheinlicher.
Peinliches Schweigen – und jetzt?
Man kann sich nicht auf alle Situationen vorbereiten, und eine peinliche Stille lässt sich nicht immer verhindern. Wie geht man am besten mit einem peinlichen Schweigen um? Das hängt von der Situation und den Beteiligten ab. In manchen Fällen fällt dir vielleicht nach einigen Sekunden doch noch etwas ein, was du sagen könntest. Das kann die Unterhaltung wieder in Gang bringen. Wenn dir so etwas liegt, kannst du auch auf witzige Art und Weise thematisieren, dass sich ein Schweigen eingestellt hat. Wenn ihr beide daraufhin lacht, kann das die Anspannung aus der Situation nehmen.
Du kannst die andere Person auch anlächeln, wenn es dir angesichts der Umstände angemessen erscheint. Es sollte sich aber nicht um ein manisches Grinsen handeln. Lächeln bietet sich auch nicht an, wenn die Stimmung dazu überhaupt nicht passt. Manchmal ist es dann am besten, das peinliche Schweigen auszusitzen und gar nichts zu sagen oder zu tun.
Eine peinliche Stille kann entstehen, wenn jemand sich unangemessen verhalten hat. Sie kann zum Beispiel nach einem „Witz“ entstehen, der unter der Gürtellinie war. Oder wenn jemand etwas gesagt hat, das der Gesprächspartner so überhaupt nicht teilt und vielleicht sogar als Affront empfindet. In solchen Fällen kann eine kurze Entschuldigung helfen, die Wogen zu glätten, und Schaden von der Beziehung abzuwenden.
Ist eine peinliche Stille überhaupt so schlimm?
Bei aller Sorge darum, dass es zu einer peinlichen Stille kommen könnte, tritt oft die Frage in den Hintergrund, wie schlimm so eine Situation tatsächlich ist. Muss einem ein „peinliches“ Schweigen wirklich so unangenehm sein? Lässt es einen wirklich schlecht dastehen? Finden einen andere automatisch langweilig und als Gesprächspartner unattraktiv?
Nicht unbedingt. Peinlich wird eine Gesprächspause meist erst durch die eigene Deutung, die auf einer verzerrten Wahrnehmung beruhen kann. Denke nur mal daran, wie oft in Gesprächen mit deinem Freund oder deiner Freundin, deinem Mann oder deiner Frau, guten Freunden, deinen Eltern oder Kindern eine Pause entsteht. Achte doch einfach mal darauf, wie häufig das der Fall ist. Wahrscheinlich stellst du schnell fest, dass es ganz normal ist, dass jemand mal nicht sofort etwas erwidert. Der einzige Unterschied besteht darin, dass wir diese Gesprächspause in manchen Situationen als normal empfinden und in anderen als unangenehm, weil sie vermeintlich negativ auf einen zurückstrahlt.
Dass man nicht immer (sofort) etwas zu sagen hat, ist vollkommen normal. Manchmal ist es sogar besser, nichts zu sagen statt verlegen herumzustottern und gerade dadurch nicht souverän zu wirken. Angenommen, du sitzt im Vorstellungsgespräch einem Personaler oder einem möglichen künftigen Chef gegenüber. Dann könnte eine „peinliche“ Stille von Seiten des Arbeitgebers ganz bewusst herbeigeführt werden, um zu testen, ob du trotzdem cool bleibst. Wer das Schweigen aushalten kann, statt sich um Kopf und Kragen zu reden, kommt garantiert besser an.
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