AllgemeinConfirmation Bias: Wie du Bestätigungsfehler verhindern kannst

Confirmation Bias: Wie du Bestätigungsfehler verhindern kannst

Worauf basieren unser Wissen und unsere Meinungen? Die meisten Menschen würden an dieser Stelle wohl sagen: auf dem, was objektiv richtig ist. Das ist aber nicht immer der Fall, was auch mit einer verzerrten Wahrnehmung zusammenhängen kann. Ein Beispiel für kognitive Verzerrungen, die unsere Wahrnehmung beeinflussen können, ist der Confirmation Bias. Was das ist, welche Auswirkungen er hat und wie man vorbeugen kann – hier erfährst du es.

Confirmation Bias: Was ist das?

Der Confirmation Bias, auch Bestätigungsfehler, Bestätigungstendenz oder Bestätigungsverzerrung, ist eine Wahrnehmungsverzerrung. Der Begriff beschreibt die Tendenz von Menschen, Informationen so zu interpretieren und auszuwählen, wie es bereits vorhandenen Glaubenssätzen am ehesten entspricht. Dabei werden Informationen, die zu den eigenen Vorstellungen und Haltungen passen, bevorzugt behandelt. Was im Widerspruch dazu steht, wird schwächer gewichtet oder komplett ignoriert.

Der Confirmation Bias kann sich daran zeigen, wie jemand mit Informationen umgeht, aber auch, wie Informationen überhaupt gesucht werden. Selbst die Erinnerung an bestimmte Erlebnisse oder Informationen kann durch den Bestätigungsfehler verzerrt werden. Man erinnert sich dann zum Beispiel nach der Lektüre eines Artikels nur an die Fakten, die zu der schon vorhandenen eigenen Meinung passen. Dabei ist den Betroffenen in aller Regel nicht bewusst, dass sie Opfer des Bestätigungsfehlers geworden sind.

In der Psychologie kennt man den Confirmation Bias schon lange. In den 1960er Jahren hat der englische Psychologe Peter Wason den Begriff geprägt. Seither haben zahlreiche Studien den Effekt nachgewiesen. Am stärksten ist der Effekt demnach, wenn Menschen sich einen bestimmten Ausgang herbeisehnen. Ein Beispiel: Jemand behauptet etwas und möchte prüfen, ob es stimmt. Schon die Art und Weise, in der er Suchbegriffe in eine Suchmaschine im Internet eingibt, kann den Ausgang der Recherche beeinflussen.

Bei der Durchsicht von Suchtreffern kann sich der Confirmation Bias derart auswirken, dass Informationen selektiv wahrgenommen werden. Ebenfalls besonders stark ist der Effekt des Confirmation Bias Experten zufolge bei Themen, die emotional stark aufgeladen sind, und bei Vorstellungen, die tief verankert sind. Der Bestätigungsfehler betrifft damit nicht alle Themen gleichermaßen, sondern bestimmte Aspekte verstärkt.

Wie kann ein Confirmation Bias aussehen? Beispiele für den Bestätigungsfehler

Wie sich der Bestätigungsfehler praktisch zeigen kann, machen die folgenden Beispiele deutlich:

  • Eine Person mit unklarer Diagnose geht zum Arzt. Der Arzt hat schon früh einen Verdacht, worum es sich handeln könnte. In der Folge fokussiert er sich bei der Diagnosestellung besonders auf die Symptome, die zu seiner Vorannahme passen. Symptome, die dieser Diagnose widersprechen würden, blendet er aus.
  • Wer ist der Täter? Ein Polizist hat schnell einen Verdacht. Die Folge: Er fokussiert sich besonders stark auf den Verdächtigen. Hinweise darauf, dass es sich bei dieser Person wirklich um den Täter handelt, gewichtet er stärker, während er widersprechende Informationen ignoriert.
  • Ein Lehrer mag einen bestimmten Schüler nicht. Das zeigt sich, wenn der Lehrer Klassenarbeiten korrigiert. Er stuft die Leistungen dieses Schülers wegen seiner persönlichen Antipathie unbewusst schlechter ein, als sie tatsächlich sind.
  • Auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Ein Lehrer mag einen guten Schüler besonders gerne. Bei der Beurteilung von dessen Leistungen ist er deshalb grundsätzlich wohlwollend – selbst dann, wenn der Schüler mal weniger gute Leistungen abliefert.
  • Ein Personalverantwortlicher hat eine Bewerbung auf dem Tisch liegen, deren Design ihn sofort anspricht. Außerdem wirkt der Bewerber sympathisch auf seinem Bewerbungsfoto. Das kann dazu führen, dass der Personaler diesen Bewerber positiver bewertet, als es anhand seiner Qualifikationen eigentlich angemessen wäre.
  • Wissenschaftler, die Studien durchführen, haben oft schon im Vorfeld einen möglichen Ausgang im Kopf. In der Folge können erwünschte Informationen bevorzugt behandelt werden.
  • Soziale Netzwerke basieren auf geheimen Algorithmen, die darüber entscheiden, was Nutzer angezeigt bekommen. Dabei werden vermeintlich erwünschte Inhalte priorisiert. Was ein Nutzer likt, was er kommentiert oder mit wem er in sozialen Netzwerken befreundet ist, bestimmt maßgeblich darüber, mit welchen Inhalten sein Feed gefüllt ist. Die Informationen, die jemand angezeigt bekommt, sind damit vorgefiltert, ohne dass dem User das bewusst ist.
  • Auch Suchmaschinen sind keine neutrale Anlaufstelle. Sie haben ebenfalls das Ziel, dem Nutzer das bestmögliche Ergebnis anzuzeigen – und das ist dank Algorithmen individuell. Was ein User angezeigt bekommt, kann sich stark davon unterscheiden, was ein anderer User beim selben Suchbegriff sieht. Auch die Wahl der Suchbegriffe kann zu einer Verzerrung führen – wenn jemand zum Beispiel googelt „Zucker schlimmer als Fett“, wird er wahrscheinlich viele Suchtreffer erhalten, die diese Vorannahme bestätigen.

Wie kommt es zum Confirmation Bias?

Warum nehmen wir manche Informationen verzerrt wahr – und merken das womöglich noch nicht einmal? Die meisten Menschen würden wohl den Vorwurf von sich weisen, dass sie Informationen selektieren oder in einer bestimmten Weise interpretieren, sondern sind überzeugt, dass sie sich auf Basis objektiver Fakten ihre Meinung bilden. Dass es dennoch häufig zum Confirmation Bias kommt, ist der Funktionsweise des Gehirns geschuldet.

Das Gehirn ist jeden Tag mit unzähligen Informationen konfrontiert, die alle so schnell wie möglich korrekt eingeordnet und angemessen verarbeitet werden müssen. Dabei ist es für das Gehirn wichtig, möglichst effektiv vorzugehen. Dadurch werden Informationen bevorzugt, die zu bestehenden Annahmen und Vorstellungen passen. Sie lassen sich in Sekundenschnelle verarbeiten.

Bei der Entstehung des Bestätigungsfehlers spielt auch ein weiteres psychologisches Phänomen eine Rolle: die kognitive Dissonanz. Dabei handelt es sich um einen kognitiven Zustand, in dem zwei (oder mehr) sich widersprechende Denkinhalte vorherrschen. Leon Festinger, der US-amerikanische Sozialpsychologe, der den Begriff der kognitiven Dissonanz geprägt hat, ging davon aus, dass Menschen sich nach einer inneren Konsistenz sehnen.

Wenn nun jemand mit Informationen konfrontiert ist, die einer vorherrschenden Meinung widersprechen, löst dieser Spannungszustand Verunsicherung und negative Gefühle aus. Das kann so weit gehen, dass das eigene Selbstbild durch bestimmte Fakten in Gefahr gerät. Weil das unangenehm ist, versuchen Menschen instinktiv, kognitive Dissonanz zu vermeiden. Die Folge: Man ignoriert – bewusst oder unbewusst – bestimmte Informationen, um die eigenen Annahmen nicht zu gefährden. Oder sucht Informationen in einer Art und Weise, die Vorannahmen bestätigen soll.

Faktoren, die kognitive Verzerrungen begünstigen können

Dass es in bestimmten Fällen eher zu einem Confirmation Bias kommt als in anderen, kann mit verschiedenen Umständen zusammenhängen. So ist der Bestätigungsfehler wahrscheinlicher, wenn jemand zu einem Thema eine starke Meinung hat. Tief verankerte Vorstellungen sind oft hartnäckig, widersprechende Informationen werden deshalb eher ignoriert.

Das gilt besonders dann, wenn es um Details geht, die eng mit der eigenen Persönlichkeit verknüpft sind. Ein Beispiel: Jemand hält sich für weltoffen und tolerant. Wenn nun der eigene Partner rassistische Äußerungen von sich gibt, kann das einen Spannungszustand auslösen. Wenn es nicht zu einer Konfrontation kommt, wird die Äußerung womöglich einfach ignoriert – weil die betreffende Person sich nicht damit auseinandersetzen will, dass ihr Partner ihre Werte womöglich nicht teilt. 

Der Confirmation Bias kann auch wahrscheinlicher werden durch das Umfeld einer Person. Im „echten Leben“ und in sozialen Netzwerken umgeben sich viele Menschen vorwiegend mit Menschen, die ihnen ähnlich sind, die ähnliche Interessen und Vorstellungen haben. So gerät man leicht in eine Blase, die den Eindruck erwecken könnte, alle Menschen würden so denken oder wären so wie die Menschen in dieser Blase. Die Algorithmen von Social Media tun ihr Übriges, um diesen Effekt zu verstärken. Je weniger Austausch es mit Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Sichtweisen gibt, desto mehr können sich bestimmte Haltungen festigen.

Wie Suchmaschinen zum Confirmation Bias beitragen

Die eigene Rolle in einer Gemeinschaft hängt nicht nur von den eigenen Vorstellungen ab, sondern auch davon, wie man sich in der Gruppe verhält. Mit Äußerungen und Verhaltensweisen, die von der Mehrheitsmeinung oder dem sozial erwünschten Verhalten abweichen, riskiert man die Zugehörigkeit zur Gruppe. Das gilt umso mehr in Gruppen, die auf gemeinsamen Glaubenssätzen basieren. Beispiele hierfür sind Sekten oder politische Vereinigungen.

Die Art und Weise, in der sich jemand Informationen beschafft, kann ebenfalls zur Entstehung eines Bestätigungsfehlers beitragen. Wenn sich jemand zum Beispiel auf einer Nachrichten-Webseite informiert, die ideologisch geprägt ist und nicht objektiv berichtet, er die Berichte aber als absolute Wahrheit einstuft, kommt es zu einer Verzerrung.

Problematisch ist auch die Recherche von Informationen über Suchmaschinen wie Google. Suchmaschinen arbeiten mit geheimen Algorithmen, die jedem Nutzer ein auf ihn zugeschnittenes Ergebnis anzeigen. Vorherige Suchanfragen und Browserverläufe können dieses Ergebnis beeinflussen – es kommt also fast automatisch zu einer Verzerrung. Wie schon erwähnt spielt auch die Formulierung von Suchanfragen eine Rolle. Geht die Wortwahl schon in eine bestimmte Richtung – wie etwa „US-Wahl 2021 gestohlen“ oder „Mondlandung fake“ –, beeinflusst das die Suchtreffer in diese Richtung. Das Problem dabei: Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie das Ergebnis durch ihr Verhalten beeinflussen. Sie finden vielmehr Informationen, die ihren Vorannahmen entsprechen, und fühlen sich dann bestätigt. 

Mögliche Konsequenzen des Bestätigungsfehlers

Der Confirmation Bias hat Folgen – für den Betroffenen und manchmal auch für andere Menschen und die Gesellschaft als Ganzes. Unmittelbar kann der Bestätigungsfehler dazu führen, dass falsche Annahmen entstehen oder gefestigt werden. Die Betroffenen können sich dabei in eine bestimmte Richtung verrennen, ohne dass ihnen bewusst ist, dass sie möglicherweise falsche Vorstellungen haben.

Dabei müssen die Auswirkungen des Confirmation Bias nicht immer stark negativ sein. Manchmal führt die unbewusste Selektion lediglich dazu, dass jemand Meinungen nicht ändert, die vergleichsweise harmlos sind. Oder dass er nicht mit neuen Informationen in Kontakt kommt, die seinen Horizont erweitern könnten. In anderen Fällen leiden Dritte unter dem Bestätigungsfehler – zum Beispiel der falsch Verdächtigte, auf den sich die Polizei eingeschossen hat.

Der Confirmation Bias birgt außerdem Konfliktpotenzial. In vielen Gesellschaften kommt es zu einer immer stärkeren Polarisierung von Meinungen und Gruppen. Viele Menschen sind von ihren Vorstellungen derart überzeugt, dass sie schon die schiere Existenz von abweichenden Meinungen als Affront empfinden. Ein Dialog mit Menschen mit anderen Ansichten ist unter diesen Umständen oft nicht mehr möglich.

Wahrnehmungsverzerrungen können die Gräben zwischen Menschen vergrößern

Ein Beispiel hierfür ist die sogenannte Cancel Culture, bei der Personen von öffentlichen Veranstaltungen ausgeladen werden, wenn von bestimmten Gruppen Stimmung gegen sie gemacht wird. So gab es zum Beispiel im Sommer 2022 Proteste gegen einen geplanten Vortrag über Geschlecht und Gender an der Berliner Humboldt-Universität, der aus diesem Grund (vorerst) abgesagt wurde. Je weniger Menschen sich mit anderen Meinungen und neuen Informationen auseinandersetzen, desto stärker beharren sie auf ihren Vorstellungen. Die Folge: Dass es weiterhin zu Bestätigungsfehlern kommt, wird immer wahrscheinlicher.

Je stärker jemand glaubt, dass er – und nur er – im Recht ist, desto weniger sind Kompromisse und Einigungen mit anderen möglich. Der Confirmation Bias spielt häufig eine Rolle, wenn es um Vorurteile und Intoleranz gegenüber bestimmten Personengruppen geht. Er kann eine ideologische Radikalisierung und stark negative Gefühle wie Hass wahrscheinlicher machen, was wiederum das Auftreten von Gewalt begünstigt.

Wie du dem Confirmation Bias vorbeugen kannst

Was kann man tun, damit es nicht zu einem Confirmation Bias kommt? Ganz verhindern lässt sich der Bestätigungsfehler nicht. Es wird immer Situationen geben, in denen kognitive Verzerrungen unser Denken, Handeln und Empfinden beeinflussen. Meist ist uns das gar nicht bewusst. Das heißt jedoch nicht, dass man nicht etwas dafür tun kann, dass ein Bestätigungsfehler unwahrscheinlicher wird oder geringere Auswirkungen hat.

Die beste Waffe gegen den Bestätigungsfehler ist kritisches Denken. Angenommen, du bist mit einer bestimmten Information konfrontiert. Glaubst du automatisch, was du hörst oder liest? Das hängt sicherlich auch davon ab, woher die Information stammt. Wenn ein Freund, den du als sehr gut informiert kennst, dir etwas erzählt, schenkst du dem womöglich Glauben. Was aber, wenn du etwas im Internet liest oder in sozialen Netzwerken? Bei Quellen, deren Vertrauenswürdigkeit du nicht beurteilen kannst, solltest du vorsichtig sein. Mache es dir zur Angewohnheit, mit der nötigen Skepsis auf Behauptungen zu reagieren, deren Wahrheitsgehalt du nicht bewerten kannst. Dadurch wird es unwahrscheinlicher, dass es zu einem Confirmation Bias kommt.

Sei offen für die Meinungen anderer

Ebenso wichtig ist es, wo du dich informierst. Nachrichtenseiten etwa sollten gewissenhaft und möglichst objektiv berichten. Viele kleinere, ideologisch in eine bestimmte Richtung gehende Portale tun dies nicht. Achte auch darauf, wie du Suchanfragen in Suchmaschinen formulierst. Je neutraler deine Wortwahl ist, desto weniger lenkst du das Ergebnis schon im Vorfeld in eine bestimmte Richtung.

Nicht zuletzt ist es wichtig, dass du offen für andere Meinungen und Ansichten bist. Das heißt nicht, dass du sofort von deiner Vorstellung abweichen solltest, wenn jemand etwas äußert, das in eine andere Richtung geht. Zumindest ein Dialog sollte aber möglich sein, und du solltest selbstkritisch hinterfragen, wie zutreffend deine Annahmen tatsächlich sind. Du kannst auch ganz bewusst das Gespräch mit Menschen suchen, von denen du weißt, dass sie eine andere Meinung als du haben.

Bildnachweis: Jacob Lund / Shutterstock.com

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