AllgemeinSelbstkritik: Konstruktiv ja, destruktiv nein

Selbstkritik: Konstruktiv ja, destruktiv nein

Häufig sind wir selbst unser schärfster Kritiker, denn kein Mensch kennt uns und damit unsere Stärken und Schwächen so gut, wie wir selbst. Selbstkritik ist natürlich und kann sogar hilfreich sein. Wer weiß, wie er mit Kritik umgeht, lernt daraus und kann sich und sein Verhalten verbessern. Umgekehrt darf die Selbstkritik aber nicht zu harsch ausfallen. Dann besteht die Gefahr, sich abzuwerten und sein Selbstbewusstsein nachhaltig zu schmälern. Es ist also ein schmaler Grat zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik. Wie du sicher auf diesem wandeln kannst, verraten wir hier.

Selbstkritik: Was versteht man darunter?

Selbstkritik meint das Vermögen, das eigene Handeln und die eigenen Leistungen kritisch zu beurteilen. Es geht allerdings nicht darum, möglichst viel an der eigenen Leistung herumzumäkeln oder sie kleinzureden. Vielmehr bedeutet Selbstkritik, dass wir bezüglich unseres Verhaltens und unserer Arbeitsergebnisse zu einer realistischen Selbsteinschätzung gelangen.

In diesem Sinne ist Selbstkritik nützlich, wenn man beruflich vorankommen möchte. Denn wird die Selbstkritik richtig genutzt, kann sich daraus Kompetenz entwickeln. Nur wer sich selbst eingesteht, Fehler zu machen und diese als Fehler akzeptiert, kann daraus etwas lernen. Diese Bereitschaft ist wiederum eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir zu neuen und besseren Ergebnissen kommen und uns so Schritt für Schritt verbessern.

Die Formen der Selbstkritik

In der Psychologie unterscheidet man zwei verschiedene Formen der Selbstkritik: Die positive Selbstkritik, die uns dabei hilft, zu wachsen und unsere Ziele zu erlangen, und die negative Selbstkritik, die unser Selbstbewusstsein schmälert und uns so eher davon abhält, das zu erreichen, was wir uns eigentlich vorgenommen haben.

Selbstkritisch zu sein ist also nicht per se gut oder schlecht. Es kommt darauf an, wie wir sie einsetzen und welche der beiden Formen von Selbstkritik bei uns vorherrschend ist.

Konkret geht es dabei um:

  1. Positive (konstruktive) Selbstkritik: Wer diese Form der Selbstkritik beherrscht, ist bereit, vor sich selbst und vor anderen seine Fehler einzugestehen. Diese Personen verfügen über ausreichend Selbstwertgefühl sowie Selbstvertrauen und haben kein Problem damit, für ein Missgeschick einzustehen. Diese Form der positiven kritischen Einstellung gegenüber sich selbst kann sogar dazu beitragen, dass das Ansehen der eigenen Personen in der Gruppe steigt. Das kennen wir aus eigener Erfahrung: Wir schätzen diejenigen Personen mehr, die die Schuld nicht grundsätzlich anderen zuschieben möchten, sondern selbst für ihre Fehler einstehen. Mit diesen Menschen arbeiten wir besser zusammen und verbringen auch lieber unsere Freizeit mit ihnen. Konstruktive Selbstkritik in diesem Sinne hat also gleich zwei Vorteile: Wir können aus unseren Fehlern lernen und wirken auf andere Menschen sympathischer – und das sind zwei sehr wichtige Eigenschaften für den persönlichen und beruflichen Erfolg.
  2. Negative (desktruktive) Selbstkritik: Personen, die diese Art von Selbstkritik üben, schießen häufig über das Ziel hinaus. Die anfänglich vielleicht noch konstruktive Selbstkritik schlägt ins Zerstörerische um und man kritisiert jedes Ergebnis und jede Handlung bis ins kleinste Detail. Das kann so weit führen, dass man sich selbst gar nichts mehr zutraut und sich jegliche Fähigkeiten abspricht. Die Auswirkungen auf das eigene Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl sind fatal. Und das ist noch nicht alles: Wer permanent an sich selbst und seinen Fähigkeiten zweifelt, wird auch schlechtere Arbeit abliefern. Über kurz oder lang fällt das den Vorgesetzten auf, die vermutlich nachfragen werden. Genau das verstärkt aber die eigene Unsicherheit und die negative Selbstkritik nur noch mehr. So setzt sich ein Teufelskreis aus negativer Selbstkritik und negativer Verstärkung in Gang, der schlimme Folgen haben kann.

Diese Personen üben häufig negative Selbstkritik

Die Psychologie liefert Hinweise darauf, dass es zwischen den Geschlechtern Unterschiede im Hinblick auf die vorherrschende Art der Selbstkritik gibt:

  • Einige Männer tendieren eher dazu, ihr Verhalten positiver zu bewerten, als es wirklich ist. In diesen Fällen kann ein wenig mehr Selbstkritik die eigene Perspektive sicher bereichern.
  • Einige Frauen neigen umgekehrt dazu, ihre Leistungen und Erfolge kritischer zu bewerten, als sie es tatsächlich müssten. Vergleicht man ihre Bewertungen der eigenen Leistung mit Bewertungen seitens der Kollegen oder Vorgesetzten, kommt man immer wieder zu dem Ergebnis, dass bei betroffenen Frauen die Eigenwahrnehmung negativer ausfällt als die Einschätzung anderer Personen.

Diese Ergebnisse sind natürlich keine pauschalen Urteile und lassen sich nicht auf jeden individuellen Menschen gleichermaßen anwenden. Trotzdem zeigt sich aber die oben beschriebene Tendenz immer wieder.

Das bedeutet aber nicht, dass ausschließlich Frauen ihr Verhalten negativer bewerten als sie tatsächlich müssten. Denn vermutlich hängt diese Verhaltensweise weniger mit dem Geschlecht als vielmehr mit der Form der Erziehung zusammen. Ein Grund könnte sein, dass Eltern in früheren Zeiten ihre Töchter häufiger und/oder stärker kritisiert haben als ihre Söhne.

Das führte dazu, dass diese Kinder ihr Verhalten im Erwachsenenalter ebenso beurteilen, wie sie es von den eigenen Eltern gelernt haben. Wurde also am Verhalten der Söhne häufig Kritik geübt, neigen auch diese dazu, ihre Leistungen im Erwachsenenalter negativer zu beurteilen.

Anleitung: So übt man konstruktive Selbstkritik

Selbstkritik hat also sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Wer gekonnt, also ohne Abwertung, sein eigenes Handeln beurteilen kann, kann daraus einige Vorteile ziehen. Das funktioniert so:

Objektiv bleiben: Selbstkritik trägt besonders dann Früchte, wenn wir bei der Betrachtung unseres Verhalten die Perspektive anderer Menschen einnehmen. Das ist intuitiv aber nicht so einfach. Trotzdem solltest du versuchen, ein wenig Distanz zu den Dingen zu gewinnen, die du beurteilen möchtest. Folgende Fragen können dabei helfen:

  •  
  • Wie würden meine Freunde die Ergebnisse der Präsentation beurteilen?
  • Was würden meine Feinde dazu sagen, wie ich die Präsentation gemeistert habe?
  • Wie wirkt mein Verhalten in der Situation X auf andere Menschen?
  • Was würde ich denken, wenn sich andere Personen so verhalten würden?

Dinge ausprobieren: Um fundierte Selbstkritik zu üben, braucht man Erfahrungen und Fähigkeiten, auf die man zurückgreifen kann. Das bedeutet, dass du dich zunächst an neue Dinge herantrauen musst. Und vor allem bedeutet es, dass du nicht zu schnell Kritik an dir selbst üben solltest. Gebe dir stattdessen ausreichend Zeit, neue Erfahrungen zu machen und neue Dinge auszuprobieren. Erst nachdem du neue Dinge ausreichend geübt hast, kannst du Selbstkritik üben. Machst du das zu früh, könnte es ins Gegenteil umschlagen und dich eher davon abhalten, neue Erfahrungen zu machen.

Spezifisch werden: Um nicht in negative, also destruktive Selbstkritik zu verfallen, solltest du außerdem spezifische Dinge und Ereignisse kritisieren. Es wäre falsch, dir einzureden, dass dir grundsätzlich jede Präsentation misslingt und du einfach nicht vor einer größeren Gruppe Menschen sprechen kannst. Das könnte sich ungünstig auf dein Selbstbewusstsein auswirken. Viel besser ist es, gezielt isolierte Situationen oder Sachverhalte zu kritisieren. Zum Beispiel, dass ein bestimmter Teil der Präsentation nicht gut gelaufen ist. Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten für diese spezifischen Momenten. Warst du vielleicht unsicher, weil die Zahlen und Fakten nicht optimal aufbereitet waren? Dann hast du den Grund für die nicht optimal gelaufene Präsentation vermutlich schon gefunden. Und das darfst und solltest du in jedem Fall kritisieren. Im günstigsten Fall führt das nämlich dazu, dass du in Zukunft besser vorbereitet in Präsentationen gehst. Damit hätte die Selbstkritik ihr Ziel erreicht.

Umgebung fragen: Feedback von außen ist ebenfalls nützlich. Selbstkritik bedeutet nämlich nicht, dass du dich ausschließlich auf dein eigenes Urteil verlassen müsstest. Frage deine Freunde, Bekannten, Kollegen und Vorgesetzten, wie sie diese oder jene Situation oder dein Verhalten bewerten. Wenn du deine Eigenwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung anderer Personen abgleichst, kann dir das dabei helfen, zu einer objektiveren Selbstkritik zu kommen. Und die wiederum ist der Schlüssel dafür, dass du an der Kritik wachsen und dich verbessern kannst.

Bildnachweis: ArtFamily / Shutterstock.com

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