AllgemeinCoopetition: Kooperation mit der Konkurrenz?

Coopetition: Kooperation mit der Konkurrenz?

Mit einem direkten Konkurrenten kooperieren? Das war für viele Unternehmen noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar. Schließlich wollte man der Konkurrenz nicht zum Erfolg verhelfen. Inzwischen hat sich die Lage geändert – immer mehr Firmen gehen zumindest zeitweise Kooperationen mit Wettbewerbern ein, und zwar gerade weil sie sich davon Vorteile versprechen. Welche Vorteile Coopetition haben kann und in welchen Fällen sie denkbar ist, darum geht es in diesem Artikel.

Coopetition: Definition und Bedeutung

Jedes Unternehmen möchte erfolgreich sein. Firmen sind auf Wachstum gepolt und konkurrieren mit anderen Unternehmen um Marktanteile, mit denen ihr Erfolg steht und fällt. Während die meisten Unternehmen bis vor einigen Jahrzehnten noch ausschließlich alleine am Unternehmenserfolg gearbeitet haben, gibt es inzwischen eine andere Entwicklung. Viele Firmen haben erkannt, dass Wettbewerb und Kooperation sich nicht ausschließen, sondern dass beides parallel nicht nur möglich, sondern auch oft vorteilhaft ist. Genau das bezeichnet der Begriff Coopetition, auch Koopetition oder Kooperationswettbewerb.

Coopetition setzt sich aus den Begriffen „cooperation“ für Kooperation und „competition“ für Wettbewerb zusammen. Kommt es zu einer Coopetition, arbeitenkonkurrierende Unternehmen aus strategischen Gründen im Sinne einer gemeinsamen Wertschöpfung zusammen. Zwei oder mehr Unternehmen, die oft unmittelbare Wettbewerber sind, bilden dafür strategische Allianzen. Sie versprechen sich von einem solchen Schritt Wettbewerbsvorteile oder möchten ein gemeinsames Ziel erreichen.

Wie die Idee der Coopetition entstanden ist

Bei einer Coopetition herrscht Kooperation bei der Wertschöpfung und Wettbewerb, wenn es um die Aufteilung der jeweiligen Güter geht. Ihre Ursprünge hat die Idee eines Kooperationswettbewerbs in den Ideen des Mathematikers John von Neumann und des Wirtschaftswissenschaftlers Oskar Morgenstern, die die Spieltheorie geprägt haben. Das mathematische Modell der Spieltheorie befasst sich mit dem strategischen Handeln von Akteuren, die in Interdependenzverhältnissen zu anderen Akteuren stehen.

Die US-amerikanischen Professoren Adam Brandenburger und Barry Nalebuff haben die Idee der Coopetition mit ihrem gleichnamigen Buch, welches im Jahr 1996 erschienen ist, aufgegriffen und weiterentwickelt. Zu diesem Zeitpunkt waren Allianzen zwischen konkurrierenden Unternehmen noch vergleichsweise selten; inzwischen kommt es deutlich häufiger zu Situationen, die von einem Kooperationswettbewerb geprägt sind.

In welchen Bereichen ist Coopetition möglich?

Coopetition ist inzwischen kein rares Phänomen mehr, sondern prägt viele Branchen und Wirtschaftszweige. Diese Entwicklung ist auch als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen an den Märkten und in Wertschöpfungsketten zu verstehen, welche durch die Globalisierung und Digitalisierung vorangetrieben wurden. Ein völlig neues Phänomen ist das allerdings nicht; Unternehmen haben schon immer mit anderen kooperiert, wo es ihnen Vorteile bot. Heute passiert dies jedoch verstärkt, außerdem geschieht die Vernetzung häufig branchenübergreifend.

Dabei ist Coopetition in den verschiedensten Bereichen und Wirtschaftszweigen denkbar. Das betrifft neben der Wirtschaft auch die Wissenschaft. Coopetition kommt grundsätzlich infrage, wenn sich dadurch Aufwand und Kosten senken lassen und sich ein Unternehmen insgesamt Vorteile von einer strategischen Partnerschaft mit einem Konkurrenten verspricht. Genutzt wird diese Möglichkeit besonders bei größeren und riskanten Projekten. Durch die Zusammenarbeit teilen sich die Partner das Risiko. Dadurch wird es für den Einzelnen weniger kostspielig, wenn sich ein Projekt als nicht zukunftsfähig oder umsetzbar erweist.

Ebenso kommt es zu Coopetition, wenn kleine oder junge Firmen gar nicht die Mittel oder die Expertise haben, um bestimmte Dinge ohne fremde Hilfe überhaupt anbieten zu können. Sie kann eine Möglichkeit sein, um sich gegen stärkere Konkurrenten zu verbünden und so eine reelle Chance gegen führende Wettbewerber zu haben – frei nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Coopetition: Beispiele

In der Wirtschaft finden sich zahlreiche Beispiele und Ansatzpunkte für Coopetition, unter anderem diese hier:

  • Fluggesellschaften konkurrieren um Startzeiten und Gates. Trotzdem können sie sich dazu entscheiden, die Kosten für die Forschung und Entwicklung von Flugzeugen, die beide nutzen, gemeinsam zu tragen.
  • Autohersteller kooperieren bei der Entwicklung von Fahrzeugen, wie es etwa bei VW und Ford der Fall war. Die Konzerne entwickelten die Modelle VW Sharan und Seat Alhambra und Ford Galaxy gemeinsam, vermarkteten sie dann aber wie gehabt in Konkurrenz zueinander. Die Automobilkonzerne haben außerdem angekündigt, bei der Entwicklung von selbstfahrenden Autos – einem kostspieligen Unterfangen – zusammenarbeiten zu wollen.
  • Amazon lässt auf seinem Marketplace auch unternehmensfremde Händler ihre Produkte anbieten. Damit macht zwar nicht Amazon das Hauptgeschäft, allerdings verdient der Konzern an den Geschäften. Außerdem könnte es dem Versandhaus ansonsten passieren, dass die Kunden auf anderen Portalen einkaufen würden. Der Amazon Marketplace sorgt dafür, dass die Kunden auf der Plattform bleiben.
  • Auch die Technologie-Giganten Apple und Samsung kooperieren miteinander. So nutzt Apple etwa Retina-Displays des südkoreanischen Technologiekonzerns.
  • Die Lieferdienste DHL und UPS sind in den USA eine Coopetition eingegangen: UPS-Flugzeuge transportieren Pakete von DHL, die für andere Teile des Landes bestimmt sind.
  • Zeitungen und andere Medien kooperieren für umfangreiche Rechercheprojekte, wie es etwa bei der Aufdeckung der Panama Papers der Fall war.

In aller Regel betrifft Coopetition die Zusammenarbeit von Unternehmen mit konkurrierenden Firmen. In bestimmten Fällen ist sie jedoch auch unternehmensintern vorstellbar. So könnten etwa Mitarbeiter, die sich eigentlich als Konkurrenten sehen und die vor der Geschäftsführung gut dastehen wollen, in bestimmten Bereichen kooperieren und so Synergieeffekte nutzen. Anschließend könnten die Beteiligten die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit getrennt voneinander einsetzen.

Vorteile von Coopetition

Dass die Möglichkeit einer Coopetition so häufig genutzt wird, liegt an den Vorteilen, die für Unternehmen damit verbunden sein können. Vieles spricht für die strategische Zusammenarbeit mit der Konkurrenz: Man bündelt Ressourcen und kann so Kosten sparen. Außerdem kann es die Beteiligten vor einem womöglich ruinösen Preiswettbewerb bewahren. Das kommt allen Partnern zugute. Coopetition kann im Gegenteil allen Beteiligten Wettbewerbsvorteile sichern, was sie zu einem Win-Win-Modell machen kann.

In manchen Situationen kann Coopetition außerdem dazu führen, dass der Wert des eigenen Produkts im Vergleich zu dem eines Konkurrenten in den Augen der Konsumenten sogar steigt. Auch das ist ein Wettbewerbsvorteil. Coopetition eröffnet außerdem neue Möglichkeiten. Manchmal ist sie der einzige Weg für Firmen, überhaupt bestimmten Produkte anbieten können – weil sie auf sich gestellt nicht die nötigen Ressourcen für die Entwicklung und Vermarktung eines Produkts hätten.

Die Bündelung von Kräften bei einer Coopetition kann Innovationen vorantreiben. So kommt die Zusammenarbeit von Unternehmen oft mehr als nur den betroffenen Firmen zugute; sie kann auch neue Entwicklungen in der Branche anstoßen.

Eine Coopetition kann sich in vielen Fällen selbst dann lohnen, wenn ein Unternehmen sich aus der Zusammenarbeit nicht unmittelbar Vorteile verspricht. Wer mit anderen kooperiert, bleibt über Entwicklungen im Bilde und überlässt nicht anderen das Feld. Aus strategischen Gründen kann eine Coopetition deshalb selbst bei mäßigem Nutzen sinnvoll sein.

Coopetition als Risiko für den Geschäftserfolg?

Dass Coopetition nicht noch häufiger genutzt wird, hängt auch mit Vorbehalten bei manchen Unternehmen zusammen. In vielen Chefetagen macht man sich Sorgen, dass eine Kooperation mit Konkurrenten zum Eigentor werden könnte.

Tatsächlich sollte eine Coopetition gut durchdacht und geplant sein, damit sie nicht unerwünschte Nachteile für ein Unternehmen mit sich bringt. Es kann ansonsten tatsächlich passieren, dass die Zusammenarbeit den Konkurrenten stärkt und die eigene Position schwächt. Zudem besteht das Risiko, dass das Erfolgsrezept einer Firma bekannt wird und ihre Wettbewerbsvorteile gemindert werden. Ebenso kommt es in Coopetitions immer wieder vor, dass die Partner nicht gleichberechtigt sind – zum Beispiel, weil ein Unternehmen deutlich mehr Geld für die Zusammenarbeit aufwenden muss als die andere Firma.

Damit so etwas nicht passiert, ist eine gründliche und kritische Abwägung möglicher Coopetitions unerlässlich. Unternehmen sollten sich überlegen, wozu es führt, wenn sie einen Deal mit Konkurrenten eingehen und was die Konsequenzen wären, wenn sie den Deal ablehnen. Wer springt dann womöglich an Stelle der eigenen Firma ein? Und wie kann das den Wettbewerb in der Branche beeinflussen?

Vor einer Coopetition stellt sich außerdem die Frage, wer von der Kooperation stärker profitiert oder ob beide Unternehmen daraus gleichermaßen einen Nutzen ziehen können. Coopetition erfordert strategische Planung und Analyse – es braucht nicht nur den passenden Partner, sondern auch ein für alle Beteiligten tragfähiges Geschäftsmodell. Außerdem müssen rechtliche Fragen geklärt werden. Kommt es zu einer Zusammenarbeit, ist darüber hinaus wichtig, dass eigene Vorgehensweisen geschützt werden, die die Grundlage des Firmenerfolgs sind.

Unternehmen, die mit der nötigen Umsicht an eine Coopetition herangehen, können daraus oft einen großen Nutzen ziehen. In anderen Fällen ist es besser, auf eine Zusammenarbeit zu verzichten, weil sie mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen würde.

Bildnachweis: GaudiLab / Shutterstock.com

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