Viele Unternehmen setzen auf Diversity Management, auf Deutsch auch bekannt als Diversitätsmanagement. Davon können Mitarbeiter und Arbeitgeber gleichermaßen profitieren. Aber was bedeutet Diversity Management eigentlich genau? Wie kann es umgesetzt werden und welche Vorteile bietet Diversität in Unternehmen? Das erfährst du hier.
Diversity Management: Was ist das?
Klären wir zunächst, was Diversity Management überhaupt bedeutet. „Diversity“ ist der englische Begriff für Diversität; er steht für Vielfalt und Unterschiedlichkeit. Wenn von Diversität die Rede ist, geht es um soziale, kulturelle und ethnische Unterschiede zwischen Menschen.
Diversity Management ist ein Begriff aus der Arbeitswelt. Gemeint ist ein strategisches Instrument im Personalmanagement. Das Diversity Management kann zu den Aufgaben der Personalabteilung gehören oder es wird eine eigene Abteilung innerhalb des Personalwesens dafür geschaffen. Diese Mitarbeiter kümmern sich dann darum, die Vielfalt im eigenen Unternehmen optimal zu managen und sie zum Vorteil des Unternehmens zu nutzen.
In den USA hat das Diversity Management eine lange Tradition; entsprechende Ansätze gingen aus der amerikanischen Bürgerrechts- und Frauenbewegung der 1960er Jahre hervor. Seitdem hat Diversity Management dort weiter an Bedeutung gewonnen. Hierzulande ging es lange Zeit „nur“ darum, die Stellung von Minderheiten in Firmen zu stärken und die Toleranz ihnen gegenüber zu erhöhen. Inzwischen hat sich die Bedeutung von Diversitätsmanagement auf andere Facetten ausgeweitet.
Viele Firmen haben den Wert von Diversity Management erkannt und setzen darauf. Laut einer Umfrage von PageGroup aus dem Jahr 2018 befassen sich rund 63 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit Diversity Management. Das sind zwar deutlich mehr Unternehmen als in den Jahren davor, allerdings muss man sich nur die Führungsriegen großer Unternehmen ansehen, um zu erkennen, dass es noch viel Luft nach oben gibt: Die Top-Manager deutscher Unternehmen sind nach wie vor mehrheitlich weiß, männlich und mittelalt.
Diversität in Unternehmen: Um welche Merkmale geht es?
Anhand welcher Merkmale können sich die Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen bemerkbar machen? Um welche Vielfalt soll es beim Diversitätsmanagement gehen?
Einerseits spielen äußerliche Merkmale eine wichtige Rolle. Da wären etwa das Geschlecht, Alter und die ethnische Zugehörigkeit eines Menschen. Auch die Tatsache, dass jemand eine Behinderung hat, kann ihn von anderen Menschen unterscheiden.
Andererseits geht es auch um Unterschiede zwischen Menschen, die oft nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind. Dazu gehören die sexuelle Orientierung, Religionszugehörigkeit und unterschiedliche Weltanschauungen. Im weiteren Sinne spielen auch das Haushaltseinkommen, der Familienstand, Bildungsstand, Gewohnheiten und die geografische Lage eine Rolle.
Verschiedene Ansätze beim Diversity Management
Ursprünglich ging es Unternehmen mit Diversitätsmanagement in erster Linie darum, Diskriminierung am Arbeitsplatz vorzubeugen und zu bekämpfen, um Minderheiten zu schützen. Seither wird Diversität in Unternehmen in einem wesentlich größeren Kontext gesehen. Es geht vielen Unternehmen mit ihrem Diversitätsmanagement darum, die Vorteile zu nutzen, die Mitarbeiter mit ihren unterschiedlichen Merkmalen, Hintergründen, Ansichten und Erfahrungen dem Unternehmen bieten können.
Im Diversity Management werden drei grundlegende Ansätze unterschieden:
- Der Diskriminierungs- und Fairnessansatz: Das Ziel beim Diversity Management besteht bei diesem Ansatz darin, gleiche Chancen für alle Beschäftigten zu schaffen und niemanden unfair zu behandeln. Das kann sich zum Beispiel in Frauenquoten in Vorständen äußern.
- Der Zutritts- und Legitimitätsansatz: Hierbei geht es primär darum, die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Hintergründe der Mitarbeiter zum Vorteil des Unternehmens zu nutzen. Diversity Management wird hier wesentlich stärker als beim Diskriminierungs- und Fairnessansatz als strategisches Instrument verstanden. Nicht Fairness ist das wichtigste Ziel, sondern die Stärkung der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers.
- Der integrative Ansatz: Hierbei werden die beiden übrigen Ansätze miteinander kombiniert, so dass es beim Diversity Management um alle genannten Aspekte geht. Der Arbeitgeber setzt auf Fairness und Gleichbehandlung, weil er das als eigenstehenden Wert sieht, zieht aber zugleich einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Diversität der Mitarbeiter.
Wie kann Diversity Management praktisch aussehen?
Beim Diversitätsmanagement gibt es keine allgemeingültigen Vorgaben, an denen sich Unternehmen orientieren müssten. Jedes Unternehmen legt selbst fest, was es unter Diversity Management versteht und wie das Diversitätsmanagement konkret umgesetzt wird. Entsprechend unterschiedlich fällt die Ausgestaltung von Diversity Management von Unternehmen zu Unternehmen aus.
Wenn ein Arbeitgeber Diversität im Unternehmen propagiert, ist das in manchen Fällen kaum mehr als ein Lippenbekenntnis. Es kann auf der anderen Seite aber auch so sein, dass das „Diversity-Mindset“ in Mitarbeitern auf allen Ebenen verankert ist und damit Werte verbunden sind, die tatsächlich gelebt werden. Diversity Management ist dann nicht nur ein Ansatz, dem sich das Unternehmen pro forma verschreibt, sondern etwas, das Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitern gleichermaßen wichtig ist.
Vielfalt als Faktor bei der Stellenbesetzung
Diversity Management kann bedeuten, dass die Personalabteilung bei Neueinstellungen offen und tolerant an Bewerber mit unterschiedlichen Hintergründen herantritt, statt Bewerber wegen bestimmter äußerlicher Merkmale von vornherein abzulehnen. Letzteres wäre zwar vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ohnehin nicht erlaubt, passiert aber dennoch immer wieder.
Ebenso kann Diversitätsmanagement bedeuten, dass es Arbeitsplätze speziell für Mitarbeiter mit einer Behinderung gibt. Selbst auf das Essen in der Kantine kann Diversitätsmanagement sich erstrecken – je vielfältiger die Belegschaft, desto mehr unterschiedliche Vorlieben, aber auch bestimmte Ernährungsweisen müssen unter einen Hut gebracht werden.
In vielen Unternehmen, die auf Diversity Management setzen, gibt es darüber hinaus spezielle Programme, um die Diversität im Unternehmen zu fördern und optimal von ihr zu profitieren. Das können zum Beispiel Trainings in interkulturellen Kompetenzen oder Awareness sein, aber auch Sprachtrainings. Auch Eingliederungsprogramme, etwa für ältere Beschäftigte, oder Mentoring-Programme können sich anbieten.
Beispiele für Diversity Management
Wie Diversity Management praktisch aussehen kann, zeigen die folgenden Beispiele:
- Siemens wird immer wieder als Vorreiter in Sachen Diversitätsmanagement herangezogen. Als der ehemalige Vorstandschef Peter Löscher sein Amt im Jahr 2007 angetreten hat, fiel ihm die Zusammenstellung der Belegschaft negativ auf („zu männlich, zu deutsch, zu farblos“). Die Folge: Das Unternehmen setzte fortan auf Diversity Management, angeführt von einem Chief Diversity Officer.
- Die Deutsche Bahn setzt auf die Einziganders-Kampagne und bekennt sich zur Vielfalt unter den Mitarbeitern, etwa in Bezug auf das Geschlecht, die Generation, ethnische Herkunft, Fähigkeiten und Arbeitsstile, Kompetenzen und Lebensentwürfe. Das erklärte Ziel sind eine Kultur der Chancengleichheit, wertschätzendes Engagement, gegenseitiges Vertrauen und Respekt.
- Auch Volkswagen befasst sich mit Chancengleichheit. Im Jahr 2017 fand die erste konzernweite Diversity-Konferenz statt, hinzu kommen spezielle Programme wie das Mentoring-Programm Management zur Förderung von Frauen im Konzern. Zu den erklärten Zielen des Konzerns gehört es, die Beschäftigten für das Thema Diversität zu sensibilisieren und eine Kultur der Vielfalt zu fördern
- Bei Beiersdorf gibt es ein globales Diversity & Inclusion Management-Team. Dabei geht es um mehr Vielfalt und Inklusion, zum Beispiel im Rahmen von Geschlechtervielfalt, verschiedener sexueller Orientierungen und Internationalität. Beiersdorf engagiert sich gegen Homophobie und Transfeindlichkeit am Arbeitsplatz. Auch die Mitarbeiter selbst haben entsprechende Initiativen auf den Weg gebracht, wie das Beispiel Be You@Beiersdorf zeigt. Die Gruppe informiert die Belegschaft etwa über Artikel im Intranet und Veranstaltungen.
- Bei Daimler ist Diversity Management schon seit dem Jahr 2005 ein Bestandteil der Konzernstrategie. Vielfalt wird erklärtermaßen als etwas Erstrebenswertes angesehen; man setzt sich für Chancengleichheit und eine Kultur von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt ein. Umgesetzt wird das zum Beispiel in Form von heterogenen Teams, ein wertschätzendes Arbeitsumfeld, einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Außerdem soll der Anteil von Frauen in leitenden Führungspositionen stetig erhöht werden.
- Die Stadt Stuttgart hat eine eigene Abteilung für Chancengleichheit und Diversity geschaffen. Die Mitarbeiter dort sind beratend tätig, führen Projekte durch und erarbeiten Maßnahmen gegen Homophobie und Transfeindlichkeit. Der Fokus liegt auf dem Schutz der Vielfalt sexueller Orientierungen und der Geschlechter. Wer ein homophobes oder transfeindliches Verhalten miterlebt, kann sich an die Abteilung für Chancengleichheit und Diversity wenden. Die Abteilung organisiert auch die Beteiligung der Stadt am Christopher Street Day.
Vorteile von Diversity in Unternehmen: Darum kann sie sich für Arbeitgeber lohnen
Dass immer mehr Unternehmen Diversity Management betreiben, ist nicht ganz uneigennützig: Es geht meist nicht nur darum, offen und tolerant zu sein, sondern auch um wirtschaftliche Interessen und den Erfolg des Unternehmens. Es kann sich für Unternehmen aus verschiedenen Gründen lohnen, Diversität zu stärken und eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung zu fördern.
Eine größere Vielfalt innerhalb der Belegschaft bedeutet in vielen Fällen einen verbesserten Austausch von Wissen, Erfahrungen und Ideen. Heterogene Teams bringen eher neue Ideen hervor, setzen neue Impulse und sind kreativer. Das führt oft zu mehr Innovation. Die unterschiedlichen Lebenswelten und Hintergründe der Mitarbeiter führen dann unmittelbar zu einem größeren Erfolg für das Unternehmen.
Durch eine große Vielfalt in Teams kann der Austausch unter Mitarbeitern mit verschiedenen Hintergründen gefördert werden. Dadurch können zum Beispiel jüngere Mitarbeiter von älteren lernen (und umgekehrt), außerdem können sich neue Perspektiven ergeben, die alle weiterbringen.
Diversitätsmanagement als Mittel gegen den Fachkräftemangel
Wenn Werte wie Fairness und Chancengleichheit nicht nur Lippenbekenntnisse sind, sondern auch tatsächlich gelebt werden, sind die Mitarbeiter tendenziell zufriedener; das Betriebsklima kann sich ebenso verbessern wie die Mitarbeiterbindung. Auch der Ruf eines Arbeitgebers kann von dessen Diversity Management profitieren. Das ist ein Vorteil, wenn es darum geht, offene Stellen zu besetzen. Außerdem legen vor allem jüngere Arbeitnehmer oft Wert auf Diversität am Arbeitsplatz. Wer zeigt, dass er sich hier engagiert, kann eher gute Fachkräfte anlocken. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sehen viele Unternehmen Diversitätsmanagement als Mittel gegen den Fachkräftemangel.
Ein weiteres schlagkräftiges Argument für mehr Diversity in Unternehmen ist das bessere Verständnis für unterschiedliche Zielgruppen, welches sich viele Arbeitgeber von einer heterogenen Mitarbeiterstruktur erhoffen. Das ist bei einer zunehmenden Heterogenität von Kundenstämmen ein klarer Vorteil. Nicht zuletzt kann eine internationale Belegschaft es leichter machen, sich international zu vernetzen. Das kann Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen und ihre Stellung am Markt stärken.
Diversität hängt oft unmittelbar mit dem Erfolg eines Unternehmens zusammen. Unternehmen, die auf Vielfalt setzen, sind oft erfolgreicher und haben Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz. Das hat auch eine internationale Studie der Unternehmensberatung McKinsey gezeigt: Demnach geht eine hohe Geschlechtervielfalt mit einer um 25 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, dass ein Unternehmen überdurchschnittlich profitabel ist. Bei einer hohen ethnischen Diversität steigt dieser Wert sogar auf 36 Prozent.
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