Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant verändert. Die Arbeit ist für viele Menschen, auch dank neuer Technologien, immer flexibler geworden. Manche können inzwischen von einem Ort ihrer Wahl arbeiten. Man spricht dann auch von digitalen Nomaden. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff? Wie wird man zum digitalen Nomaden? Und welche Vor- und Nachteile des digitalen Nomadentums sollte man kennen? Hier findest du es heraus.
Digitaler Nomade: Was ist damit gemeint?
Digitale Nomaden sind Beschäftigte, die ortsunabhängig arbeiten. In den meisten Fällen sind digitale Nomaden selbstständig; sie arbeiten dann als freie Mitarbeiter oder als Freelancer für einzelne Aufträge mit ihren Auftraggebern zusammen. Ebenso können jedoch auch festangestellte Arbeitnehmer digitale Nomaden sein, weil ihr Job keine Anwesenheit an einem bestimmten Ort erfordert.
Digitale Nomaden können sich somit aussuchen, wo sie arbeiten. Viele Menschen haben beim Gedanken an digitale Nomaden womöglich sofort das Bild eines Beschäftigten im Kopf, der in Thailand am Strand sitzt und dabei Geld verdient. So kann das digitale Nomadentum natürlich aussehen: Viele digitale Nomaden halten sich immer nur für ein paar Monate an einem Ort auf. Sie verbringen den Sommer vielleicht in ihrer Heimatstadt, sind im Herbst für eine gewisse Zeit in Vietnam und im Winter in Kambodscha. Länder mit niedrigen Lebenshaltungskosten sind bei digitalen Nomaden naturgemäß beliebt, bei entsprechenden Einnahmen oder Rücklagen kommt aber natürlich auch jedes andere Land als Wohn- und Arbeitsort in Betracht.
Ein digitaler Nomade kann einen festen Arbeitsplatz haben, muss das aber nicht. Vielleicht arbeitet er an einem Tag aus einem Café, am nächsten sitzt er am Küchentisch in seinem Apartment, und dann wieder geht er von einem Internetcafé aus seiner Arbeit nach. Dabei muss ein digitaler Nomade nicht zwingend ständig herumreisen oder von exotischen Locations aus arbeiten. Er kann ebenso gut zuhause im Homeoffice sitzen. Entscheidend ist, dass er selbst seinen Arbeitsort festlegen kann. Möglich wird das ortsunabhängige Arbeiten dank moderner Technologien. Viele digitale Nomaden brauchen nicht mehr als ihren Laptop und eine Internetverbindung, um von überall aus arbeiten zu können.
Leben als digitaler Nomade: Warum es viele Vorteile bieten kann
Für viele klingt ein Dasein als digitaler Nomade nach einem Traum. Tatsächlich kann das digitale Nomadentum viele Vorteile mit sich bringen. Der wohl wichtigste: Du bist als digitaler Nomade absolut flexibel. Du entscheidest ganz allein, wo und wie du arbeitest. Du kannst an einem Ort deiner Wahl arbeiten – vorausgesetzt natürlich, du bekommst ein Visum, wenn es um andere Länder geht. Du kannst auch Reisen und Arbeiten miteinander verbinden und dir durch deine Arbeitstätigkeit bestimmte Urlaube überhaupt erst ermöglichen. Weil du selbst die Rahmenbedingungen deiner Arbeit festlegst, kannst du den Job an deine Vorstellungen und Bedürfnisse anpassen.
Das digitale Nomadentum bietet außerdem alle Vorteile der Selbstständigkeit: Du entscheidest selbst, wann du arbeitest, wie deine Arbeitszeiten sind, wann du frei hast und wann du Urlaub machst. Das kommt auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zugute. Außerdem sind viele Selbstständige durch ihre Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmtheit zufriedener als so manche angestellten Beschäftigten, die sich von ihrem Arbeitgeber diktieren lassen müssen, wie, wann und wo sie ihren Job ausüben.
Weil du als digitaler Nomade in der Wahl deines Arbeitsorts frei bist, kannst du womöglich auch besser und schneller arbeiten. Während viele Arbeitnehmer den Lärm und Trubel eines Großraumbüros wohl oder übel über sich ergehen lassen müssen, kannst du dir ein ruhiges Plätzchen suchen, an dem du dich gut konzentrieren kannst. Dadurch kannst du im besten Fall sogar deine wöchentliche Arbeitszeit reduzieren, weil du in weniger Zeit mehr schaffst.
Zeit sparst du auch, weil das Pendeln zur Arbeit entfällt. Wenn du zuhause oder zumindest wohnortnah arbeitest, hast du kurze Wege. Du brauchst kein ÖPNV-Ticket bezahlen, musst nicht tanken oder genervt im Stau stehen. Auch das kann zu einer höheren Zufriedenheit beitragen, außerdem kommt es dem Umweltschutz zugute. Wenn du in einem Land mit niedrigen Lebenshaltungskosten lebst, kannst du als digitaler Nomade auch Geld sparen – das kannst du im besten Fall nutzen, um weniger arbeiten zu müssen oder früher in Rente gehen zu können.
Diese Nachteile kann das digitale Nomadentum haben
Alles super also am digitalen Nomadentum? Das kommt darauf an, wie das Arbeiten als digitaler Nomade ausgestaltet ist. Ein Leben als digitaler Nomade kann auch Nachteile mit sich bringen, die du kennen solltest, wenn du über ein Dasein als digitaler Nomade nachdenkst.
Da wäre zum Beispiel die Einsamkeit, die nicht wenige digitale Nomaden, die im Ausland arbeiten, empfinden. Es mag seine Vorzüge haben, mit dem Laptop am Strand in Südostasien zu sitzen, aber gleichzeitig ist man dabei weit weg von seiner Familie und seinen Freunden. Flüchtige Kontakte mit Menschen am derzeitigen Wohnort sind zwar besser als nichts, können Freundschaften aber nicht ersetzen. Und für introvertierte Menschen ist es oft schwer, in einer neuen Umgebung und einem völlig neuen Land überhaupt auf fremde Menschen zuzugehen. Das kann dafür sorgen, dass sie an ihrem Wohnort überhaupt keine Kontakte haben, die über kurze Transaktionen wie das Bezahlen im Supermarkt oder in einem Taxi hinausgehen.
In einem anderen Land zu leben ist in der Vorstellung vieler Menschen aufregend. Tatsächlich da zu sein fühlt sich dann aber womöglich nach den ersten paar Tagen gar nicht so toll an wie gedacht. Wer in weit entfernten Ländern mit einem anderen kulturellen Hintergrund als digitaler Nomade lebt, hat vielleicht auch einen Kulturschock. Das kann Gefühle der Einsamkeit und Isolation zusätzlich verstärken.
Digitales Nomadentum als Risiko für Beziehungen und Freundschaften
Digitale Nomaden, die weit entfernt von ihrer Familie und ihren Freunden leben, verpassen wichtige Termine – an Geburtstagen, Hochzeiten, Geburten und bei Beerdigungen sind sie womöglich nicht dabei. Das kann negative Gefühle hervorrufen, und die große Entfernung über einen längeren Zeitraum kann es schwierig machen, die bisherigen Beziehungen vor allem zu Freunden aufrechtzuerhalten. Noch problematischer ist das Herumreisen bei einem digitalen Nomadentum für eine Beziehung. Eine Fernbeziehung führen zu müssen kann belastend sein und eine Trennung wahrscheinlicher machen. Das Problem besteht natürlich nicht, wenn der Partner mitreist.
Als digitaler Nomade musst du ein hohes Maß an Selbstdisziplin haben, um dir deine Zeit richtig einzuteilen. Nicht jeder kann sich ohne detaillierte Vorgaben eines Arbeitgebers gut organisieren, was den beruflichen Erfolg gefährden kann. Das Arbeiten am Laptop ist außerdem nicht so komfortabel wie an einem Schreibtisch mit größerem PC. Für bestimmte Aufgaben reicht ein Laptop auf Dauer nicht aus. Ebenso gibt es an neuen Wohnorten viele Ablenkungen – es kann schwierig sein, sich zur Arbeit zu zwingen, wenn es so viel Neues zu entdecken gibt. An manchen Wohnorten kommt das Klima erschwerend hinzu: sich bei 35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit zu konzentrieren ist nicht so einfach.
Ein weiterer Punkt kann gegen ein Leben als digitaler Nomade sprechen: Es kann gefährlich sein, in anderen Ländern zu leben. Je nachdem, wo du bist, kann die Lage dort politisch instabil sein, es kann ansteckende Krankheiten geben, eine hohe Kriminalität, einen gefährlicheren Straßenverkehr, eine höhere Luftverschmutzung und Naturkatastrophen.
In welchen Jobs kann man als digitaler Nomade arbeiten?
Welche Jobs bieten sich für digitale Nomaden an? Prinzipiell sind deiner Fantasie dabei keine Grenzen gesetzt. Jeder Job, bei dem du dir deinen Arbeitsort selbst aussuchen kannst, eignet sich dafür. Wenn es dir darum geht, nicht im Homeoffice zu sitzen, sondern viel herumzureisen, limitiert das die Auswahl an Jobs ein wenig: Infrage kommen dann nur noch Tätigkeiten, für die du nur eine minimale technische Ausstattung benötigst. Im besten Fall reicht dir dann ein Laptop mit einer guten Internetverbindung vollkommen aus.
Es versteht sich von selbst, dass du als Verkäufer, Tischler oder Gärtner im Normalfall nicht als digitaler Nomade leben kannst. Wer am PC arbeitet, für den kommt ein Leben als digitaler Nomade aber in vielen Fällen infrage. Viele digitale Nomaden sind zum Beispiel Programmierer, Grafik- oder Webdesigner, Blogger, Texter oder Übersetzer. Auch bei Tätigkeiten wie virtueller Assistenz, E-Commerce-Management, Affiliate Marketing oder Social-Media-Management können (angehende) digitale Nomaden fündig werden. Das digitale Nomadentum kann sich genauso für Coaches, SEO-Experten, Online-Sprachlehrer oder Fotografen anbieten.
Tipps: So kann das Arbeiten als digitaler Nomade klappen
Als digitaler Nomade zu leben klingt für viele Beschäftigte interessant. Nur: Wie wird aus dem Traum davon Realität? Wie wird man zum digitalen Nomaden? Prinzipiell solltest du dir diesen Schritt gut überlegt haben. Natürlich kannst du notfalls immer noch zurück in einen angestellten Job vor Ort bei einem Arbeitgeber, aber du kannst dir womöglich einige Rückschläge ersparen, wenn du deine Idee von einem Leben als digitaler Nomade in Ruhe überlegt und detailliert geplant hast.
Welcher Job kommt infrage?
Ob ein Dasein als digitaler Nomade überhaupt möglich ist, hängt von deinem Job ab. Hast du einen Beruf, den du auch als digitaler Nomade ausüben könntest? Wäre das womöglich sogar bei deinem jetzigen Arbeitgeber möglich? Wenn nicht: Welcher andere Job könnte es dir ermöglichen? Bräuchtest du dafür zusätzliche Qualifikationen, und wie aufwendig und teuer wäre das?
Wo findet man Aufträge als digitaler Nomade?
Die meisten digitalen Nomaden sind selbstständig, es ist aber kein Muss. Es gibt Jobbörsen für digitale Nomaden, auf denen du dich nach passenden Jobs umsehen kannst. Wenn du selbstständig sein wirst, stellt sich die Frage, wie du an Aufträge kommst. Im besten Fall baust du dir schon einige Zeit vorher neben deinem eigentlichen Job ein zweites Standbein als Selbstständiger auf. Darauf kannst du dann aufbauen, wenn du als digitaler Nomade lebst – du hast dann schon Kontakte und kennst mögliche Auftraggeber, außerdem kannst du besser abschätzen, ob es mit der Selbstständigkeit wirklich klappen könnte.
Einnahmen und Ausgaben kalkulieren
Überlege dir, wovon du als digitaler Nomade leben willst. Welche Einnahmen sind dafür nötig? Hast du Rücklagen? Wo kannst du, am besten schon einige Zeit vorher, sparen? Es ist wichtig, dass du entsprechende Kalkulationen anstellst und Budgetplanungen für deine Zeit als digitaler Nomade machst.
Was brauchst du für ein Leben als digitaler Nomade?
Überlege dir auch, was du als digitaler Nomade brauchst. Das betrifft einerseits den Job unmittelbar: Hast du einen Laptop, ein Smartphone und an deinem neuen Wohnort Zugang zu schnellem Internet? Je nach Job können weitere Dinge erforderlich sein. Andererseits brauchst du alles, was im neuen Zuhause privat nötig ist, also zum Beispiel spezielle Kleidung, Extras wie Insektenrepellent oder einen geräumigen Reiserucksack, wenn du viel herumreisen möchtest. Denk auch an praktische Dinge wie eine Reiseversicherung und ein Handy ohne Simlock.
Was passiert mit deinen Sachen?
Du musst dich auch darum kümmern, was mit deinem Hab und Gut im alten Zuhause geschieht. Die meisten digitalen Nomaden lagern es irgendwo zwischen, zum Beispiel bei ihren Eltern oder in einer Storage Unit. Wenn du länger weg sein wirst, kannst du wahrscheinlich auch einige Dinge verkaufen und so deine Reisekasse aufbessern.
Bürokratisches regeln
Nicht zuletzt gibt es auch verschiedene bürokratische Dinge zu klären. Wenn du ins Ausland willst, brauchst du dafür womöglich ein Visum. Darum solltest du dich rechtzeitig kümmern. Wichtig ist auch die Frage, wo du als digitaler Nomade Steuern zahlen wirst. Das lässt sich nicht pauschal sagen, sondern hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Wenn du deinen gewöhnlichen Aufenthalt trotzdem in Deutschland hast, bist du hier weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig.
Ein gewöhnlicher Aufenthalt bedeutet, dass deine Umstände darauf hindeuten, dass du nicht nur vorübergehend in Deutschland lebst. Meist wird ein dauerhafter Aufenthalt von mindestens sechs Monaten im Stück dafür vorausgesetzt. Wenn du ins Ausland willst und von einem Land zum nächsten reisen möchtest, ist die Sache komplizierter. In diesem Fall solltest du individuell klären, ob in Deutschland noch eine Steuerpflicht besteht und ob du an deinen neuen Wohnorten steuerpflichtig bist.
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