AllgemeinInkompetenzkompensationskompetenz: So solltest du damit umgehen

Inkompetenzkompensationskompetenz: So solltest du damit umgehen

Manche Menschen haben keine Ahnung, wissen das aber gut zu verbergen. Man könnte auch sagen, sie haben eine besondere Kompetenz, nämlich die Inkompetenzkompensationskompetenz. Dieser Begriff ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen, beschreibt aber ein reales Phänomen. Was genau gemeint ist, wie sich Inkompetenzkompensationskompetenz zeigt und wie man mit Menschen umgehen kann, die sie besitzen – in diesem Artikel erfährst du mehr darüber.

Inkompetenzkompensationskompetenz – bitte was?

Inkompetenzkompensationskompetenz – schon die schiere Länge des Begriffs legt nahe, dass es sich um eine augenzwinkernde Beschreibung eines Phänomens handelt. Doch was ist gemeint? Es war der Philosoph und Essayist Odo Marquard, der den Begriff ursprünglich geprägt hat, und zwar bei einem Vortrag in den 1970er Jahren.

Damals bezog sich Marquard darauf, dass die Disziplin der Philosophie im Laufe ihrer Entwicklung seiner Meinung nach immer mehr ihrer einstigen Kompetenzen eingebüßt habe. In früheren Zeiten ging es dabei schließlich um Themen aus allen Bereichen des Lebens, darunter auch politische Fragen. Berühmte Philosophen wie Sokrates, Thomas Hobbes oder René Descartes waren in ihrer Zeit wesentlich einflussreichere Figuren als es die meisten Philosophen in der heutigen Zeit sind.

Nach der Einschätzung von Odo Marquard führte das dazu, dass der Philosophie heute nicht mehr geblieben ist als das Eingeständnis, dass sie inkompetent ist. Mit anderen Worten: Nach Marquards Ansicht herrschte eine Inkompetenzkompensationskompetenz vor.

Heute wird der Begriff in einem breiteren Kontext verstanden; es muss dabei nicht um Themen der Philosophie gehen. Der Soziologe Ralf Lisch hat sich in einer Veröffentlichung zum Beispiel mit der Inkompetenzkompensationskompetenz bei Managern befasst. Im weiteren Sinne kann Inkompetenzkompensationskompetenz bei jedem Menschen in allen Situationen auftreten – zum Beispiel bei einem Bekannten, Freunden, den Kollegen oder beim Chef.

So zeigt sich Inkompetenzkompensationskompetenz

Wer Inkompetenzkompensationskompetenz besitzt, ist gut darin, die eigenen Unzulänglichkeiten zu kaschieren. Je besser jemand darin ist, desto schwieriger ist es, seine Inkompetenzkompensationskompetenz klar als solche zu erkennen. Das gilt vor allem bei neuen und flüchtigen Kontakten. Genau genommen können solche Menschen auf den ersten Blick sogar besonders kenntnisreich und kompetent wirken, was oft mit einer selbstbewussten Ausstrahlung zusammenhängt.

Wer gut darin ist, seine eigene Inkompetenz zu verbergen, weiß oft genau, mit welchen Taktiken er auf welche Herausforderungen reagieren kann. Im Berufsleben gibt es Inkompetenzkompensationskompetenz auch auf höheren Ebenen. Führungskräfte sind dann eigentlich nicht ausreichend qualifiziert für ihre Stelle, wissen aber, wie sie diese Tatsache verstecken können. Ein Ansatz kann sein, Aufgaben an andere zu delegieren – und dann womöglich die Lorbeeren von deren Arbeit für sich einzustreichen.

Ebenso können Führungskräfte, denen es an Kompetenzen mangelt, ihre Mitarbeiter so fördern, dass sie ihnen freiwillig und mit Freude Aufgaben abnehmen. Nicht zuletzt besitzen viele Führungskräfte ein eigenes Büro, dessen Tür sie schließen können. Was dahinter passiert, weiß niemand so genau. Zugleich treten viele Menschen mit ausgeprägter Inkompetenzkompensationskompetenz so überzeugt von sich auf, dass sie kaum Zweifel an ihrer Kompetenz aufkommen lassen.

Gute Beziehungen erhöhen die Gefahr, dass Inkompetenzkompensationskompetenz auffliegt

Nicht immer ist die Inkompetenzkompensationskompetenz Kalkül. Es mag zwar genug Menschen geben, die ihre eigenen Unzulänglichkeiten ganz bewusst verbergen und denen es nichts ausmacht, andere zu täuschen. Ebenso gibt es jedoch Menschen, die so unter Druck stehen, dass sie sich zu ihrer Inkompetenzkompensationskompetenz gezwungen sehen. Für eine Führungskraft etwa wäre es nicht allzu gut, wenn auffiele, dass sie in bestimmten Bereichen Lücken hat. Schlimmstenfalls würde sie dadurch ihren Job verlieren – also macht sie weiter wie bisher und hofft, dass ihre Inkompetenz niemals auffliegt.

Inkompetenzkompensationskompetenz ist besonders leicht aufrechtzuerhalten, wenn andere einen kaum kennen. Wird die Beziehung zu anderen Menschen hingegen intensiver, steigt das Risiko, dass andere hinter die eigene Fassade blicken können. Die Gefahr wird dadurch immer größer, dass die Person enttarnt wird. Andere merken dann zum Beispiel, dass ein bestimmter Kollege zwar immer große Töne spuckt, aber im Zweifel lieber die anderen machen lässt. Oder dass eine Kollegin die guten Ideen anderer als ihre eigenen verkauft. Es kann auch auffallen, dass der Chef sich mit bestimmten Themen nicht im Detail auskennt.

Warum Inkompetenzkompensationskompetenz aus Sicht vieler Menschen eine nützliche Eigenschaft ist

Für manche Menschen kommt es nicht infrage, so zu tun, als sei man kompetenter, als man tatsächlich ist. Andere hingegen haben keine Skrupel, wenn es darum geht, Kompetenz vorzugaukeln. Aus Sicht solcher Menschen kann Inkompetenzkompensationskompetenz sehr nützlich sein. Das gilt besonders im Berufsleben, wo der eigene Erfolg davon abhängt, wie man auf andere wirkt.

Es fängt schon bei der Jobsuche an. Schon vor dem Vorstellungsgespräch gilt es, mit den Bewerbungsunterlagen zu überzeugen. Oft kommen diejenigen Kandidaten weiter, die sich in ihrer Bewerbung besonders gut präsentieren können. Wer also im Anschreiben der Bewerbung schöne Worte wählt, hat bessere Karten – zumindest, wenn sein Lebenslauf grundsätzlich überzeugend ist. Im Bewerbungsgespräch ist entscheidend, seine Gesprächspartner auf persönlicher Ebene zu überzeugen. Mögliche Inkompetenzen sollten hier keinesfalls offen gezeigt werden – für Menschen mit Inkompetenzkompensationskompetenz kein Problem.

Kompetent wirken – und Karriere machen

Im Job selbst ist es sehr nützlich, von anderen als kompetent wahrgenommen zu werden. Man hat dann ein höheres Ansehen, kann womöglich eine höhere Gehaltserhöhung aushandeln oder ist die erste Wahl, wenn ein höherrangiger Posten zu besetzen ist. Dabei kann es in erster Linie die Inkompetenzkompensationskompetenz der betreffenden Person sein, die sie im Job voranbringt. Ohne diese Kompetenz wären ihre Schwächen offen sichtbar – und sie würde nicht mehr so professionell auf andere wirken.

Allerdings: Langfristig ist Inkompetenzkompensationskompetenz keine solide Strategie. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass es früher oder später auffällt, wenn du hier und da Lücken hast. Es mag nicht verwerflich sein, wenn du Inkompetenzkompensationskompetenz in Situationen entwickelst, in die du hineingeworfen wirst. Wenn du allerdings genau weißt, dass es dir an bestimmten Kompetenzen mangelt, ist es besser, dein Wissen zu vertiefen oder an deinen Fähigkeiten zu arbeiten. So verringerst du die Gefahr, dass auf den steilen Aufstieg der schnelle Fall folgt, wenn deine Inkompetenz auffällt.

Inkompetenzkompensationskompetenz bei Kollegen: Wie du damit umgehen kannst

Dass andere Menschen vorgeben, jemand zu sein, der sie nicht sind, kommt nicht so selten vor. Auch im Beruf können dir Menschen begegnen, die ihre Unzulänglichkeiten zu verbergen wissen. Das kann anstrengend sein, wenn man auf solche Personen nicht zählen kann. Oder wenn man miterleben muss, wie sie von anderen bewundert und respektiert werden, obwohl man selbst genau weiß, dass alles nur schöner Schein ist. Wie kann man damit umgehen, wenn sich jemand im Kollegenkreis durch Inkompetenzkompensationskompetenz auszeichnet?

Entscheidend ist, warum jemand Inkompetenzkompensationskompetenz entwickelt hat. Es macht einen Unterschied, ob ein Kollege als Vertretung für einen erkrankten Kollegen einspringen musste und nun Aufgaben hat, die eigentlich nicht seinem Kompetenzbereich entsprechen. Das möchte er nicht zugeben – und versucht, seine Inkompetenz zu verstecken.

In solchen Fällen steckt hinter der Inkompetenzkompensationskompetenz keine böse Absicht und die betreffende Person will damit auch nicht glänzen, sondern nur verhindern, dass ihr Ruf leidet. Vor allem, wenn es sich um Menschen handelt, die du grundsätzlich magst, machst du in so einer Situation wahrscheinlich am besten – nichts. Oder du bietest deine Unterstützung an.

Wie du auf Blender-Kollegen reagieren kannst

Anders sieht es aus, wenn ein Kollege sich mit Kompetenzen brüstet, die er ganz sicher nicht hat. Er tritt dabei alles andere als bescheiden auf, sondern macht andere ganz im Gegenteil darauf aufmerksam, was er alles kann und wie kompetent er ist. Solche Menschen sind unangenehm – und haben es nicht verdient, wenn sie mit ihrer Masche Erfolg haben. Dennoch solltest du dir gut überlegen, wie du mit solchen Blendern umgehst. Eine Option ist es, sie unter vier Augen auf deine Einschätzung anzusprechen. Dabei musst du nicht gleich damit drohen, zum Chef zu gehen. Es kann schon einen Unterschied machen, dass die andere Person weiß, dass ihre Inkompetenz aufgeflogen ist.

In manchen Fällen ist es allerdings durchaus angebracht, mit dem Vorgesetzten über die Situation zu sprechen. Das ist am ehesten dann der Fall, wenn das Verhalten des Kollegen negative Auswirkungen auf dich und andere Kollegen hat. Wäge gut ab, wann ein Gespräch mit dem Chef angezeigt ist und wann du lieber zähneknirschend hinnimmst, dass hinter dem kompetenten Auftreten eines Kollegen nichts steckt. Wenn du mit dem Chef sprichst, solltest du möglichst Belege für deine Anschuldigungen haben. Sonst könnte es so wirken, als seist du neidisch auf die betreffende Person. Schlimmstenfalls rückst du nicht den Kollegen in ein schlechtes Licht, sondern dich selbst.

Was du nicht tun solltest: dich endlos über den Aufschneider-Kollegen ärgern. Davon hast du nichts, es macht dir nur schlechte Laune und sorgt für Stress. Außerdem kann es dich von deiner Arbeit ablenken, worunter deine Leistungen leiden können. Besser ist es, deine Energie in deine Arbeit zu stecken – und insgeheim darauf zu hoffen, dass der Kollege früher oder später bekommen wird, was er verdient. Ewig eine Fassade aufrechtzuerhalten gelingt den wenigsten Menschen.

Bildnachweis: nikdesignt / Shutterstock.com

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