Wahrscheinlich hast du den Begriff Mansplaining schon einmal gehört. Er steht für Männer, die Frauen ungewollt Ratschläge geben oder ihnen erklären, wie bestimmte Dinge (angeblich) laufen. Und das in einer herablassenden Art und Weise. An welchen Merkmalen kann man Mansplaining erkennen? Warum ist es so problematisch? Und wie kann man darauf reagieren, wenn man selbst mit Mansplaining konfrontiert wird? Darum geht es in diesem Beitrag.
Was ist Mansplaining? Definition des Begriffs
Mansplaining, was bedeutet das genau? Der Begriff setzt sich aus den Wörtern „man“ (Mann) und „explain(ing)“ (erklären) zusammen. Man spricht bei Mansplaining auf Deutsch auch vom „Herrklären“. Gemeint sind, vereinfacht gesagt, Erklärungen von Männern. Ganz so allgemein kann man Mansplaining allerdings nicht definieren, denn nicht jede Erklärung eines Mannes ist automatisch Mansplaining. Vielmehr kommt es auf die Art und Weise an, in der ein Mann etwas erklärt.
Es war die US-amerikanische Autorin Rebecca Solnit, die das Thema Mansplaining in einem Essay im Jahr 2008 aufs Tableau gebracht hat. Der Beitrag hieß „Men Explain Things to Me“ und beschrieb das Phänomen des Mansplainings, ohne dabei den Begriff Mansplaining zu nennen. Den haben später feministische Blogger geprägt, wobei unklar ist, wer ihn zum ersten Mal verwendet hat. Solnit beschrieb in ihrem Essay eine Interaktion mit einem Mann, der ihr ein Buch erklären wollte – ein Buch, das Solnit geschrieben hatte. Der Mann hörte auch dann nicht mit seinen Ausführungen auf, als er darauf hingewiesen wurde, dass Solnit die Autorin war.
Charakteristisch für Mansplaining ist eine zumeist ungefragte und ungewollte Erklärung von Männern, die sich an ein weibliches Publikum richtet. Der Mann erklärt einer Frau dabei bestimmte Dinge, obwohl sie sich mit dem Thema gut auskennt – in vielen Fällen besser als er selbst. Das sieht der Mann allerdings nicht; er glaubt, dass er selbst kenntnisreicher ist als die Frau. Die Art und Weise, in der er diese Erklärung liefert, ist herablassend und von oben herab. Er stellt die Frau dabei dar, als sei sie dumm oder hätte überhaupt keine Ahnung.
Wann handelt es sich um Mansplaining?
Männer, die anderen etwas erklären – ist das schon Mansplaining? Nein. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit man von Mansplaining sprechen kann. So kommt es darauf an, dass die belehrende Person ein Mann ist und die belehrte Person eine Frau. Zwar wäre Mansplaining theoretisch auch unter Männern vorstellbar, der Begriff bezieht sich nach allgemeiner Auffassung aber in erster Linie auf die Belehrung von Frauen durch Männer.
Entscheidend ist auch, ob die Frau den Mann um eine Erklärung gebeten hat. Ist das der Fall, kann es sich per Definition nicht um Mansplaining handeln. Ebenfalls wichtig ist, wie viel Erfahrung und Wissen die Frau hat und wie viel der Mann – und ob dem Mann das jeweils bewusst ist. Die Journalistin Kim Goodwin hat zur Einordnung, ob eine Erklärung eines Mannes Mansplaining ist, eine Grafik erstellt. Demnach könnte es sich um Mansplaining handeln, wenn ein Mann einer Frau etwas erklärt, ohne dass sie ihn darum gebeten hat.
Nun kommt es noch darauf an, ob der Mann erfahrener auf dem Gebiet ist, um das es geht. Wenn das eindeutig der Fall ist, ist entscheidend, ob Männer mit demselben Hintergrund wie die Frau sich mit dem Thema auskennen würden. Wenn ja, handelt es sich nach Goodwins Darstellung wahrscheinlich um Mansplaining. Falls nicht, kommt es darauf an, ob der Mann die Frau vorher gefragt hat, ob sie eine Erklärung wünscht.
Hat die Frau dieselbe Erfahrung oder der Mann ist nicht sicher, wie gut sie sich auskennt, handelt es sich nach Goodwin wahrscheinlich um Mansplaining. Ist sie hingegen erfahrener, ist es nach Goodwin definitiv Mansplaining.
Mansplaining: Beispiele
Um zur Verdeutlichung nur einige Mansplaining-Beispiele zu nennen:
- Ein Mann erklärt einer Frau, wie sie sich fühlt.
- Ein Mann erklärt einer Frau, wie sie ihren Job zu erledigen hat.
- Ein Mann spielt sich als Profi auf und belehrt eine Frau, die im entsprechenden Thema erfahrener und kompetenter ist als er.
- Ein Mann erklärt einer Frau alles bewusst langsam und simpel, damit sie es versteht.
Mansplaining: Gibt es das wirklich?
Am Begriff des Mansplaining gibt es immer wieder Kritik. Nicht jeder ist überzeugt davon, dass es das Phänomen wirklich in der Form gibt, die typischerweise beschrieben wird, wenn von Mansplaining die Rede ist. Ein häufig vorgebrachter Kritikpunkt: Steckt hinter einer belehrenden Erklärung von Männern wirklich Sexismus, wenn diese sich an Frauen richtet? Hängt es tatsächlich mit dem Geschlecht der anderen Person zusammen? Oder ist es vielmehr die Art des belehrenden Menschen, andere herablassend zu behandeln und oberlehrerhaft aufzutreten?
Kritiker des Begriffs Mansplaining geben zu bedenken, dass das Auftreten als selbsternannter Experte allgemein eher ein Männerding sein könnte. Frauen halten sich tendenziell eher zurück, und wenn sie etwas sagen, tun sie das häufig in einer zurückhaltenderen und wertschätzenderen Art und Weise als Männer. Mit anderen Worten: Männer neigen demnach eher dazu, andere zu unterbrechen und ihnen die Welt zu erklären – und das womöglich unabhängig davon, welches Geschlecht die andere Person hat. Entscheidend ist möglicherweise eher, dass die betreffenden Männer die andere Person als jemanden wahrnehmen, der ihr respektloses Verhalten hinnimmt.
Außerdem geben Kritiker zu bedenken, dass Frauen im Allgemeinen öfter unterbrochen werden als Männer – und zwar nicht nur von Männern. Männer können auch dazu neigen, mehr zu reden als Frauen. Und sie treten oft selbstbewusster auf. Das macht es anderen schwerer, sich ihnen gegenüber aufzuspielen. Es kommt allerdings auch auf die Umstände an: Väter zum Beispiel werden eher von Müttern korrigiert als umgekehrt („Mumsplaining“). Das mag in vielen Fällen damit zusammenhängen, dass die Frau tatsächlich mehr Erfahrung im Umgang mit ihrem Kind hat. Es kann aber auch so sein, dass sie einfach nur glaubt, dass ihr Mann keine Ahnung hat.
Diese Ursachen kann Mansplaining haben
Woran liegt es, dass manche Männer dazu neigen, Frauen in die Parade zu fahren und ihnen etwas zu erklären, mit dem die Frauen sich in Wahrheit wesentlich besser auskennen? Mansplaining kann unterschiedliche Gründe haben.
Nicht immer geschieht es absichtlich; manchen Männern fällt gar nicht auf, wie ihr Verhalten auf die betroffene Person (oder auf Umstehende) wirkt. Wenn es bewusst geschieht, kann Mansplaining als Machtgeste eingesetzt werden. Ein männlicher Beschäftigter möchte sich etwa durch Mansplaining zum Beispiel gegenüber einer Kollegin profilieren. Er belehrt sie dann vor dem versammelten Kollegenkreis und dem Chef in einem Meeting, um selbst kompetenter zu wirken oder die Kollegin auszustechen, weil er sie als Konkurrentin wahrnimmt.
In anderen Fällen glauben Männer, die Mansplaining betreiben, schlicht und einfach, dass sie es besser wissen. Sie fühlen sich erfahrener und kompetenter als die Frau, der sie einen Sachverhalt erklären. Vielleicht haben sie sich auch gar keine Gedanken darüber gemacht, wie kompetent die andere Person ist. Sie halten sich einfach für einen Experten und sind überzeugt davon, dass andere von ihren Erklärungen profitieren.
Hierbei kann der Dunning-Kruger-Effekt eine Rolle spielen. Er beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen glauben, dass sie schlauer (oder besser) sind als es tatsächlich der Fall ist. Sie überschätzen also ihre Fähigkeiten, wobei sie gleichzeitig unterschätzen, wie kompetent andere sind.
In manchen Fällen kann Mansplaining auch mit traditionellen Rollen-Vorstellungen der betreffenden Männer zusammenhängen. Sie haben dann beispielsweise weniger Respekt vor Frauen als vor anderen Männern und sehen Frauen womöglich als „schwaches Geschlecht“, das nicht allzu clever ist. Ebenso kann es sein, dass es einfach die Art eines mansplainenden Mannes ist, es besser zu wissen und ungefragt seine Meinung kundzutun. In diesem Fall zeigt sich das Verhalten wahrscheinlich auch gegenüber anderen Männern.
Warum Mansplaining ein Problem ist
Ob Mansplaining ein Phänomen ist, das im Alltag vielfach auftritt, darüber mag man sich streiten. Oft lässt es sich in der digitalen Sphäre häufiger beobachten als im „echten Leben“. Gerade Expertinnen in höheren Positionen werden nicht selten von anonymen Nutzern angefeindet. Ihre Expertise wird angefeindet, einfach weil sie eine Frau sind.
In dieser Position sind die meisten Frauen nicht. Dennoch kann es auch im Alltag zu Mansplaining kommen – zum Beispiel im Job. Viele Frauen haben es schon erlebt, dass es den neunmalklugen Kollegen gibt, der alles besser weiß. Den Kollegen, der ihnen ungefragt Erklärungen für etwas liefert, das sie selbst bereits wissen. Oder den Kollegen, der sie mitten im Satz unterbricht, und das vor allen anderen.
Kommt es zu Mansplaining am Arbeitsplatz, ist das ein Problem – und zwar nicht nur für die betroffenen Frauen, sondern auch für Arbeitgeber. Wenn ein Mann mansplaint, sorgt das bei Frauen unmittelbar für negative Gefühle, etwa Unmut, Frust und schlechte Laune. Besonders problematisch ist es, wenn der Vorfall sich vor Zuschauern ereignet, zum Beispiel im Teammeeting oder gar vor Kunden. Dann kann die betroffene Frau sich durch das Mansplaining öffentlich gedemütigt fühlen. Zwischen ihr und dem Kollegen kann ein Konflikt entstehen, der Auswirkungen auf das Betriebsklima haben kann.
Mansplaining kann gravierende Auswirkungen haben
Frauen, die am Arbeitsplatz immer wieder Mansplaining erleben, sind mit ihrem Job womöglich weniger zufrieden. Das verringert wahrscheinlich auch automatisch ihre Motivation, was zu geringerem Engagement und schlechteren Leistungen führen kann. Für den Arbeitgeber sinkt damit die Produktivität. Sind gleich mehrere Mitarbeiterinnen betroffen, ist das Problem aus Arbeitgebersicht umso gravierender. Es kann auch sein, dass betroffene Frauen sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen oder Vorschläge einzubringen. Das kann ein Verlust für Teams sein.
Wenn die betroffenen Frauen das Mansplaining als sehr belastend empfinden, haben sie womöglich im Job dauerhaft Stress. Das kann dazu führen, dass sie öfter krankheitsbedingt fehlen, ein Burnout erleiden oder an Depressionen erkranken. Es kann auch sein, dass sie ihren Job kündigen – für Arbeitgeber ärgerlich und vermeidbar. Aus diesem Grund sollten Vorgesetzte feinfühlig für Mansplaining sein und frühzeitig eingreifen, wenn es in ihrem Team entsprechende Vorkommnisse gibt.
Auf Mansplaining reagieren: Das kannst du tun, wenn Männer dir die Welt erklären wollen
Viele Frauen haben Mansplaining schon erlebt oder erleben es regelmäßig. Wie kann man darauf reagieren, wenn Männer einem die Welt erklären wollen? Sollte man es ignorieren oder auf Konfrontationskurs gehen? Das hängt von der Situation und den Umständen ab. Es kommt auch darauf an, in welcher Beziehung du zu dem Mann stehst und, sofern ihr euch kennt, ob ihr euch ansonsten gut versteht.
Ein nicht ganz ernst gemeinter Kommentar eines Freundes – dafür wirst du wahrscheinlich kein Fass aufmachen wollen, wenn du dich grundsätzlich von dieser Person wertgeschätzt fühlst. Einen spitzen Kommentar eines Kollegen hingegen, der immer wieder deine Kompetenz anzweifelt, lässt du womöglich lieber nicht unkommentiert. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, über einen knappen Kommentar hinwegzusehen. In anderen Fällen ist es besser, die Person darauf anzusprechen.
Du kannst zum Beispiel einen Gegenkommentar bringen, mit dem du das respektlose Verhalten des Mannes kommentierst – indirekt und humorvoll oder ganz offen, damit deine Botschaft auch wirklich ankommt. Du könntest zum Beispiel etwas sagen wie „Ich kann mich nicht erinnern, Sie um Ihre Meinung gebeten zu haben. Aber darauf warten Sie ja selten, bevor Sie Ihren Senf dazugeben“ oder auch „Ich wusste ja gar nicht, dass du Experte auf diesem Gebiet bist. Erzähl mir mehr“.
Mansplainenden Männern Grenzen setzen
Du kannst dich auf die Unterhaltung einlassen, um den Mann auflaufen zu lassen. Je tiefer ihr ins Thema einsteigt, desto eher wird offensichtlich werden, dass der Mann keine Ahnung hat – oder jedenfalls weniger als du. Je schlagfertiger und selbstbewusster du dabei auftrittst, desto souveräner werden dich andere wahrnehmen. Und der betreffende Mann überlegt sich beim nächsten Mal womöglich zweimal, ob er wirklich mansplainen soll.
In manchen Fällen ist es immer wieder derselbe Mann, der Mansplaining betreibt. Dann kann ein offenes Gespräch mit dieser Person sinnvoll sein. Vielleicht ist ihm nicht bewusst, wie sein Verhalten auf dich wirkt. Das lässt sich in einem Gespräch klären, und du kannst dabei deutlich Grenzen aufzeigen.
Entscheidend ist nicht nur, wie betroffene Arbeitnehmer auf Mansplaining am Arbeitsplatz reagieren. Auch Arbeitgeber sind an dieser Stelle gefragt: Ihre Aufgabe ist es, Strukturen zu schaffen, in denen es gar nicht erst zu Mansplaining kommt. Sie können zum Beispiel ein Bewusstsein in der Belegschaft für das Thema schaffen. Und sie können eine Unternehmenskultur etablieren, die durch gegenseitige Wertschätzung geprägt ist.
Was Vorgesetzte tun können
Führungskräfte haben dabei eine Vorbildfunktion: Wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, wird Mansplaining unwahrscheinlicher. Hierbei ist auch wichtig, wie sie mit Mansplaining umgehen, wenn sie Zeuge davon werden. Je deutlich Vorgesetzte Männer in Fällen von Mansplaining in die Schranken weisen, desto weniger werden sich die Mitarbeiter trauen.
Ein weiterer Ansatz zur Prävention von Mansplaining kann darin bestehen, digitale Meetings zu überwachen: Wurden dabei Mitarbeiterinnen unterbrochen? Bekamen sie ungebetene Erklärungen von männlichen Kollegen? Falls entsprechende Vorfälle auffallen, sollten Vorgesetzte mit den betroffenen Personen darüber sprechen, um sicherzustellen, dass es nicht noch einmal vorkommt.
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