Arbeitsleben & BerufSelbstständigkeit Vor- und Nachteile: So entscheidest du dich dafür oder dagegen

Selbstständigkeit Vor- und Nachteile: So entscheidest du dich dafür oder dagegen

Den sicheren Job an den Nagel hängen, um selbstständig zu arbeiten? Für viele Arbeitnehmer klingt das nach einem Traum. Eine solche Entscheidung sollte jedoch gut abgewogen werden – darauf kommt es dabei an. Sein eigener Chef sein, flexibel selbst Arbeitszeiten festlegen können und niemandem weisungsgebunden sein – wegen solcher und weiterer Gründe träumen viele Arbeitnehmer davon, sich selbstständig zu machen. Nicht immer entspricht eine selbstständige Tätigkeit jedoch auch den Vorstellungen, die man damit verbunden hat. So entscheidest du, ob du den Sprung in die Selbstständigkeit wagen solltest oder nicht.

Der Traum von der Selbstständigkeit

Nicht nur Menschen, die von ihrem Job – und/oder von ihrem Chef – genervt sind, malen sich hin und wieder aus, wie es wohl wäre, wenn sie selbstständig wären. In Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die selbstständig in freien Berufen tätig sind, seit Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2017 waren es laut Statistischem Bundesamt 1,38 Millionen Menschen – rund 400.000 mehr als noch zehn Jahre zuvor.

Besonders in kulturellen Berufen gibt es viele Selbstständige; auch Ärzte, Rechtsanwälte und Menschen, die freie Heilberufe ausüben, sind vergleichsweise häufig ihr eigener Chef. Ihnen gegenüber stehen rund 44 Millionen Menschen, die in Deutschland angestellt erwerbstätig sind.

Ob eine Selbstständigkeit überhaupt in Frage kommt, hängt in erster Linie mit dem eigenen Beruf zusammen. Nicht immer ist es möglich, freiberuflich zu arbeiten. Wer sich den Sprung in die Selbstständigkeit grundsätzlich vorstellen kann, für den gibt es gravierende Vor- und Nachteile abzuwägen. Nicht zuletzt hängt der Erfolg eines solchen Schrittes auch mit dem eigenen Charakter zusammen.

Viele gute Gründe dafür…

Es gibt viele Vorzüge, die eine Selbstständigkeit attraktiv machen. Dazu zählt einerseits eine maximale Flexibilität. Wer selbstständig ist, kann sich seine Zeit selbst einteilen. Er kann bei gutem Wetter spontan Feierabend machen und an den See fahren oder sich mit Freunden treffen. Auch Urlaubsplanung ist häufig leichter als bei Arbeitnehmern, schließlich braucht niemand um Erlaubnis gefragt zu werden und es gibt in der Regel keine Kollegen, auf die Rücksicht genommen werden muss.

Nicht zuletzt schätzen es viele Selbstständige, dass ihnen niemand Vorgaben machen kann. Auch das gar nicht so unerhebliche Bore-Out an der Arbeit bleibt aus – wenn die Luft raus und für den Tag nichts mehr zu erledigen ist, muss kein Selbstständiger die Zeit bis zum Feierabend absitzen, obwohl er sich längst nicht mehr konzentrieren kann.

Auch der Aspekt der Selbstverwirklichung spielt für viele Existenzgründer eine große Rolle. Wer selbstständig ist, hat die volle Entscheidungsgewalt über seine Tätigkeit inne. Er muss nicht tun, was von ihm verlangt und ihm vorgegeben wird, sondern kann das tun, was er selbst für richtig hält.

Viele Selbstständige wollen nicht wieder angestellt arbeiten

Diese Gründe führen bei vielen Selbstständigen dazu, dass sie sich nach einer gewissen Zeit nicht mehr vorstellen können, wieder in einem angestellten Arbeitsverhältnis tätig zu werden. Zu groß ist die Freiheit und die Vorzüge die damit verbunden sind, als dass sie sich freiwillig wieder jemand anderem unterordnen möchten. Hinzu kommt, dass sie in die eigene Tasche wirtschaften und ihren Verdienst je nach Einsatz und Leistung individuell steigern können. Für andere wiegen hingegen die Nachteile der Freiberuflichkeit schwerer.

…und viele dagegen

So verlockend die Pluspunkte der Selbstständigkeit sein mögen, hat jede freiberufliche Tätigkeit doch auch ihre Schattenseiten. Die große Freiheit ist zwar einerseits attraktiv, kann jedoch auch ins Negative umschlagen – nämlich dann, wenn der wirtschaftliche Druck zu groß wird. Wer selbstständig tätig ist, trägt das alleinige wirtschaftliche Risiko für seine Existenz – und möglicherweise auch für weitere Angehörige oder Familienmitglieder.

In Zeiten, in denen das Geschäft schleppend läuft, kann das zu einer großen Belastung werden. Auch der finanzielle Aufwand ist groß, schließlich müssen Freiberufler in den meisten Fällen für alle Sozialausgaben selbst aufkommen. Ausnahmen bestehen für in künstlerischen Berufen tätige Menschen durch die Künstlersozialkasse, die für ihre Pflichtversicherten die Hälfte der Kosten für Sozialversicherungen trägt. Allerdings ist es mitunter äußerst schwierig, einen positiven Bescheid der Künstlersozialversicherung zu bekommen.

Während Selbstständige zwar häufig viel Abwechslung im Beruf haben, können die Schwankungen in der Auftragslage jedoch auch zur Belastungsprobe werden. Während ein Angestellter in aller Regel jeden Monat ein festes Gehalt bekommt, verdienen Freiberufler nur so viel, wie sie auch arbeiten.

Keine Absicherung bei Krankheit

Auch im Fall von Krankheit haben Selbstständige das Nachsehen – während ihr Lohn in einem Angestelltenverhältnis fortgezahlt würde, verdienen sie in dieser Zeit eben nichts. Die finanzielle Sicherheit ist generell vor allem in der Anfangszeit gering. Auch sind die Ausgaben, die mit einer Existenzgründung verbunden sind, zunächst hoch. Dafür werden Rücklagen benötigt, die nicht jeder in der nötigen Höhe hat.

Ein weiterer, für viele negativer Aspekt hängt mit dem Arbeitsort zusammen. Viele Selbstständige arbeiten von zuhause aus. Das klingt für viele zwar zunächst gut, aber die üblichen Sozialkontakte fehlen dann – zumindest in dem Umfang, wie sie bei einem regulären Beschäftigungsverhältnis an der Tagesordnung sind. Vielen Selbstständigen macht das zu schaffen. Eine Lösung können etwa Coworking-Spaces darstellen.

Selbstständige brauchen einen langen Atem

Ein wichtiger Punkt, den viele Existenzgründer unterschätzen, ist, dass es lange dauern kann, bis sich die ersten Erfolge einstellen. Für viele Selbstständige vergehen Jahre, bis sie sich ein einigermaßen sicheres finanzielles Standbein mit ihrer Tätigkeit erarbeitet haben.

So sind es selten die ersten Ideen, die sich am Ende auch als zielführend und sinnvoll erweisen. Stattdessen müssen Pläne meist immer wieder überarbeitet und an die Gegebenheiten angepasst werden.

Nicht wenige Selbstständige stellen im Laufe der Zeit fest, dass die Selbstständigkeit – trotz all ihrer Vorteile – doch nichts für sie ist.

Eine Frage des Typs

Ob die Selbstständigkeit der richtige Schritt ist, hängt deshalb nicht nur von der Branche, dem Beruf und der eigenen Erfahrung ab, sondern auch davon, was für ein Typ man ist. Wer erfolgreich als Freiberufler sein möchte, muss Geduld haben – und bereit sein, in vielen Fällen wesentlich mehr Stunden pro Woche zu arbeiten als ein Angestellter und Durststrecken zu überstehen.

Vielen sind die Unsicherheiten am Ende zu groß. Auch erfordert eine selbstständige Tätigkeit sehr viel Disziplin, denn schließlich gibt es keinen Chef, der sich beschwert, wenn du schon am frühen Nachmittag aufgrund des guten Wetters Feierabend machst – aber für die finanzielle Lage kann dies eben problematisch werden.

Neben dem meist hohen Arbeitspensum ist auch die Arbeit im eigenen Büro, vor allem, wenn es sich in den eigenen vier Wänden befindet, nicht für jeden geeignet. Vielen Arbeitstätigen tut es gut, sich jeden Tag mit Kollegen auszutauschen – und zwar nicht nur fachlich, sondern auch privat, etwa bei der gemeinsamen Mittagspause. Dieser Aspekt fällt für viele Selbstständige weg.

Vor- und Nachteile gründlich abwägen

Bevor du deinen alten Job an den Nagel hängst und dich selbstständig machst, solltest du gründlich darüber nachdenken, ob eine freiberufliche Tätigkeit in deinem Fall wirklich sinnvoll ist. Bist du davon überzeugt, dass du den nötigen langen Atem mitbringst, um als Freiberufler zu gegebener Zeit erfolgreich zu sein? Bist du bereit, über lange Zeit hinweg großen persönlichen Einsatz zu erbringen – oft weit über den Einsatz eines angestellten Kollegen hinaus?

Auch deine Berufserfahrung spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Es ist wichtig, dass du die Branche gut kennst, in der du dich selbstständig machen möchtest. Auch Kontakte sind hier häufig sehr wertvoll.

Das Risiko, das mit einer Existenzgründung verbunden ist, muss dir klar sein. Möchtest und kannst du dieses, auch über einen längeren Zeitraum hinweg, tatsächlich tragen? Bist du überzeugt von deiner Idee und dir selbst? Mache dir klar, dass dir je nach Branche finanzielle Einbußen drohen – und zwar in vielen Fällen dauerhaft, nicht nur in der ohnehin meist schwierigen Übergangsphase.

Stundenlohn ausrechnen

Bei dieser Überlegung spielt auch der Stundenlohn eine Rolle, den du anpeilst. Beachte zur Berechnung dessen, was du minimal verdienen musst, um deine Existenz zu sichern, unbedingt alle Ausgaben. Viele Kosten hast du womöglich gar nicht auf dem Schirm.

Zu den steuerlichen Lasten kommen Sozialversicherungsbeiträge, Mieten, Kosten für Altersvorsorge, Versicherungen und gegebenenfalls Mitgliedsbeiträge. Nicht zuletzt verschlingt die eigentliche Gründung samt der dafür nötigen Grundausstattung – etwa des eigenen Büros oder der Kosten für einen Internetauftritt – meist wesentlich höhere Kosten, als viele meinen.

Durchdachte Ziele festlegen

Informiere dich auch über alle nötigen Schritte, um dich selbstständig zu machen. Hier ist viel Papierkram zu erledigen, der einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Auch ein überzeugender Businessplan ist von essenzieller Bedeutung – schließlich musst du wissen, was für ein Ziel du mit deiner Arbeit verfolgst. Beachte dabei auch, welche Bereiche schon gesättigt sind und wo möglicherweise eine Nische liegt, die du im besten Fall erfolgreich besetzen kannst.

Erst wenn alle Fragen geklärt sind, solltest du deinen alten Job kündigen. Es ist auch denkbar, dass du beides eine Zeit lang parallel laufen lässt, bis du in deinem künftigen Gebiet als Selbstständiger zumindest ein Stück weit Fuß gefasst hast.

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