Wenn Veränderungen im Betrieb geplant sind, kann das ein Nachteil für Beschäftigte sein. Oft sind im selben Zug Stellenkürzungen geplant. Ein Sozialplan, auf den sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einigt, soll Nachteile für die Mitarbeiter abmindern. Was genau ist ein Sozialplan und was regelt er? Wann ist er erforderlich? Und wie gut stehen die Chancen auf eine Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen? Das und mehr erfährst du hier.
- Sozialplan: Was das ist und welchen Zweck er hat
- Wann ist ein Sozialplan nötig?
- Geltungsbereich eines Sozialplans: Wer kann sich darauf beziehen?
- Sozialplan: So ist der Ablauf
- Interessenausgleich vs. Sozialplan: Was unterscheidet sie?
- Kündigung nach Sozialplan: Regeln für betriebsbedingte Kündigungen
- Sozialplanabfindung: Wann besteht Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigungen?
Sozialplan: Was das ist und welchen Zweck er hat
Betriebliche Veränderungen gehen häufig zulasten der Beschäftigten: Umstrukturierungen oder die Schließung von Zweigstellen bringen in der Regel betriebsbedingte Kündigungen mit sich. Für solche Fälle ist das Instrument Sozialplan gedacht. Dabei handelt es sich um eine verbindliche Übereinkunft von Arbeitgeber und Betriebsrat. Durch einen Sozialplan sollen die Interessen der Beschäftigten gewahrt werden, indem drohende Nachteile durch die betrieblichen Veränderungen abgemildert werden.
Wichtige rechtliche Grundlagen von Sozialplänen sind die Paragrafen § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 112 BetrVG und § 112a BetrVG. Wenn ein Sozialplan aufgestellt wird, muss er bestimmte Kriterien erfüllen. So muss er beispielsweise schriftlich festgehalten und von beiden Seiten – Arbeitgeber und Betriebsrat – unterzeichnet werden. Erst dann ist ein Sozialplan gültig und entfaltet seine bindende Wirkung.
Die Regelungen des Sozialplans sind das Resultat von Verhandlungen, die der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber geführt hat. Dabei geht es darum, Nachteile von Betriebsänderungen durch geeignete Maßnahmen soweit wie möglich auszugleichen – etwa durch Abfindungen. Was genau im Sozialplan geregelt ist, hängt darüber hinaus davon ab, welche Veränderungen im Betrieb geplant sind.
Typische Inhalte von Sozialplänen
Viele Sozialpläne enthalten die folgenden Inhalte:
- Angaben zur Höhe von Abfindungen im Fall von betriebsbedingten Kündigungen
- Lohnausgleich bei Versetzungen
- Regelungen zu Freistellungen
- Regelungen zu Arbeitszeugnissen im Fall von Kündigungen
- Höhe von Zuschüssen zu staatlichen Leistungen wie Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld
- Besitzstandsklauseln, die bestimmte Ansprüche von Beschäftigten sichern
- Kostenübernahme für Umschulungen und Weiterbildungen
- Kostenübernahme für Umzüge und Fahrten
- Regelungen zur Betriebsrente
- Härtefallklauseln
Wann ist ein Sozialplan nötig?
Ob ein Sozialplan von Betriebsrat und Arbeitgeber aufgestellt wird, ist keine Frage des Zufalls. Vielmehr kann ein Sozialplan bei geplanten betrieblichen Veränderungen verpflichtend sein. Das setzt voraus, dass es in der Firma einen Betriebsrat gibt – andernfalls gibt es niemanden, der den Sozialplan mit dem Arbeitgeber aushandeln könnte. Außerdem müssen die beabsichtigten Betriebsänderungen Nachteile für die Mitarbeiter des Betriebs mit sich bringen oder das Risiko hierfür muss zumindest bestehen.
Es kommt auch auf die Größe des Unternehmens an. Kleinere Firmen, in denen regelmäßig höchstens 20 Mitarbeiter arbeiten, sind von der Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans ausgenommen. Dasselbe gilt für Neugründungen in den ersten vier Jahren der Geschäftstätigkeit.
In größeren Firmen kann ein Sozialplan Pflicht sein
- 111 BetrVG gibt Genaueres vor: Demnach sind Arbeitgeber, die regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Beschäftigte haben, dazu verpflichtet, den Betriebsrat über geplante Änderungen in der Firma zu unterrichten. Das gilt dann, wenn den Beschäftigten durch die Veränderungen wesentliche Nachteile drohen. Dabei müssen nicht zwingend alle Mitarbeiter betroffen sein: Ein Sozialplan ist auch nötig, wenn erhebliche Teile der Belegschaft Nachteile durch Betriebsänderungen haben könnten.
Arbeitgeber sind unter anderem in den folgenden Szenarien dazu verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig über geplante Veränderungen zu informieren:
- wenn der Betrieb geschlossen werden soll
- wenn einzelne Abteilungen geschlossen werden sollen
- wenn Stellenkürzungen in nennenswertem Umfang geplant sind
- wenn der Betrieb an einen anderen Standort verlegt werden soll
- wenn die betriebliche Organisation grundlegend geändert werden soll
- wenn ein Zusammenschluss mehrerer Betriebe geplant ist
- bei der Einführung neuer Fertigungs- und Arbeitsmethoden
Geltungsbereich eines Sozialplans: Wer kann sich darauf beziehen?
In einer Firma wird ein Sozialplan aufgestellt – gilt er für alle Beschäftigten? Grundsätzlich beziehen sich die Regelungen eines Sozialplans auf alle Beschäftigten in einem Unternehmen, denen durch geplante betriebliche Änderungen gravierende Nachteile drohen. Im Zweifel gibt der Sozialplan selbst Aufschluss über seinen Geltungsbereich: Darin ist vermerkt, wer sich darauf beziehen kann.
Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht willkürlich benachteiligen. Das gilt auch, wenn es um einen Sozialplan geht. Aus diesem Grund macht es grundsätzlich keinen Unterschied, was für eine Art von Beschäftigungsverhältnis jemand hat. Ob jemand in Vollzeit arbeitet, in Teilzeit tätig ist, sein Arbeitsverhältnis befristet ist oder er eine Ausbildung macht, ist irrelevant. Auch die Dauer der Mitarbeit spielt keine Rolle. Ebenso wenig sind Mitarbeiter, deren Arbeitsvertrag gekündigt wurde, automatisch vom Geltungsbereich eines Sozialplans ausgeschlossen.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht und die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) führen dazu, dass eine Ungleichbehandlung nicht zulässig wäre. Es kann jedoch Ausnahmen geben, in deinen eine unterschiedliche Behandlung erlaubt ist. Der Arbeitgeber muss dazu einen guten Grund vorbringen können. In vielen Fällen ist es etwa so, dass leitende Angestellte sich nicht auf die Regelungen eines Sozialplans beziehen können. Ihre Ansprüche sind dann aber üblicherweise an anderer Stelle geregelt.
Sozialplan: So ist der Ablauf
Die Aufstellung eines Sozialplans folgt einem gängigen Verfahren. Zunächst ist der Arbeitgeber gefragt, den Betriebsrat frühzeitig über geplante betriebliche Veränderungen in Kenntnis zu setzen. Über diese Änderungen muss er umfassend Auskunft geben, damit der Betriebsrat die Konsequenzen der Maßnahmen abschätzen kann. Der Arbeitgeber muss dabei auch darauf zu sprechen kommen, welche Auswirkungen die Veränderungen auf die Beschäftigten oder einzelne Beschäftigte haben können.
Im nächsten Schritt stehen Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber an. Dabei geht es um die grundlegenden Inhalte des Sozialplans und ihre konkrete Ausgestaltung. Der Betriebsrat versucht dabei, das beste Ergebnis für die Beschäftigten herauszuholen, die er gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Der Arbeitgeber möchte in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen möglichst wenige Zugeständnisse machen. Wenn beide Seiten sich geeinigt haben, wird der Sozialplan schriftlich fixiert.
Es kann sein, dass eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht möglich ist. Das kommt vergleichsweise häufig vor, denn Betriebsrat und Arbeitgeber haben naturgemäß unterschiedliche Interessen – noch dazu geht es meist um viel Geld. Falls sich die Verhandlungspartner nicht einigen können, kann eine Einigungsstelle angerufen werden. Dabei handelt es sich um ein Gremium, das für diesen Zweck erst noch gegründet werden muss. Die Einigungsstelle besteht aus einem Vorsitzenden, der eine neutrale Position einnimmt, und Beisitzern, die zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Betriebsrat berufen werden. Die Einigungsstelle kann dann in strittigen Fragen eine bindende Entscheidung treffen.
Interessenausgleich vs. Sozialplan: Was unterscheidet sie?
Im Rahmen von Betriebsänderungen geht es meist nicht nur um einen Sozialplan, sondern auch um einen Interessenausgleich. Handelt es sich dabei um unterschiedliche Dinge? Ja, tatsächlich gibt es Unterschiede zwischen Interessenausgleich und Sozialplan. Es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten: In beiden Fällen stehen Veränderungen in der Firma im Raum, über die Arbeitgeber und Betriebsrat verhandeln.
Ein Interessenausgleich ist einem Sozialplan jedoch vorgeschaltet. Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen informiert, diskutieren beide Seiten zunächst über grundlegende Aspekte. Dazu gehört auch die Frage, ob es überhaupt zu Änderungen kommen muss, wie genau sie aussehen sollen und ob es alternativen Maßnahmen gibt. Statt betriebsbedingter Kündigungen könnte sich der Arbeitgeber etwa zu Instrumenten wie Kurzarbeit oder Versetzungen entschließen. Auch zusätzliche Qualifikationen für Beschäftigte, Teilzeitarbeit oder Altersteilzeit können alternative Lösungen sein.
Betriebsrat: Mehr Mitbestimmungsrechte beim Sozialplan
Der Betriebsrat hat beim Interessenausgleich ein Mitwirkungsrecht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber zu Verhandlungen mit dem Gremium verpflichtet ist, wenn er betriebliche Änderungen beabsichtigt. Es ist jedoch der Arbeitgeber, der am Ende entscheidet, wie diese Änderungen aussehen sollen. Anders beim Sozialplan: Der Betriebsrat kann einen Sozialplan erzwingen und seine Zustimmung ist entscheidend.
Ein Interessenausgleich legt damit den Grundstein für weitere Verhandlungen. Er ist gegenüber einem Sozialplan insofern vorrangig, als dass dabei noch bessere Lösungen für die Beschäftigten gefunden werden können, indem etwa Kündigungen abgewendet werden. Bei einem Sozialplan geht es hingegen darum, schon beschlossene Nachteile für Arbeitnehmer durch geeignete Maßnahmen abzumildern.
Kündigung nach Sozialplan: Regeln für betriebsbedingte Kündigungen
Die Tatsache, dass es einen Sozialplan gibt, bedeutet für Beschäftigte, dass Einschnitte auf sie zukommen. Der Sozialplan selbst ist aber eine gute Nachricht, denn er mildert die Nachteile ab, die für Mitarbeiter mit Betriebsänderungen verbunden sind. In der Regel ist im Zuge von Betriebsänderungen ein Stellenabbau geplant. Der Sozialplan regelt diese Kündigungen. Er befasst sich dann typischerweise damit, wem der Arbeitgeber kündigen darf und in welcher Reihenfolge die Beschäftigten von einer Kündigung betroffen sein können.
Häufig enthält ein Sozialplan für Kündigungen ein Punktesystem. Ein solches Punktesystem macht nachvollziehbar, wer eine betriebsbedingte Kündigung erhält und wer seinen Job behalten kann. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt. Üblich sind die folgenden Aspekte:
- das Alter des Beschäftigten
- die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- die familiäre Situation: gibt es Kinder, die der Beschäftigte versorgen muss?
- mögliche Unterhaltspflichten gegenüber einem Ehepartner
Kündigung nach Punktesystem
Je nach Sozialplan kann die Gewichtung der einzelnen Aspekte leicht unterschiedlich ausfallen. Häufig werden ein Punkt pro Lebensjahr und ein Punkt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vergeben, zwei Punkte pro Kind und vier Punkte für Unterhaltspflichten.
Beschäftigte, die durch das Punktesystem weniger Punkte erhalten, erhalten folglich als Erstes die Kündigung, während Mitarbeiter mit einer höheren Punktezahl eher von betriebsbedingten Kündigungen verschont bleiben. Solche Regelungen im Sozialplan zur Kündigung sollen Mitarbeiter schützen, die wegen ihrer Lebenssituation als besonders schutzwürdig eingestuft werden. Eine Kündigung würde sie übermäßig hart treffen – zum Beispiel, weil sie wegen ihres Alters womöglich Schwierigkeiten hätten, einen neuen Job zu finden.
Sozialplanabfindung: Wann besteht Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigungen?
Die Zusicherung einer Abfindung für gekündigte Beschäftigte ist oft ein zentraler Bestandteil von Sozialplänen. Die Zahlungen des Arbeitgebers sollen die Nachteile ausgleichen, die den Betroffenen durch die Kündigung entstehen. Im Sozialplan ist häufig geregelt, wie hoch die Abfindung ausfallen muss. Hierzu gibt es keine gesetzlichen Regelungen; entscheidend ist, welche Übereinkünfte Arbeitgeber und Betriebsrat treffen.
Was entscheidet darüber, wie hoch eine Abfindung im Rahmen von betriebsbedingten Kündigungen ausfällt? Zur Berechnung der Höhe von Abfindungen können in einem Sozialplan verschiedene Methoden genutzt werden. Oft geschieht dies in Form einer simplen Rechenformel, in die verschiedene Faktoren einfließen. Das betrifft üblicherweise das bisherige Gehalt, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und einen Faktor. Die Höhe der Abfindung kann auch mithilfe eines Punktesystems berechnet werden. Es gibt hierfür auch Tabellen.
In vielen Fällen werden zur Festlegung der Abfindung im Sozialplan individuelle Merkmale herangezogen. Neben dem Alter der Arbeitnehmer kann das ihren Familienstand und ihre Aussichten am Arbeitsmarkt nach der Kündigung betreffen. Häufig werden Sonderregelungen für bestimmte Gruppen von Beschäftigten festgelegt, etwa für Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung oder Mitarbeiter kurz vor der Rente.
Unterschiedliche Abfindungen: Mit Sachgrund möglich
Wichtig zu wissen: Es ist grundsätzlich möglich, die Höhe der Abfindung unabhängig vom Sozialplan individuell mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Wer gute Argumente vorbringen kann, kann womöglich eine höhere Abfindung aushandeln – einen Versuch kann es wert sein.
Unterschiede in der Höhe der Abfindung zwischen den Mitarbeitern sind damit nicht nur keine Seltenheit, sondern in der Regel üblich. Eine ungleiche Behandlung ist dann zulässig, wenn sie einen Sachgrund hat. Es kann zu Beispiel erlaubt sein, wenn jüngere Beschäftigte mehr Geld bekommen als ältere Mitarbeiter, die ohnehin in Kürze in Rente gehen werden. Ebenso kann es zulässig sein, wenn Mitarbeiter kurz vor der Rente gar keinen Abfindungsanspruch haben. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Betroffenen mit Abschlägen bereits in Rente gehen können oder sie für die verbleibende Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Arbeitslosengeld beziehen können.
Bildnachweis: dotshock / Shutterstock.com