Einen Termin beim Arzt zu bekommen, kann vor allem für Vollzeit-Berufstätige zum Problem werden. Wer während der Arbeitszeit zum Arzt gehen möchte oder muss, sollte diese Aspekte beherzigen.
Ganz egal, ob es um den Orthopäden geht, einen Frauenarzt oder schlicht den Hausarzt – auf einen Termin beim Arzt muss man mitunter lange warten. In anderen Fällen sind nur Termine möglich, die mitten am Tag angesetzt sind. Berufstätige stellt das häufig vor ein Problem.
Vor oder nach der Arbeit sind die Termine besonders begehrt, da auch die meisten anderen Berufstätigen zu diesen Zeiten zum Arzt gehen. Entsprechend lange kann es dauern, bis man einen Termin bekommt. Wer nicht so lange warten möchte oder kann, geht während der Arbeitszeiten zum Arzt. Das ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
In diesen Fällen ist ein Arztbesuch während der Arbeitszeit erlaubt
Arztbesuche während der Arbeitszeit sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sehr konkret ist der entsprechende Paragraph 616 jedoch nicht: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“. Wie genau sich die „nicht erhebliche Zeit“ bemisst, wird hier nicht präzisiert.
Grundsätzlich gilt deshalb, dass Arbeitnehmer versuchen sollten, außerhalb ihrer Arbeitszeit zum Arzt zu gehen. Das ist jedoch nicht immer möglich. Ob ein Arztbesuch während der Arbeitszeit erlaubt ist, hängt davon ab, wie dringlich der Grund für diesen ist. Wer akute und heftige Schmerzen hat, darf meist ebenso unmittelbar zum Arzt gehen wie jemand, der einen Arbeitsunfall hat.
Wichtig ist dabei, wie dringend eine Behandlung nötig ist. Ein anderes Beispiel sind Zahnplomben, die herausfallen. Für den Betroffenen ist das unter Umständen sehr störend, aus medizinischer Sicht ist jedoch keine unmittelbare Behandlung nötig – der Arbeitnehmer muss in diesem Fall eine gewisse Wartezeit auf einen Termin beim Zahnarzt in Kauf nehmen.
Handelt es sich um weniger akute Fälle, ist ein Arztbesuch während der Arbeitszeit dennoch unter Umständen möglich. Das ist dann der Fall, wenn eine Behandlung zu keinem anderen Zeitpunkt möglich ist – etwa ein Termin zum Blutabnehmen, das morgens erfolgen muss. Falls der Arbeitnehmer diesen Termin jedoch vor seinem Arbeitsbeginn wahrnehmen könnte, muss er das tun.
Wenn die Notwendigkeit für einen Arzttermin während der Arbeitszeit gegeben ist, muss der betroffene Arbeitnehmer die an der Arbeit verlorene Zeit nicht nach dem Arzttermin nacharbeiten. Anders kann es sich in einem Gleitzeit-Modell verhalten (siehe unten).
Diese Fälle sind grenzwertig
Problematisch sind Arztbesuche während der Arbeitszeit hingegen dann, wenn sie weder dringlich sind noch ein Besuch während der Arbeitszeit unbedingt erforderlich ist. Wenn du einen Routinetermin beim Zahnarzt ausmachst, solltest du diesen also in deine Freizeit legen.
Wenn ein Termin in der Freizeit nicht möglich ist, solltest du wenigstens versuchen, den Besuch beim Arzt in Randzeiten deiner Arbeit auszumachen. Wenn du hingegen mitten in deinem Arbeitstag einen Arzt aufsuchst, fällst du für deinen Chef länger aus. Falls du nach dem Arztbesuch noch zurück zur Arbeit gehst, musst du dich direkt dorthin begeben. Ein Stopp beim Supermarkt ist also nicht in Ordnung. Es ist deine Pflicht als Arbeitnehmer, den Schaden für deinen Arbeitgeber so gering wie möglich zu halten.
Letztlich gilt: Arztbesuche während der Arbeitszeit sind eine Frage des Einzelfalls. Neben den Gründen für den Arztbesuch zählt immer auch die Einstellung des Chefs zu solchen Terminen – der eine toleriert Zahnarztbesuche mitten am Tag, der andere hingegen sieht selbst relativ dringende Termine in der Arbeitszeit kritisch oder versucht gar, diese zu verbieten. Falls es zum Streit kommt, können solche Fälle sogar vor einem Arbeitsgericht landen.
Lohnfortzahlung während des Arztbesuchs
Ob du während eines Arztbesuchs während der Arbeitszeit trotzdem Anspruch auf Bezahlung hast, hängt vom Einzelfall ab. Hier gilt im Prinzip dasselbe wie für den Besuch eines Arztes während der Arbeitszeit an sich: Die Dringlichkeit entscheidet. Wenn der Termin beim Arzt unmittelbar notwendig ist, hast du auch Anspruch auf eine Lohnfortzahlung während deiner Abwesenheit.
Dasselbe gilt für Arztbesuche, die zu keiner anderen Zeit stattfinden können oder wo eine längere Wartezeit auf einen alternativen Termin dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann. Auch dann muss dir dein Gehalt trotz deiner Abwesenheit weiter gezahlt werden.
Das gilt für Vorsorgeuntersuchungen
Vorsorgeuntersuchungen gehören nicht zu den Arztterminen, die zeitnah notwendig sind. Insofern solltest du immer versuchen, solche Termine auf Zeiten zu legen, in denen du nicht arbeitest. Da einem solchen Besuch kein akutes, behandlungswürdiges Problem zugrunde liegt, musst du selbst längere Wartezeiten auf einen Termin in Kauf nehmen. Auch kann es in Ordnung sein, wenn dein Arbeitgeber von dir verlangt, dass du für eine Vorsorgeuntersuchung Urlaub nimmst.
Regelmäßige Arztbesuche
In manchen Fällen ist es nötig, regelmäßig über einen bestimmten Zeitraum einen Arzt aufzusuchen. Das ist etwa der Fall, wenn dir eine aufwendige Zahnbehandlung bevorsteht, für die du mehrfach in kürzerer Zeit zum Zahnarzt musst. Und bei Rückenproblemen kann es passieren, dass du ein- oder sogar zweimal in der Woche zur Physiotherapie gehen musst. Je öfter du auf der Arbeit fehlst, desto wichtiger ist es, diese Termine nach Möglichkeit in deine Freizeit zu legen.
Wofür dein Arbeitgeber dich freistellen muss, hängt wiederum von der Dringlichkeit der Besuche ab. Ist der Sinn des Besuchs fraglich, ist es umso schwieriger, dafür frei zu bekommen. Anders verhält es sich, wenn die medizinische Notwendigkeit gegeben zu sein scheint – etwa für regelmäßige PRT-Spritzen bei Bandscheibenproblemen.
Begleitung anderer Personen
In manchen Fällen geht es bei einem Arztbesuch gar nicht um den Arbeitnehmer selbst, sondern um einen Angehörigen oder eine andere Person, die Begleitung benötigt. Das ist etwa bei jüngeren Kindern oder gebrechlichen Familienmitgliedern der Fall.
Für die Begleitung anderer Personen zum Arzt gilt dasselbe wie für Fälle, in denen du selbst zum Arzt musst. Möglich ist dies während deiner Arbeitszeiten prinzipiell nur, wenn es zu diesem Zeitpunkt notwendig ist – egal, ob wegen eines akuten medizinischen Problems oder weil ein anderer Termin nicht oder nicht früh genug möglich ist.
Die Begleitung der betreffenden Person zum Arzt muss jedoch erforderlich sein und gegebenenfalls nachgewiesen werden.
Besonderheiten bei Teilzeit und Gleitzeit
Wer in Teilzeit arbeitet oder bei wem am Arbeitsplatz ein Gleitzeitmodell etabliert ist, der hat es meist sehr viel schwerer, einen Arztbesuch während der Arbeitszeit durchzusetzen.
Wenn du in Teilzeit arbeitest, wird in der Regel von dir verlangt, Arztbesuche ausschließlich auf deine Freizeit zu legen – schließlich, so die Denkweise, hast du ja noch viel freie Zeit nach oder vor der Arbeit. Das gilt umso mehr, je weniger Stunden du arbeitest. Ob ein Arztbesuch während der Arbeitszeit dennoch gerechtfertigt ist, hängt wiederum von der Dringlichkeit und der Notwendigkeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Arzt zu gehen, ab.
Wer Gleitzeit arbeitet, kann seine Arbeitszeiten relativ flexibel nach vorne oder hinten verschieben. Das führt dazu, dass meist von dir erwartet wird, dass du vor oder nach der Arbeit zum Arzt gehst. Du kannst danach etwa später anfangen und dafür länger arbeiten. Wenn du dennoch während deiner Arbeitszeit zum Arzt gehst, steht dir in der Regel keine Lohnfortzahlung zu – es sei denn, es gibt eine innerbetriebliche anderweitige Regelung.
Immer den Chef informieren
Ganz egal, zu welchen Urteilen Gerichte bezüglich Arztbesuchen in der Arbeitszeit gekommen sind und wie die rechtlichen Regelungen aussehen – du bist immer gut beraten, offen mit deinem Chef über anstehende Arztbesuche zu reden. Wenn du Glück hast, akzeptiert dein Vorgesetzter sogar Termine während deiner Arbeitszeit, die nicht unmittelbar nötig sind. Ein Gespräch hilft auch, mögliche Streitpunkte und Missverständnisse zu vermeiden.
Wenn du wegen eines Arztbesuchs auf der Arbeit fehlst, solltest du dies deinem Arbeitgeber unbedingt vorab mitteilen – so, wie du ihn auch über ein Fehlen wegen Krankheit informieren würdest. Wenn du ohne Mitteilung nicht zur Arbeit erscheinst, riskierst du eine Abmahnung.