AllgemeinKarenzentschädigung: Wann muss sie gezahlt werden?

Karenzentschädigung: Wann muss sie gezahlt werden?

Manche Arbeitsverträge sehen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor. Beschäftigte dürfen dann für einen gewissen Zeitraum keinen vergleichbaren Job annehmen. Um die damit einhergehenden finanziellen Nachteile auszugleichen, müssen Arbeitgeber im Gegenzug eine Karenzentschädigung zahlen. Wie hoch ist die Karenzentschädigung? Wie wirkt sich ein neuer Job auf die Ansprüche aus? Was kann man tun, wenn der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht zahlt? Das und mehr erfährst du in unserem Überblick.

Karenzentschädigung: Was ist das?

Ein Arbeitnehmer darf nicht gleichzeitig für einen Konkurrenten seines Arbeitgebers tätig sein. Das könnte diesem schaden. Dieser Grundsatz gilt generell in Beschäftigungsverhältnissen, er bedarf keiner expliziten Regelung im Arbeitsvertrag. Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitsverhältnis endet. Normalerweise hat der Arbeitgeber dann keinen Einfluss mehr darauf, welchen Job sich der Ex-Mitarbeiter sucht. In manchen Fällen wird eine anschließende Konkurrenztätigkeit jedoch durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag ausgeschlossen.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besagt, dass ein Beschäftigter für eine bestimmte Zeitspanne in einem räumlich begrenzten Bereich keine vergleichbare Tätigkeit aufnehmen darf. Das Wettbewerbsverbot darf höchstens zwei Jahre dauern. Besonders häufig wird ein solches Wettbewerbsverbot bei Geschäftsführern und anderen hochrangigen Mitarbeitern eingesetzt. Sie haben ein deutlich größeres Wissen über die Geschäftsvorgänge als einfache Angestellte.

Kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot stellt einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, die durch Artikel 12 des Grundgesetzes geschützt ist. Für die Betroffenen besonders gravierend: Sie haben keinen Job, dürfen aber nicht in Bereichen auf Jobsuche gehen, in denen sie vermutlich die besten Chancen hätten.

Trotzdem kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtens sein. Um damit einhergehende Nachteile auszugleichen, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung durch den ehemaligen Arbeitgeber. Die Bezeichnung leitet sich von dem lateinischen Wort für „Verzicht“ oder „Entbehrung“ ab. Ein Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung ist grundsätzlich unwirksam. Arbeitgeber sind verpflichtet, Betroffenen jeden Monat einen Teil ihres ehemaligen Gehalts weiterzuzahlen.

Aus verschiedenen Gründen kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag unwirksam sein. Dann haben Arbeitnehmer die Wahl: Sie können doch für die Konkurrenz tätig werden oder die Karenzentschädigung trotz der unwirksamen Klausel vom Arbeitgeber einfordern.

Wie hoch ist die Karenzentschädigung?

Die Höhe der Karenzentschädigung für Geschäftsführer und andere Beschäftigte wird individuell festgelegt. Mit welcher Summe Betroffene rechnen können, steht im Arbeitsvertrag. Es gibt jedoch eine Untergrenze: Betroffenen steht mindestens die Hälfte ihres üblichen Einkommens zu. So sieht es § 74 des Handelsgesetzbuchs (HGB) vor. Unabhängig von der Mindestkarenzentschädigung kann auch eine höhere Karenzentschädigung vereinbart werden.

Bei der Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung werden alle regelmäßigen Bestandteile der Vergütung zugrunde gelegt. Damit wirken sich nicht nur Lohn oder Gehalt auf die Ansprüche von Beschäftigten aus. Auch mögliche Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Sachleistungen oder geldwerte Vorteile wie Dienstwagen, die auch privat genutzt werden dürfen, fließen in die Berechnung ein.

Dass bei einer Karenzentschädigung selbst Dienstwagen, Gutscheine und Boni angerechnet werden, liegt daran, dass in § 74 HGB als Bemessungsgrundlage von den „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“ die Rede ist. Dass entsprechende Bezüge eingerechnet werden, setzt voraus, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Bezüge hatte und er sie auch tatsächlich erhalten hat. Will der Arbeitgeber das mit einer Regelung im Arbeitsvertrag ausschließen, wird die Klausel unwirksam. Auch eine zu niedrige Karenzentschädigung ist unwirksam und damit nichtig.

Eine Karenzentschädigung wird prinzipiell solange gezahlt, wie das Wettbewerbsverbot gilt. Ehemalige Arbeitgeber müssen sie jeweils zum Monatsende an Betroffene überweisen.

Was ist mit der Karenzentschädigung, wenn ein anderer Job angenommen wird?

Außerhalb der Restriktionen, die sich aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ergeben, steht es Arbeitnehmern frei, sich einen neuen Job zu suchen. Wirkt sich ein neues Gehalt auf den Anspruch auf die Karenzentschädigung aus? In vielen Fällen ist das der Fall. Dann wird der Verdienst aus einem neuen Job auf die Höhe der Karenzentschädigung angerechnet. Das führt dazu, dass Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht in voller Höhe zahlen müssen.

Es gibt jedoch eine Anrechnungsgrenze: Ein neuer Verdienst muss nur angerechnet werden, wenn er zusammen mit der Entschädigung mehr als 110 Prozent der bisherigen vertragsmäßigen Leistungen aus dem alten Job ausmacht. Falls der Arbeitnehmer wegen der regionalen Beschränkungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für einen neuen Job umziehen muss, erhöht sich die Anrechnungsgrenze auf 125 Prozent. Die Karenzentschädigung, die der ehemalige Arbeitgeber zahlen muss, wird dann um den Teil gekürzt, der über 110 beziehungsweise 125 Prozent hinausgeht.

Arbeitgeber dürfen sich bei früheren Mitarbeitern erkundigen, ob sie einen neuen Job haben. Betroffene sind dazu verpflichtet, auf Anfrage Auskunft über ihre berufliche Situation zu geben.

Kann die Karenzentschädigung gestrichen werden, wenn man Jobangebote ablehnt?

Für Arbeitgeber kann es gerade bei einem längeren nachvertraglichen Wettbewerbsverbot teuer werden, ehemaligen Mitarbeitern eine Karenzentschädigung zu zahlen. Wenn der Ex-Mitarbeiter eine neue Stelle hat, muss die Kompensation nur noch anteilig gezahlt werden. Deshalb haben Ex-Arbeitgeber ein Interesse daran, dass die Betroffenen einen neuen Job annehmen. Kann die Karenzentschädigung gestrichen werden, wenn man nicht auf Jobsuche geht?

Grundsätzlich steht es Betroffenen frei, was sie in der Zeit nach dem Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses machen. Sie können einen anderen Job suchen, studieren, sich selbständig machen oder eine Zeit lang nichts tun. Es besteht keine Verpflichtung, sofort Arbeitslosengeld zu beantragen – schließlich mindert sich dadurch der Anspruch. Auch eine längere Reise können Betroffene machen.

Bei böswilligem Unterlassen drohen Einbußen bei der Karenzentschädigung

Unter diesen Umständen müssen Arbeitgeber grundsätzlich trotzdem weiter die Karenzentschädigung zahlen. Der Anspruch von Betroffenen auf die Karenzentschädigung hat jedoch Grenzen. Wer es nach § 74c HGB „böswillig“ unterlässt, einen zumutbaren Job anzunehmen, dem drohen Einbußen bei der Karenzentschädigung. Um böswilliges Unterlassen kann es sich auch handeln, wenn ein Beschäftigter einen Job angenommen hat, bei dem er weniger verdient als eigentlich denkbar wäre.

Liegt ein böswilliges Unterlassen vor, kann die Karenzentschädigung gemindert werden. Es wird dann ein fiktives Einkommen auf die Ansprüche angerechnet. Arbeitgeber müssen nachweisen, dass es sich um böswilliges Unterlassen handelt, was in der Praxis meist schwierig ist. Wenn der Betroffene nachvollziehbare Gründe für seine Entscheidung nennen kann, ist üblicherweise nicht von böswilligem Unterlassen auszugehen.

Was, wenn der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht zahlt?

Im Arbeitsvertrag ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot fixiert, das mit einer Karenzentschädigung einhergeht. Der Arbeitnehmer hält sich daran – der Arbeitgeber aber zahlt nicht. Das kann vorkommen. Was kann man tun, wenn der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht zahlt?

Wenn sich der Arbeitgeber nicht an die Vereinbarung hält, haben Betroffene zwei Möglichkeiten. Sie können die Vereinbarung als nichtig betrachten, weil der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Sie können sich einen neuen Job im selben Bereich suchen, ohne negative Folgen durch den vermeintlichen Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot fürchten zu müssen. Betroffene können die Karenzentschädigung jedoch auch einklagen. Dafür lohnt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen.

Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld: Was gilt?

Wenn der Empfänger einer Karenzentschädigung nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen keinen neuen Job hat, kann er Arbeitslosengeld beziehen. Kann das Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung angerechnet werden? Prinzipiell ist das denkbar, auch wenn es keine eindeutige Rechtsprechung dazu gibt.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch im Jahr 2011 (Az. 10 AZR 198/10) entschieden, dass nur der tatsächliche Auszahlungsbetrag auf eine Karenzentschädigung anzurechnen sei. Das führt dazu, dass sich praktisch kaum ein Fall ergeben wird, in dem das Arbeitslosengeld gemeinsam mit der Entschädigung mehr als 110 Prozent der bisherigen vertragsmäßigen Leistungen ausmacht. Entsprechend kann die Karenzentschädigung auch nicht gekürzt werden.

Umgekehrt wirkt sich der Bezug einer Karenzentschädigung nicht auf die Arbeitslosenansprüche aus. Betroffene müssen diesbezüglich keine Kürzungen beim Arbeitslosengeld I befürchten.

Karenzentschädigung: Sozialversicherung und Steuern

Für Arbeitnehmer interessant ist die Frage, ob von einer Karenzentschädigung Sozialversicherungsbeiträge abgehen. Sofern die Karenzentschädigung nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird, werden darauf keine Sozialversicherungsbeiträge fällig. Es handelt sich nicht um ein beitragspflichtiges Entgelt. Anders sieht es bei einer Karenzentschädigung mit der Steuer aus: Die Entschädigung ist einkommenssteuerpflichtig.

Bildnachweis: Syda Productions / Shutterstock.com

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