Arbeitsleben & BerufEinfach mal Nein sagen: Warum Jasager im Job nicht weiterkommen

Einfach mal Nein sagen: Warum Jasager im Job nicht weiterkommen

Zu viel Stress an der Arbeit hängt nicht selten mit Aufgaben zusammen, die eigentlich nicht zu unserem Tätigkeitsbereich gehören. Wer häufig die Bitten von Kollegen oder dem Vorgesetzten erfüllt, macht sich kurzfristig vielleicht beliebt – langfristig kann er seiner Karriere damit aber sogar schaden.

Wenn die Bitten anderer Stress bedeuten

„Könntest du mir vielleicht bei der Präsentation für das Meeting helfen?“, „Hättest du Zeit, mir in der nächsten Stunde ein paar Notizen zum Thema XY zukommen zu lassen?“ oder „Das muss dringend fertig werden, kannst du heute länger bleiben?“ – welcher Arbeitnehmer kennt solche Situationen oder ähnliche nicht.

Die meisten Menschen sind bei entsprechenden Anfragen geneigt, ohne groß nachzudenken Ja zu sagen – besonders, wenn die Frage von ihrem Vorgesetzten kommt. Das liegt einerseits daran, dass die meisten von uns sich gerne mit allen gut stellen möchten. Und dass das Verhältnis zum Chef wichtig ist, steht außer Frage.

Wem bei Bitten anderer allzu leicht ein Ja über die Lippen kommt, der hat zwar für den Moment Frieden – aber wahrscheinlich auch sehr viel mehr Stress, besonders, wenn es um eine umfangreichere und kurzfristige Aufgabe geht.

Wer immer Ja sagt, kommt im Job nicht unbedingt schneller weiter als andere – im Gegenteil. Oft sind es gerade diejenigen, die klare Kante fahren, die im Beruf erfolgreich sind. Dabei geht es nicht zuletzt um Prioritäten.

Warum wir so ungern Nein sagen

Es fällt den wenigsten Menschen schwer, Ja zu sagen – Nein dagegen umso mehr. Das liegt einerseits daran, dass wir den Wunsch der anderen Person nicht abschlagen möchten. Handelt es sich bei dem Fragestellenden um einen Menschen, den wir mögen, möchten wir ihm meistens auch tatsächlich helfen – ganz ohne eigennützige Gedanken.

Reagieren wir hingegen ablehnend, haben wir unterbewusst häufig Angst davor, dass unser Gegenüber uns dadurch weniger mag. Gleichzeitig wissen wir, wie wichtig Teamfähigkeit im Job ist – und sind deshalb geneigt, anderen einen Gefallen zu tun, selbst, wenn es uns überhaupt nicht in den Kram passt.

Opfer von Selbstüberschätzung und Perfektionismus

In vielen Fällen glauben wir, dass wir „das bisschen Mehrarbeit“, das mit der Bitte einhergeht, schon schaffen werden. Und bekommen dann Stress, wenn Deadlines – oder schlicht der ersehnte Feierabend – näher rücken und die Arbeit scheinbar nicht weniger geworden ist.

Zu allem Ja zu sagen geht in vielen Fällen auch mit übertriebenem Perfektionismus einher. Klar können wir die Präsentation übernehmen! Und natürlich kriegen wir das Handout kurzfristig hin, wenn der Kollege erkrankt ist! Blöd nur, dass unsere eigentlichen Aufgaben in der Konsequenz häufig darunter leiden – und somit auch unsere Performance im Job.

Gründe, öfter mal Nein zu sagen

Dabei gibt es viele gute Gründe, öfter mal Nein zu sagen – sofern es angebracht und nachvollziehbar ist. Wer ständig zu allem Ja sagt, egal, worum es geht, der macht sich damit ganz ohne Not sehr viel mehr Stress. Das ist nicht nur nervig für den Betroffenen selbst, es kann sich auch auf dessen allgemeine Arbeitsleistung auswirken – und zwar negativ.

Wer durch permanentes Jasagen kaum mehr Zeit hat, alle Aufgaben gründlich und akribisch zu erledigen, fällt damit womöglich früher oder später auf. Der Chef wird dann nicht primär sehen, dass du dich für deine Kollegen geopfert hast – er ärgert sich vielmehr, dass deine eigenen Kerntätigkeiten vernachlässigt werden. Und das führt ganz bestimmt nicht zu einer Gehaltserhöhung oder gar Beförderung. Wenn du nicht aufpasst, ziehen stattdessen deine Kollegen an dir vorbei – und du musst dir womöglich von deinem Vorgesetzten vorhalten lassen, dass du offensichtlich keine Prioritäten setzen kann.

Mehrarbeit führt zu Stress – und Stress macht krank

Auch in psychischer Hinsicht ist es keine gute Idee, dir wissentlich mehr Arbeit aufzubürden, wenn es auch anders geht. Es hat sich längst herumgesprochen, dass Stress krank macht. Wer anderen ihre Arbeit abnimmt, riskiert, dass er selbst irgendwann nicht mehr kann. Im schlimmsten Fall drohen ein Burnout und ein krankheitsbedingter Ausfall.

Problematisch ist häufiges Jasagen auch, weil man sich damit leicht einen Ruf erarbeitet – als jemand, der immer hilft oder immer einspringt. Das mag zwar zwischenmenschlich förderlich sein, für deinen Job ist es das aber ganz bestimmt nicht. Außerdem führt es dazu, dass sich deine Nettigkeit im Team herumspricht. Stell dich schon mal darauf ein, dass bald noch mehr Bittsteller in deinem Büro Schlange stehen.

Nicht zuletzt bringt dir ein freundliches, aber bestimmtes Nein nicht selten den Respekt deines Gesprächspartners ein. Auch Vorgesetzte schätzen es in der Regel, wenn ein Mitarbeiter klare Prioritäten setzen kann und realistisch einschätzen kann, welche Zusatzaufgaben er bewältigen kann und welche gerade nicht machbar sind.

Richtig Nein sagen: auf den Ton kommt es an

Es ist häufig nicht so sehr die Antwort, die wir geben, sondern die Art, wie wir das tun, womit wir andere vor den Kopf stoßen. Das gilt ganz besonders für das Abschlagen einer Bitte oder Aufforderung. Auf den Ton kommt es an. Im Büro öfter Nein zu sagen, erfordert diplomatisches Geschick. Schließlich hast du nichts davon, wenn dein Chef über deine brüske Absage schäumt – besonders dann, wenn er die Gründe hierfür eigentlich nachvollziehen kann.

Zum Nein sagen gehört es auch, im Zweifelsfall eine gute Begründung zu geben – und nicht einfach nur schnippisch „nein, kann ich nicht“ zu sagen. Wer erklärt, warum es eben leider nicht geht, der ruft beim anderen viel eher Verständnis für die Absage hervor – und das Gegenüber fühlt sich nicht brüskiert. Auch vermittelst du so nicht das Bild, dass dir deine Tätigkeit und die Arbeit an sich gleichgültig sind.

Alternative Optionen aufzeigen

Es kommt beim anderen gut an, wenn du ihm mögliche andere Optionen aufzeigst – etwa einen Kollegen, von dem du weißt, dass er nicht nur ebenso kompetent ist wie du, sondern auch etwas mehr Luft für den Gefallen hat. Das gilt besonders in Fällen, in denen du ohnehin nicht der ideale Ansprechpartner bist – dann leidet unter deiner Hilfe womöglich sogar das Ergebnis.

Du kannst auch anbieten, dass du dem Fragestellenden zu einem anderen Zeitpunkt hilfst, wenn du mehr Zeit hast. Viele Dinge können auch später erledigt werden.

Zwar ist oftmals sinnvoll, wenn du dein Nein zumindest ansatzweise begründest. Rechtfertigen musst du dich dafür jedoch nicht. Genauso wenig solltest du dich für deine ablehnende Reaktion entschuldigen.

Nein zum Chef sagen

Dem Chef eine Bitte abzuschlagen ist oft ganz besonders schwierig – und kann tatsächlich eine heikle Angelegenheit sein. Auch hier spielen ein diplomatisches Vorgehen und ein freundlicher, aber bestimmter Ton eine wichtige Rolle.

Wer Nein zum Chef sagen will oder muss, tut gut daran, dies so behutsam wie möglich zu tun. Hier gibt es auf inhaltlicher Ebene viele Optionen. Erkläre deinem Chef, wenn du ohnehin schon zu viel um die Ohren hast – und weise darauf hin, dass du die Aufgabe zwar übernehmen kannst, aber ihr möglicherweise nicht die Aufmerksamkeit schenken kannst, die für ein optimales Ergebnis angemessen wäre.

Aus der unangenehmen Situation, Nein zum Chef sagen zu müssen, kannst du dich auch befreien, indem du auf Kollegen verweist – vorausgesetzt, diese haben etwas mehr Luft als du. Oder schlage deinem Chef vor, dass du die Aufgabe mit der Hilfe eines oder mehrerer Kollegen erledigst.

Oft hat dein Chef Verständnis, wenn du seine Bitte mit einer guten Begründung ablehnst. Zeigst du damit ein gutes Urteilsvermögen und klare Prioritätensetzung, schindest du mit einem solchen Vorgehen womöglich sogar mehr Eindruck, als wenn du Ja sagen und die Aufgabe dann nicht zufriedenstellend erledigen würdest.

Lernen, Nein zu sagen

Manchen Menschen fällt es grundsätzlich nicht besonders schwer, anderen eine Bitte abzuschlagen. Andere hingegen tun sich damit schwerer. Die gute Nachricht: Ans Neinsagen kann man sich gewöhnen, auch wenn es manchmal etwas mehr Übung erfordert.

Wenn du zu denjenigen gehörst, die immer sofort Ja sagen wollen, dann kannst du versuchen, das zu ändern, indem du erstmal gar nichts sagst – zumindest nicht Ja und nicht Nein. Erkläre deinem Gegenüber stattdessen, dass du die Frage überdenken musst. Du kannst die Bedenkzeit nicht nur dafür nutzen, den Mut zum Nein aufzubringen, sondern auch grundsätzlich überlegen, ob du die Aufgabe potenziell übernehmen kannst oder ob es vielleicht schlicht nicht möglich ist.

Im privaten Umkreis Nein sagen üben

Bei der Überlegung, ob du Ja oder Nein sagen solltest, spielt natürlich auch die Person eine Rolle, die dich um den Gefallen bittet. Es kommt darauf an, wie gut euer Verhältnis ist und wie wichtig es dir ist, dass es positiv bleibt. Und nicht zuletzt ist entscheidend, ob der Fragende dir im Zweifelsfall auch jederzeit unter die Arme greifen würde.

Menschen, die im Beruf immer Ja sagen, tun das im Privatleben meist ganz genauso. Für viele ist es einfacher, wenn sie dort ansetzen und im Freundeskreis oder der Familie üben, nicht immer sofort „natürlich mache ich das“ zu antworten, wenn eine Bitte geäußert wird. So sind sie besser gewappnet, wenn sie im Job mit einer entsprechenden Anfrage konfrontiert werden.

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