AllgemeinTreuepflicht des Arbeitnehmers: Was heißt das eigentlich?

Treuepflicht des Arbeitnehmers: Was heißt das eigentlich?

Arbeitnehmer haben gegenüber ihrem Arbeitgeber eine Treuepflicht. Aber was bedeutet das eigentlich? Welche Pflichten gehen mit der Treuepflicht des Arbeitnehmers einher und was sollten Beschäftigte beachten? Hier erfährst du, was du als Arbeitnehmer über die Treuepflicht in einem Arbeitsverhältnis wissen musst.

Treuepflicht des Arbeitnehmers: Was ist das?

Wenn ein Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer eingeht, geht das mit gegenseitigen Rechten und Pflichten einher. Vieles, was wichtig ist, ist im Arbeitsvertrag und oft auch in anwendbaren Tarifverträgen oder einer Betriebsvereinbarung geregelt. Auch ohne explizite individual- oder kollektivvertragliche Regelungen hat der Arbeitnehmer außerdem eine Treuepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber. Was bedeutet das?

Die Treuepflicht von Arbeitnehmern ergibt sich aus den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kurz BGB. Die Regelung bezieht sich nicht auf Beschäftigungsverhältnisse im Speziellen, sondern ganz allgemein auf Schuldverhältnisse. Dazu gehören auch Arbeitsverhältnisse, denn für den Lohn schuldet der Beschäftigte seinem Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung.

In § 242 BGB heißt es: „Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern“. Klingt etwas abstrakt, bedeutet aber für dich als Arbeitnehmer nichts anderes, als dass du in einem Arbeitsverhältnis nichts tun darfst, was deinem Arbeitgeber schaden könnte.

Die Treuepflicht gehört zu den Nebenpflichten in einem Beschäftigungsverhältnis und stellt das Gegenstück zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dar. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bedeutet, dass dieser dafür Sorge tragen muss, dass seine Mitarbeiter ihre Arbeit sicher verrichten können und dass ihre Interessen gewahrt sind.

Das umfasst die Treuepflicht von Arbeitnehmern

Aus der Treuepflicht ergeben sich für Arbeitnehmer bestimmte Regeln beim Ausüben ihres Jobs. Sie erstreckt sich einerseits auf Dinge, die Beschäftigte tun sollten, andererseits verbieten sich durch die Treuepflicht bestimmte Handlungen.

Grundsätzlich bedeutet die Treuepflicht für Arbeitnehmer, dass sie darauf achten müssen, dass die Interessen ihres Arbeitgebers zu jeder Zeit gewahrt sind. Das heißt zum Beispiel, dass du deinem Vorgesetzten Bescheid sagen musst, wenn ein Gerät einen Defekt hat oder das Eigentum des Arbeitgebers anderweitig beschädigt ist. Auch auf mögliche Sicherheitsrisiken musst du deinen Arbeitgeber aufmerksam machen.

Wenn dir dein Arbeitgeber zu viel Gehalt überweist, musst du ihn darauf hinweisen, dass er dir zu viel gezahlt hat. Falls du nicht zur Arbeit kommen kannst – zum Beispiel, weil du krank bist –, gebietet es die Treuepflicht, dass du deinen Arbeitgeber so schnell wie möglich darüber in Kenntnis setzt. Er kann sich dann auf dein Fehlen einstellen und gegebenenfalls umplanen. Wenn du krank bist, darfst du nichts tun, was deiner Genesung im Wege steht.

Außerdem bist du verpflichtet, deinem Arbeitgeber zu erklären, was du an der Arbeit gerade tust, wenn er nachfragt. Wenn es nötig ist, kann dein Arbeitgeber dich im Rahmen der Treuepflicht auch dazu auffordern, Überstunden zu leisten. Sofern du dazu arbeitsvertraglich nicht verpflichtet bist, geht das aber nur in Notfällen, wenn es darum geht, einen Schaden vom Unternehmen abzuwenden oder wenn die Existenz des Betriebs unmittelbar gefährdet ist.

Treuepflicht: Was Ruf und Stellung des Arbeitgebers schädigt, ist verboten

Aus der Treuepflicht ergibt sich außerdem ein Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer. Du könntest deinem Arbeitgeber schaden, wenn du gleichzeitig für einen Konkurrenten arbeitest oder ihm durch eine selbständige Tätigkeit selbst Konkurrenz machst. Deshalb sind entsprechende Tätigkeiten verboten.

Du darfst außerdem nicht schlecht über deinen Arbeitgeber reden. Du könntest sonst dem Ruf des Unternehmens schaden. Ebenso wenig darfst du Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preisgeben. Auch darfst du keine Schmiergelder annehmen oder dich anderweitig bestechen lassen.

Wie weit die Treuepflicht geht, kann von bestimmten Faktoren beeinflusst werden. Ein Faktor ist die Dauer der Zusammenarbeit. Ein langjähriger Mitarbeiter ist im Zweifelsfall stärker zu Treue verpflichtet als ein Mitarbeiter, der seinen Job gerade erst aufgenommen hat. Auch das Verhältnis zum Chef und die Position des Mitarbeiters spielen eine Rolle. Je besser die Beziehung und je hochrangiger die Stelle, desto stärker wiegt die Treuepflicht und desto härter können Verstöße dagegen sanktioniert werden.

Was passiert, wenn man gegen die Treuepflicht verstößt?

Wenn ein Arbeitnehmer gegen die Treuepflicht verstößt, kann das Folgen haben. Im – aus Arbeitnehmersicht – besten Fall belässt es der Arbeitgeber bei einer mündlichen Verwarnung. Er kann aber ebenso gut eine Abmahnung erteilen. Der Arbeitnehmer wird dann darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber das jeweilige Verhalten nicht toleriert und dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht.

Die Abmahnung ist damit als letzte Warnung zu verstehen; sie gibt dem Beschäftigten die Möglichkeit, sein Verhalten zu bessern, um eine Kündigung abzuwenden. In besonders schweren Fällen kann jedoch auch unmittelbar eine Kündigung in Betracht kommen.

Je nachdem, was vorgefallen ist, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls auch Schadensersatz von seinem Mitarbeiter fordern. Dafür muss ihm ein wirtschaftlicher Schaden durch dessen Handlungen entstanden sein.

Grenzen der Treuepflicht: Muss man sich als Arbeitnehmer in jedem Fall an die Treuepflicht halten?

Die Treuepflicht geht für Arbeitnehmer mit weitreichenden Pflichten in einem Arbeitsverhältnis einher. Grenzenlos ist sie allerdings nicht. Es gibt Arbeitgeber, die die Treuepflicht der Arbeitnehmer sehr großzügig auslegen. So manche Unternehmen fordern etwa in einem großen Stil Überstunden von den Mitarbeitern, die aber im Gegenzug nicht einmal bezahlt werden sollen.

Das ist in vielen Fällen nicht zulässig. Was der Arbeitgeber verlangen darf, hängt von den geltenden Regelungen im Einzelfall ab. Insbesondere die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag sind diesbezüglich entscheidend. Außerdem müssen die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitszeit beachtet werden. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit liegt bei 60 Stunden pro Woche; nur in Ausnahmefällen dürfen Arbeitnehmer so viel arbeiten. Im Normalfall sind wöchentlich maximal 48 Stunden Arbeit erlaubt.

Der Arbeitgeber darf seinen Mitarbeitern auch nicht vorschreiben, wie sie ihre Freizeit zu verbringen beziehungsweise nicht zu verbringen haben. Es wäre beispielswiese nicht zulässig, wenn ein Unternehmen seinen Beschäftigten verbieten wollte, im Privatleben Extremsportarten oder andere gefährliche Sportarten zu betreiben, weil diese zu verletzungsbedingten Ausfällen im Job führen könnten.

Dürfen Arbeitnehmer auf Missstände aufmerksam machen?

Arbeitnehmer dürfen durch die Treuepflicht auch nicht daran gehindert werden, ihre eigenen Interessen gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. So dürfen Beschäftigte etwa einer Gewerkschaft beitreten, einen Betriebsrat gründen oder von ihrem Streikrecht Gebrauch machen.

Die Treuepflicht des Arbeitnehmers kann mit dessen Recht auf freie Meinungsäußerung kollidieren. In einem besonderen Spannungsfeld befinden sich (potenzielle) Whistleblower. Bislang sind Arbeitnehmer, die auf Missstände in ihrer Firma aufmerksam machen, kaum geschützt.

Die Rechtsprechung hat unter Verweis auf die Treuepflicht von Arbeitnehmern in entsprechenden Fällen immer wieder zugunsten der Arbeitgeber geurteilt. Denn: Aufgrund der Treuepflicht sind Arbeitnehmer eigentlich dazu verpflichtet, zunächst den Arbeitgeber zu informieren und ihm die Gelegenheit zu geben, die Missstände zu beseitigen. Das ist allerdings unwahrscheinlich, wenn die Missstände System haben.

Geht der Mitarbeiter dennoch an die Öffentlichkeit, droht ihm die Kündigung. Durch eine Richtlinie der Europäischen Union sollen Hinweisgeber besser vor möglichen Repressalien geschützt werden. Damit ist anzunehmen, dass die Gerichte künftig häufiger im Sinne der Arbeitnehmer urteilen könnten.

Bildnachweis: airdone / Shutterstock.com

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