AllgemeinAnwesenheitsprämie Krankheit: Was du darüber wissen solltest

Anwesenheitsprämie Krankheit: Was du darüber wissen solltest

Ein hoher Krankenstand ist für Arbeitgeber ein Problem: Sie müssen erkrankten Beschäftigten das Gehalt weiterzahlen, aber auf sie verzichten. Um die Zahl der Krankmeldungen gering zu halten, setzen manche Arbeitgeber auf Anwesenheitsprämien. Wie sieht so eine Prämie aus? Ist sie arbeitsrechtlich überhaupt zulässig? Und lohnt sie sich für Arbeitgeber tatsächlich? Hier erfährst du mehr.

Was ist eine Anwesenheitsprämie?

Die Krankenversicherung DAK hat zuletzt einen Negativrekord vermeldet: Im Jahr 2023 verzeichnete sie nach eigenen Angaben den höchsten Krankenstand der letzten 25 Jahre. Dafür hatte die DAK Daten von 2,4 Millionen versicherten Beschäftigten analysiert. Im Schnitt fehlten Beschäftigte demnach 20 Tage und damit knapp drei Wochen im Jahr durch eine Krankschreibung, wobei Atemwegserkrankungen besonders ins Gewicht fielen. Diese Zahl stellt nach DAK-Angaben einen Zuwachs von 13 Prozent bei den Fehltagen dar.

Fehlzeiten sind für Unternehmen ärgerlich – und teuer, denn Arbeitgeber müssen den Lohn fortzahlen, ohne die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter nutzen zu können. Stattdessen müssen die übrigen Beschäftigten die Arbeit auffangen, was für diese Stress bedeuten und den Krankenstand weiter erhöhen kann. Es ist somit im Interesse von Unternehmen, den Krankenstand möglichst gering zu halten. Dafür setzen viele Arbeitgeber auf Anwesenheitsprämien, die auch Gesundheitsprämien genannt werden.

Anwesenheitsprämie: Wie hoch ist sie?

Eine Anwesenheitsprämie ist eine Prämie, die gezahlt wird, wenn jemand nicht oder nur selten krankheitsbedingt fehlt. Sie wird zusätzlich zum regulären Arbeitsentgelt gezahlt und soll Beschäftigten als Anreiz dienen, sich nicht leichtfertig krankzumelden. Wer selten oder gar nicht fehlt, wird durch die Prämie belohnt. Es lohnt sich also für die Mitarbeiter unmittelbar, sich im Zweifel auch mit einer Erkältung an die Arbeit zu schleppen.

Der Arbeitgeber legt die Höhe der Anwesenheitsprämie fest, weshalb sie von Firma zu Firma zum Teil stark schwanken kann. In der Regel beträgt die Prämie mehrere Hundert Euro. Anwesenheitsprämien müssen allerdings nicht zwingend finanzieller Natur sein. Sie können auch in Form von steuerfreien Sachbezügen gewährt werden. Das kann steuerliche Vorteile bieten – mehr darüber erfährst du weiter unten im Text.

So kann eine Anwesenheitsprämie konkret aussehen

Wie genau sieht eine Anwesenheitsprämie aus? Das kann unterschiedlich sein. Üblich sind insbesondere diese drei gängigen Varianten:

  • Variante 1: Mitarbeiter, die gar nicht oder selten krank waren, erhalten am Jahresende eine finanzielle Prämie. Pro Krankheitstag wird die Höhe der Prämie um einen bestimmten, im Voraus festgelegten Betrag gekürzt.
  • Variante 2: Die Beschäftigten bekommen am Jahresende eine Prämie, allerdings nur für Monate, in denen sie keine krankheitsbedingten Fehlzeiten hatten. Für jeden Monat, in denen sie sich krankgemeldet haben, wird die Anwesenheitsprämie um ein Zwölftel gekürzt.
  • Variante 3: Die Mitarbeiter bekommen die Prämie für jeden Monat ausgezahlt, in dem sie nicht krank waren. Sie erhalten vom Arbeitgeber eine monatliche Anwesenheitsprämie.

Rechtliches: Sind Anwesenheitsprämien im Arbeitsrecht zulässig?

Anwesenheitsprämien könnten als diskriminierend angesehen werden. Die wenigsten Menschen suchen sich schließlich aus, dass sie krank sind. Wer oft krank ist, könnte sich doppelt im Nachteil sehen: Er hat immer wieder mit Erkrankungen zu kämpfen – und womöglich keinen Anspruch auf eine Anwesenheitsprämie von mehreren Hundert Euro, die andere Kollegen bekommen. Viele Menschen leiden unter chronischen Erkrankungen, durch die sie im Job immer wieder ausfallen, zum Beispiel Migräne oder Rückenschmerzen. Vor diesem Hintergrund kann die Frage aufkommen, ob Anwesenheitsprämien überhaupt zulässig sind.

Grundsätzlich sind Anwesenheitsprämien erlaubt. Im Entgeltfortzahlungsgesetz ist die Frage geregelt, wie stark Sondervergütungen – und dazu zählt die Anwesenheitsprämie – bei Krankheit gekürzt werden dürfen. Indirekt ergibt sich daraus, dass die Zahlung von Anwesenheitsprämien, die an Fehltage beziehungsweise Anwesenheitstage geknüpft sind, zulässig ist. Davon abgesehen gibt es auch andere Varianten von Gehaltsbestandteilen, die Arbeitnehmer nur bedingt beeinflussen können. Ein Beispiel hierfür sind Gewinnbeteiligungen.

Ein Anspruch auf Anwesenheitsprämien kann sich für Arbeitnehmer aus einem anwendbaren Tarifvertrag ergeben. Auch eine Betriebsvereinbarung kann eine entsprechende Vereinbarung enthalten, die für die Mitarbeiter eines Unternehmens gilt. Der Betriebsrat ist an der Aufstellung der Grundlagen zur Auszahlung einer Anwesenheitsprämie zu beteiligen. Das gilt, wenn eine Gesundheitsprämie eingeführt oder geändert werden soll.

Grundsätzlich sollten Regelungen zur Anwesenheitsprämie immer schriftlich festgehalten werden. Rein mündliche Vereinbarungen sind für beide Seiten suboptimal; sie bedingen Missverständnisse und können Streitigkeiten hervorrufen

Anwesenheitsprämie: Welche Kürzung ist im Krankheitsfall erlaubt?

Für Arbeitnehmer ist es ärgerlich: Sie werden krank – und das womöglich ohne eigenes Verschulden – und dadurch reduziert sich die Höhe ihrer Anwesenheitsprämie oder die Gesundheitsprämie entfällt ganz. Welche Kürzung ist bei einer Anwesenheitsprämie arbeitsrechtlich zulässig?

Hierüber gibt § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz Aufschluss. Daraus geht hervor, dass eine Anwesenheitsprämie für jeden Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit um maximal ein Viertel des im Jahresdurchschnitt üblichen Tagesgehalts gekürzt werden darf.

Wenn du also wissen willst, wie viel dein Arbeitgeber von der vollen Prämie pro Krankheitstag abziehen darf, musst du dein durchschnittliches Gehalt pro Tag ausrechnen. Dafür teilst du dein Bruttojahresgehalt durch die Zahl der Arbeitstage pro Jahr. 25 Prozent dieses Betrags ist das Maximum, was der Arbeitgeber pro Krankheitstag von der Anwesenheitsprämie zurückbehalten darf.

Gibt es eine Obergrenze für Anwesenheitsprämien?

Wie hoch die Anwesenheitsprämie ausfällt, entscheidet der Arbeitgeber in eigenem Ermessen, sofern er nicht an tarifvertragliche Regelungen, eine Betriebsvereinbarung oder betriebliche Übung gebunden ist. Nach oben hin ist die Höhe einer Anwesenheitsprämie nicht begrenzt. Ein Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitern also im Zweifel auch sehr viel Geld dafür zahlen, dass sie möglichst selten krank sind.

Allerdings haben die meisten Arbeitgeber naturgemäß kein Interesse daran, ihren Mitarbeitern mehr als nötig zu zahlen. Die Prämie soll zwar einen Anreiz für die Beschäftigten darstellen, sich nicht krank zu melden, wenn es nicht wirklich nötig ist. Die Zahlung soll Arbeitgeber jedoch auch nicht in zu hohe Unkosten stürzen. Wirtschaftliche Überlegungen führen in der Praxis dazu, dass Anwesenheitsprämien nicht übermäßig hoch ausfallen.

Muss eine Anwesenheitsprämien versteuert werden?

Fallen auf eine Anwesenheitsprämie Steuern an? Steuerrechtlich sind solche Prämien ein Bestandteil des üblichen Arbeitsentgelts, so wie andere Boni auch. Das heißt, dass sie steuerpflichtig sind. Auch Sozialversicherungsabgaben fallen darauf an. Das gilt zumindest bis zur Beitragsmessungsgrenze der gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung.

Es gibt für Arbeitgeber allerdings eine Möglichkeit, die Prämie steuerfrei an die Mitarbeiter auszuzahlen: als monatlicher Sachbezug. Das kann zum Beispiel ein Gutschein sein, der dann nicht versteuert werden muss. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann das eine interessante Alternative sein, zumindest, wenn die entsprechenden Sachbezüge wirklich attraktiv für die Beschäftigten sind. Auch bei dieser Variante müssen allerdings geltende Freigrenzen berücksichtigt werden.

Kritik: Welche Nachteile Anwesenheitsprämien haben können

An Anwesenheitsprämien gibt es immer wieder Kritik. Zwar gibt es viele Arbeitgeber, die sich davon Vorteile erhoffen. So soll die Anwesenheitsprämie die Mitarbeiter davon abhalten, sich leichtfertig und damit vermeintlich unnötig krankzumelden oder gar krankzufeiern, zum Beispiel nach einem durchzechten Wochenende. Tatsächlich kann eine Anwesenheitsprämie diesen Effekt haben, sie kann aber auch mit Nachteilen verbunden sein.

Eine Anwesenheitsprämie sorgt unweigerlich für Druck, vor allem bei Beschäftigten mit niedrigen Gehältern, die auf die Anwesenheitsprämie faktisch angewiesen sind oder sie zumindest dringend gebrauchen können. Das kann Präsentismus zur Folge haben: Die Arbeitnehmer gehen zur Arbeit, obwohl sie krank sind und sich schonen müssten. Das kann nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Kollegen und den Arbeitgeber negative Auswirkungen haben.

Kommen Mitarbeiter krank zur Arbeit, können sie bei Infektionskrankheiten andere anstecken. Schlimmstenfalls sind am Ende wesentlich mehr Mitarbeiter krank, was dann entweder die Fehlzeiten insgesamt erhöht oder aber sich durch eine verringerte Leistung bemerkbar machen kann. Krank zur Arbeit zu gehen kann die Heilung verzögen und dafür sorgen, dass jemand eine Krankheit verschleppt. Dadurch wird die Erkrankung womöglich schlimmer und langwierig, wodurch es sein kann, dass spätere Fehlzeiten umso länger ausfallen.

Gute Arbeitsbedingungen können eine Anwesenheitsprämie unnötig machen

Gesundheitsprämien können noch mit weiteren Nachteilen verbunden sein. Eine Anwesenheitsprämie kann zum Beispiel das Betriebsklima belasten, wenn Mitarbeiter sich unfair behandelt fühlen. Das kann zum Beispiel Beschäftigte mit chronischen Erkrankungen oder Mütter und Väter betreffen, die wegen ihrer kranken Kinder immer wieder Kinderkrankentage nehmen müssen.

Hinzu kommt, dass eine Anwesenheitsprämie oft gerade in Firmen als besonders nötig erachtet wird, wo es strukturelle Probleme gibt. Der Krankenstand unter den Beschäftigten ist meist dort besonders hoch, wo das Betriebsklima schlecht ist, die Löhne niedrig sind oder die Arbeitsbedingungen nicht stimmen. Da helfen Anwesenheitsprämien nur bedingt. Besser wäre es, das Problem bei der Wurzel zu packen und auf bessere Arbeitsbedingungen hinzuwirken. Wenn die Mitarbeiter zufrieden sind und nicht übermäßig viel Stress an der Arbeit haben, fehlen sie meist ganz automatisch seltener. Vor diesem Hintergrund sind viele Beschäftigte auch ohne Anwesenheitsprämie häufig zurückhaltend, wenn es darum geht, sich bei leichteren Erkrankungen krankzumelden.

Bildnachweis: Monkey Business Images / Shutterstock.com

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