AllgemeinAusbildung verkürzen: So ist es möglich

Ausbildung verkürzen: So ist es möglich

Die meisten Berufsausbildungen dauern drei Jahre – regulär. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, eine Ausbildung zu verkürzen. Wann geht das? Ist es in jedem Fall sinnvoll? Und was sollte man beachten, wenn man über eine verkürzte Ausbildung nachdenkt? Hier erfährst du alles, was du wissen solltest.

Ausbildung verkürzen: Wann ist es möglich?

Eine Berufsausbildung legt den Grundstein für den Beruf. In dieser Zeit eignest du dir Wissen und Fähigkeiten an – essenzielle Qualifikationen, die du brauchst, um den gewählten Beruf auszuüben. Trotzdem: Viele Auszubildende freuen sich, wenn die Ausbildung möglichst schnell beendet werden kann. Viele Ausbildungen dauern regulär drei Jahre, wobei es auch einjährige Ausbildungen gibt und Ausbildungen, die dreieinhalb Jahre dauern. Die vorgesehene Ausbildungsdauer ist in der Ausbildungsordnung des jeweiligen Berufs festgelegt. Du kannst sie auch im Ausbildungsvertrag nachlesen.

Nun dauert die Ausbildung aber für viele Azubis nicht so lange, wie es eigentlich in der Ausbildungsordnung vorgesehen ist. Das liegt daran, dass es in vielen Fällen möglich ist, die Ausbildung zu verkürzen – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Genaueres regelt das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Insbesondere die Paragrafen 7 und 8 BBiG sind relevant. Die genauen Vorgaben zu einer Ausbildungsverkürzung können sich jedoch von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Verkürzung durch berufliche Vorkenntnisse

Ein Szenario, in dem eine Verkürzung der Ausbildung möglich sein kann, ist mit entsprechenden beruflichen Vorkenntnissen. In den folgenden Fällen kann eine verkürzte Ausbildung eine Option sein:

  • Vielleicht hast du schon einmal eine Ausbildung angefangen oder sogar beendet. Das betrifft nicht nur abgebrochene Ausbildungen für denselben Beruf, sondern auch ähnlich gelagerte Ausbildungen für einen anderen Beruf. In diesem Fall kann es möglich sein, die Ausbildung um bis zu zwölf Monate zu verkürzen.
  • Oder du arbeitest schon eine Weile im betreffenden Beruf. Berufspraxis kann ein guter Grund sein, eine Ausbildung zu verkürzen. Das muss nicht unbedingt in Form eines Vollzeitjobs sein – auch ein Nebenjob kann dich für eine Verkürzung der Ausbildung qualifizieren.
  • Dasselbe gilt für berufsvorbereitende Maßnahmen.
  • Auch ein Freiwilligendienst kann dazu führen, dass du Anspruch auf eine verkürzte Ausbildung hast.

Verkürzung durch schulische Vorbildung

Schulische Vorbildung ist ein weiterer guter Grund für eine verkürzte Ausbildung, nämlich dann, wenn du einen höheren Schulabschluss vorzuweisen hast als den, den der Ausbildungsbetrieb verlangt:

  • Wenn du einen Realschulabschluss hast, obwohl nur ein Hauptschulabschluss nötig ist, kann die Ausbildung um bis zu sechs Monate verkürzt werden.
  • Hast du hingegen Abitur oder Fachabitur, ist eine um bis zu zwölf Monate verkürzte Ausbildung denkbar.

Entscheidend ist dabei, was der Ausbildungsbetrieb voraussetzt. Wenn der Betrieb ohnehin Abitur möchte, kannst du dich nicht auf diesen Schulabschluss stützen, um für eine verkürzte Ausbildung zu argumentieren. 

Verkürzung bei guten Leistungen

Wenn du überdurchschnittliche Leistungen erbringst, kann auch das eine Verkürzung der Ausbildung rechtfertigen. Wenn die zuständige Stelle zustimmt, kannst du dadurch deine Abschlussprüfung vorziehen. Dafür müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein:

  • Deine Noten in prüfungsrelevanten Fächern müssen im Schnitt bei 2,49 oder besser liegen. Welche Fächer das sind, kannst du in der Prüfungsordnung nachlesen.
  • Auch deine praktischen Leistungen im Betrieb müssen überdurchschnittlich sein, also ebenfalls besser als 2,49.

21 Jahre und älter

Vielleicht hast du nicht direkt nach der Schule mit deiner Ausbildung begonnen. Wenn du schon ein paar Jahre älter bist, kann auch das ein guter Grund sein, um die Ausbildung zu verkürzen. Genauer: Wenn du 21 Jahre oder älter bist, ist eine Verkürzung der Ausbildung um bis zu zwölf Monate möglich. Dazu müssen keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein.

Mindestausbildungszeit darf nicht unterschritten werden

Es ist denkbar, mehrere Gründe für eine verkürzte Ausbildung miteinander zu kombinieren, so dass sich eine längere Verkürzung ergibt. Dabei darf allerdings die Mindestausbildungszeit nicht unterschritten werden. Wie lang diese ist, hängt von der regulären Ausbildungsdauer ab:

  • regulär 3,5-jährige Ausbildung: Verkürzung um bis zu zwölf Monate auf 2,5 Jahre möglich
  • regulär dreijährige Ausbildung: Verkürzung um bis zu zwölf Monate auf zwei Jahre möglich
  • regulär zweijährige Ausbildung: Verkürzung um bis zu sechs Monate auf 1,5 Jahre möglich

Gibt es einen Anspruch darauf, eine Ausbildung zu verkürzen?

Wenn du deine Ausbildung verkürzen möchtest, solltest du mit den Verantwortlichen im Ausbildungsbetrieb sprechen. Sie müssen dein Vorhaben unterstützen, damit ihr einen gemeinsamen Antrag auf Ausbildungsverkürzung stellen könnt. Ein generelles Recht auf Ausbildungsverkürzung gibt es allerdings nicht. Die Ausbildung zu verkürzen ist immer eine Einzelfallentscheidung, die von den individuellen Umständen abhängt. Die gesetzlichen Vorgaben entscheiden darüber, was für eine Verkürzung angerechnet werden kann und was nicht. Die Entscheidung darüber, eine Ausbildung zu verkürzen, treffen IHK oder Handwerkskammer. An diese Stellen kannst du dich auch wenden, wenn du Fragen zur Ausbildungsverkürzung hast.

Ist eine verkürzte Ausbildung immer sinnvoll? Vorteile & Nachteile einer Ausbildungsverkürzung

Wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, kannst du deine Ausbildung verkürzen. Aber ist das auch wirklich sinnvoll? Bevor du eine Entscheidung triffst, solltest du dich mit den Argumenten auseinandersetzen, die für beziehungsweise gegen eine verkürzte Ausbildung sprechen.

Vorteile einer verkürzten Ausbildung

Wenn du deine Ausbildung verkürzt, liegt ein Vorteil auf der Hand: Du bist schneller mit deiner Ausbildung fertig. Das ist besonders dann vorteilhaft, wenn du mit dem Betrieb oder der Qualität der Ausbildung unzufrieden bist. Außerdem kannst du dadurch schneller in den Beruf einsteigen und „richtiges“ Geld verdienen. Wenn du Karriere machen möchtest, verschafft dir eine verkürzte Ausbildung einen früheren Start. Auch bei späteren Bewerbungen ist das praktisch: Dass du schneller mit deiner Ausbildung fertig warst, zeigt, dass du engagiert und belastbar bist.

In manchen Fällen bedeutet eine verkürzte Ausbildung, dass du gleich mehr Geld bekommst. Wenn dir zum Beispiel berufliche Vorkenntnisse angerechnet werden und du dadurch faktisch direkt im zweiten Lehrjahr beginnst, hast du auch Anspruch auf die entsprechende Ausbildungsvergütung.

Die Ausbildung zu verkürzen kann auch dafür sorgen, dass dir während der Ausbildung weniger schnell langweilig wird. Wenn du dich ansonsten mit Dingen beschäftigen müsstest, die dir schon vertraut sind, bleibt dir das mit einer verkürzten Ausbildung erspart.

Nachteile einer verkürzten Ausbildung

Die Ausbildung zu verkürzen kann jedoch auch Nachteile mit sich bringen. Du musst dir die Ausbildungsinhalte, die du „übersprungen“ hast, selbst aneignen. Das kann für mehr Stress sorgen. Insgesamt hast du durch die Verkürzung der Ausbildung weniger Zeit, was dein Stresslevel ebenfalls erhöhen kann. 

Eine Ausbildungsverkürzung mag verlockend sein, birgt aber das Risiko, dass du dich selbst überschätzt. Nicht jeder hat am Ende wirklich Lust darauf, sich für eine verkürzte Ausbildung über längere Zeit stärker engagieren zu müssen. In manchen Fällen ist es viel entspannter, die Ausbildung in der eigentlich vorgesehenen Zeit zu absolvieren.

Diese Auswirkungen hat eine Ausbildungsverkürzung

Wenn du überlegst, ob du deine Ausbildung verkürzen solltest, solltest du wissen, welche Folgen dieser Schritt haben kann. In erster Linie kommt durch eine Ausbildungsverkürzung mehr Arbeit auf dich zu. Du hast weniger Zeit, um den Stoff zu lernen und dich auf die Prüfung vorzubereiten. Auch die Praxis im Betrieb ist entsprechend gestraffter. Stoff, den du wegen der Verkürzung übersprungen hast, musst du auf eigene Faust nachholen.

Eine Verkürzung der Ausbildung kann, muss aber nicht mit einem höheren Ausbildungsgehalt einhergehen. Wenn du zum Beispiel eine berufsvorbereitende Maßnahme gemacht und deshalb die Ausbildung verkürzt hast, kannst du direkt im zweiten Ausbildungsjahr anfangen. Dadurch steht dir auch von Anfang an die höhere Ausbildungsvergütung des zweiten Lehrjahrs zu. In anderen Fällen gilt das nicht, zum Beispiel bei einer Verkürzung der Ausbildung durch schulische Vorbildung. Nehmen wir an, du hast Abitur – das kann zwar ein Grund sein, die Ausbildung zu verkürzen, gilt aber nicht als berufliche Vorbildung. Dadurch ergibt sich auch kein Anspruch auf mehr Geld von Anfang an.

Wie leitet man eine Verkürzung der Ausbildung in die Wege?

Eine Ausbildungsverkürzung muss schriftlich beantragt werden, und zwar vom Azubi gemeinsam mit seinem Ausbildungsbetrieb. Deshalb besteht der erste Schritt darin, mit deinem Ansprechpartner im Betrieb zu sprechen. Teile ihm mit, dass du die Ausbildung gerne verkürzen würdest und warum du glaubst, dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wenn der Betrieb zustimmt, schickt ihr den Antrag auf Ausbildungsverkürzung an die IHK oder Handwerkskammer. Wenn du minderjährig bist, brauchst du dazu die Zustimmung deiner Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten.

Eine Verkürzung der Ausbildung kann schon bei Beginn der Ausbildung beantragt werden – zumindest bei der Anrechnung von beruflichen Vorkenntnissen oder schulischer Vorbildung. Ob du gute Leistungen haben wirst, die eine verkürzte Ausbildung ermöglichen, weißt du zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht.

Wenn die Ausbildung verkürzt wird, muss das im Ausbildungsvertrag festgehalten werden. Der Antrag auf Ausbildungsverkürzung kann jederzeit gestellt werden, wobei er spätestens ein Jahr vor dem regulären Ende der Ausbildung bei IHK oder Handwerkskammer eingehen muss. Wenn es um eine Verkürzung der Ausbildung wegen guter Leistungen geht, muss die Berufsschule die guten Leistungen bestätigen und du musst dein Berichtsheft beilegen. Du musst außerdem an der Zwischenprüfung teilgenommen haben. Anschließend treffen die Verantwortlichen bei IHK oder Handwerkskammer eine endgültige Entscheidung.

Bildnachweis: Pressmaster / Shutterstock.com

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