Frauen können nicht einparken. Männer hören nicht zu. Japaner sind emsige Arbeitstiere, und Südeuropäer nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht so genau. Solche Klischees kennt jeder. Was ist das eigentlich genau, ein Klischee? Wie entstehen Klischees – und kann man sich gegen ein Klischeedenken wehren? Hier erfährst du mehr über die Bedeutung, Entstehung und Auswirkungen von Klischees und was du gegen Klischees tun kannst.
Klischee Definition: Was sind eigentlich Klischees?
Klischee – den Begriff kennt sicherlich jeder. Aber was bedeutet er eigentlich genau? Von den verschiedenen Definitionen, die der Duden für das Wort Klischee vorsieht, passt diese hier am besten zum Klischee im Sinne dieses Textes: „eingefahrene, überkommene Vorstellung“.
Ursprünglich stammt das Wort vom französischen „cliché“, was sich wiederum von „clicher“ ableitet, was so viel bedeutet wie „abklatschen“, „nachbilden“ oder „auf die Druckplatte legen“. Genau das war ursprünglich mit einem Klischee gemeint: eine Druckplatte oder ein Druckstock, also eine Schablone, mit der man immer wieder dasselbe Motiv oder denselben Schriftzug gedruckt hat.
Klischees sind hartnäckige Vorstellungen, Bilder und Ideen, die immer wieder herangezogen werden. Es sind vorgefertigte Ansichten und eingefahrene Denkweisen, die mit der Realität im Einzelfall oft wenig gemeinsam haben. Wie die Wortherkunft schon nahelegt, hat ein Klischee in seiner Bedeutung ein schablonenhaftes Denken zur Folge. Menschen und Dinge werden dabei in bestimmte Schubladen gesteckt, und zwar aufgrund bestimmter Merkmale, die sie aufweisen.
Manchmal wird das Wort Klischee synonym zum Begriff Vorurteil verwendet. Beide Begriffe haben zwar Überschneidungen, beschreiben aber nicht ganz dasselbe. Zwar ist ihnen gemein, dass Menschen (oder Dinge) vorverurteilt werden. Eine bestimmte Eigenschaft oder Sache wird auf eine Art und Weise interpretiert, die nicht auf Wissen aus erster Hand beruht, sondern auf pauschalen Annahmen.
Ein Vorurteil ist jedoch ein oft falsches, verfrühtes Urteil auf individueller Basis, bei dem Menschen nicht selten diskriminiert werden. Klischees sind hingegen abgedroschene Bilder, die nicht nur bei einem Menschen bestehen, sondern auf einer breiteren gesellschaftlichen Ebene existieren. Während Vorurteile meist negativ besetzt sind, ist das bei Klischees oft nicht der Fall.
Klischee: Beispiele
Die Bedeutung von Klischees wird durch Beispiele noch deutlicher. Um nur einige Beispiele für Klischees zu nennen:
- Die Deutschen sind pünktlich.
- Pünktlich wie die Maurer.
- Frauen können nicht einparken.
- Männer können nicht gut zuhören.
- Frauen haben keine Ahnung von Technik.
- Engländer können nicht kochen.
- BWL-Studenten tragen rosa Polohemden.
- Beamte sind faul.
- Lehrer haben nur Urlaub.
- Frauen weinen schnell und werden leicht hysterisch.
- Brillenträger sind schlau.
- Südeuropäer sind unpünktlich.
- Deutsche haben keinen Humor.
- Spanier sind temperamentvoll.
- Skandinavier sind kühl.
- Japaner sind diszipliniert und fleißig.
- Polen neigen zu Diebstahl.
- Schwaben sind geizig, arbeitswütig und lieben ihr Auto.
- Ostdeutsche neigen dazu, zu jammern.
- Bayern tragen Lederhosen.
Wie entstehen Klischees?
Wie entwickeln sich Klischees? Warum werden Menschen mit bestimmten Merkmalen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, auch wenn diese im Einzelfall womöglich gar nicht zutreffen? Häufig haben solche Vorstellungen eine lange Vorgeschichte. Sie können zum Beispiel historisch bedingt sein, wie es etwa bei vielen Geschlechterklischees der Fall ist.
Frauen waren früher diejenigen, die sich um die Kinder und den Haushalt gekümmert haben. Bevor (mehr) Frauen berufstätig waren, waren solche Aufgaben die primäre Rolle vieler Frauen. Auch andere Traditionen, gesellschaftliche Normen, Vorstellungen und Erwartungen können eine Rolle spielen, wenn sich Klischees entwickeln.
Dass viele Menschen – oft ungewollt – in Klischees denken, hängt mit der Funktionsweise des Gehirns zusammen. Für Menschen ist es entscheidend, Informationen möglichst rasch einzuordnen, besonders Dinge, die man nicht kennt oder mit denen man noch kaum Erfahrungen gemacht hat. Das geht besonders schnell, indem man Menschen oder Sachverhalte in Schubladen steckt. Die Realität ist zwar oft wesentlich komplexer, aber wenn man Dinge rasch einordnet, bleibt man handlungsfähig.
Klischees sind in vielen Fällen auch nicht völlig fernab von der Wirklichkeit. Nehmen wir das Klischee, dass alle Bayern (oder Deutsche) Lederhosen tragen. Das ist natürlich nicht so, aber tatsächlich haben Lederhosen in Bayern eine lange Tradition. Es gibt also sicherlich Bayern, die nach wie vor – zumindest in manchen Situationen – Lederhosen tragen. Daraus zu schließen, dass alle Bayern Lederhosen tragen, ist natürlich falsch, aber ein Fünkchen Wahrheit steckt eben doch hinter diesem Klischee.
Klischees entwickeln sich somit aus Erfahrungen, die andere Menschen mit Menschen mit bestimmten Merkmalen gemacht haben. Anschließend werden diese Einzelfälle verallgemeinert. Wenn dann auch noch eigene Erfahrungen zu dem Klischee passen, wird es weiter verfestigt. Angenommen, jemand kennt das Klischee, dass Beamte faul sind. Nun lernt er einen Beamten näher kennen, der es bei der Arbeit tatsächlich ruhiger angehen lässt. Das bestätigt das Klischee und die Annahme wird gestärkt.
Darum kann Klischeedenken schädlich sein
Anders als Vorurteile sind Klischees nicht unbedingt negativ behaftet. Manche Klischees sind sogar positiv konnotiert, auch wenn das im Auge des Betrachters liegt. Dass Deutsche (angeblich) pünktlich sind, ist zum Beispiel nichts Schlechtes. Sind Klischees also harmlos? Nicht unbedingt.
Klischeedenken kann für den Einzelnen und die Gesellschaft schädlich sein, wenn sich Menschen in ihrem Denken und Handeln stark von Klischees leiten lassen. Bei Klischees wird nicht der einzelne Mensch betrachtet, sondern es werden verallgemeinernde Vorstellungen herangezogen, die auf diese Person überhaupt nicht zutreffen müssen. Indem man sie trotzdem annimmt, steckt man die Person in eine Schublade. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass man andere Menschen unterschätzt.
Zum Beispiel in einem beruflichen Kontext: Vielleicht traut ein Arbeitgeber einem Bewerber wegen bestimmter Merkmale nichts zu und lehnt ihn ab, obwohl er tatsächlich eine gute Wahl gewesen wäre. Vielleicht lädt er ihn nicht einmal zum Vorstellungsgespräch ein, weil er negative Klischees im Kopf hat. Das ist ein Verlust für den Bewerber, aber letztlich auch für den Arbeitgeber, dem ein fähiger Mitarbeiter entgeht.
Klischees können dazu führen, dass man den Kontakt mit bestimmten Personen meidet
Wer negative Klischees hat, möchte mit bestimmten Personen vielleicht instinktiv lieber nichts zu tun haben. Er meidet den Kontakt oder baut ihn nicht aus, wenn er sich durch bestimmte Umstände ergibt. Dabei könnte sich der Kontakt als bereichernd herausstellen: Vielleicht würde man sich gut verstehen, vielleicht könnte sogar eine gute Freundschaft entstehen. Oder ein beruflicher Kontakt würde einen voranbringen und einem neue Chancen eröffnen.
Klischees können auch dazu führen, dass Menschen diskriminiert werden. Dabei sind meist Vorurteile im Spiel, die das Verhalten eines Menschen beeinflussen. Wenn sich zum Beispiel ein Betrieb bei der Besetzung einer Ausbildungsstelle für den männlichen Bewerber als die weibliche Bewerberin entscheidet, weil dieser vermeintlich eher ein Händchen für Technik hat, findet eine geschlechtliche Diskriminierung statt. Die Bewerberin hat gar nicht die Chance, sich zu beweisen. Und es kann schwerer für sie werden, den gewählten Beruf tatsächlich zu erlernen.
Klischees können auch beeinflussen, für welchen Beruf sich jemand überhaupt entscheidet. Wer nicht weiß, was er beruflich machen soll, wählt womöglich einen „typisch weiblichen“ oder „typisch männlichen“ Beruf, weil das die naheliegende Option ist. Das kann zu ungleichen Chancen, aber auch Unterschieden im Verdienst führen. Auch beim Gender Pay Gap, der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern, spielen Klischees eine Rolle.
Wie kann man aufhören, in Klischees zu denken?
Klischeedenken bringt niemandem etwas; und es wäre für alle besser, wenn Menschen weniger in Klischees denken würden. Wie geht das? Vorweggesagt: Es kann sehr schwierig sein, Klischees gänzlich abzulegen. Viele Vorstellungen hat man unbewusst verinnerlicht und merkt womöglich gar nicht, wenn man entsprechende Gedanken im Kopf hat. Jeder Mensch neigt dazu, sich bei der Bewertung unbekannter Menschen mit bestimmten Merkmalen oder Situationen, die er nicht kennt, auf Klischees zu stützen – selbst Menschen, die von sich glauben, offen und tolerant zu sein.
Das heißt natürlich nicht, dass du gar nichts gegen Klischees tun kannst. Wichtig ist, dass du dir darüber bewusstwirst, welche Klischees du selbst vielleicht unterbewusst hast. Dafür ist es wichtig, dass du deine Gedanken bewusster wahrnimmst. Achtsamkeitsmeditation kann dir dabei helfen.
Wenn du bemerkst, dass du gerade ein Klischee im Kopf hast, ist der richtige Umgang mit diesem Umstand entscheidend. Du hast die Wahl: Bedienst du das Klischee weiter, indem du dich in deinem Denken und Verhalten davon leiten lässt? Oder entscheidest du dich ganz bewusst dagegen und nimmst dir vor, offen an die Person oder Situation heranzugehen? Je öfter du dich für letztere Option entscheidest, desto eher wird es dir gelingen, nicht – oder zumindest weniger stark – in Klischees zu denken.
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