AllgemeinGehalt offenlegen – was bringt Gehaltstransparenz?

Gehalt offenlegen – was bringt Gehaltstransparenz?

Was verdienen eigentlich meine Kollegen? Die Antwort auf diese Frage interessiert wohl die meisten Arbeitnehmer. Arbeitgeber hingegen hüllen sich gerne in Schweigen, wenn es um die Gehälter ihrer Mitarbeiter geht. Gibt es trotzdem Wege, den Arbeitgeber zu einer Offenlegung der Gehälter zu zwingen? Welche Rolle das Entgelttransparenzgesetz dabei spielt und welche Möglichkeiten du als Arbeitnehmer im Hinblick auf Gehaltstransparenz hast, erfährst du hier.

Ungleiche Gehälter können für Frust sorgen – und gesundheitliche Probleme

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Das mag ein oft beschworenes politisches Ziel sein, die Realität sieht aber für viele Beschäftigte anders aus. Es gibt nach wie vor zum Teil große Unterschiede bei den Gehältern. Besonders deutlich wird das im Vergleich ost- und westdeutscher Bundesländer, aber auch zwischen den Gehältern der Geschlechter.

Wenn es darum geht, dass Männer und Frauen nach wie vor oft ungleich viel verdienen, ist auch vom Gender Pay Gap die Rede. Diese Diskrepanz beträgt laut Statistischem Bundesamt 20 Prozent: Im Jahr 2019 haben Frauen demnach im Schnitt 17,72 Euro brutto pro Stunde verdient, Männer 22,16 Euro. Damit belegte Deutschland europaweit den vorletzten Platz, was die geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschiede angeht.

Inwieweit es hilfreich ist, die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen rein numerisch zu betrachten, ist umstritten. Schließlich gibt es verschiedene Gründe dafür, warum Frauen in vielen Fällen immer noch weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Eine Rolle spielen etwa Auszeiten für die Familie und ein häufigeres Arbeiten in Teilzeit. Frauen haben außerdem häufig schlechter bezahlte Jobs, etwa in der Pflege, der Gebäudereinigung oder als Friseurinnen. Sie haben öfter Minijobs und seltener Führungspositionen inne.

Ungleiche Löhne: Mehr als nur ein Ärgernis

All diese Faktoren beeinflussen die Höhe ihres Gehalts. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass solche strukturellen Ursachen rund drei Viertel der Verdienstunterschiede zwischen den Geschlechtern ausmachen. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass es Frauen gibt, bei denen diese Erklärungen nicht ausreichen, um ihren geringen Lohn zu erklären. Sie verdienen in einer vergleichbaren Position mit vergleichbaren Qualifikationen trotzdem weniger als Männer.

Strukturelle Lohnunterschiede sind für die Betroffenen nicht nur ärgerlich und frustrierend. Sie können weitreichende Folgen haben: Wissenschaftler der Hochschule Ravensburg-Weingarten haben in einer Studie gezeigt, dass ungerechte Bezahlung sogar krank machen kann. Das gilt insbesondere für Frauen, die demnach bei ungerechten Löhnen ein höheres Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Depressionen haben.

Damit Frauen nicht durch eine schlechtere Bezahlung trotz vergleichbarer Qualifikationen benachteiligt werden, gibt es schon seit Jahren Bemühungen der Politik, dem entgegenzuwirken. Ein wichtiges Instrument ist das Entgelttransparenzgesetz.

So soll das Entgelttransparenzgesetz für mehr Gehaltstransparenz sorgen

Das Entgelttransparenzgesetz oder auch „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“ (EntgTranspG), wie es offiziell heißt, ist seit dem 6. Juli 2017 in Kraft. Es soll darauf hinwirken, dass Frauen und Männer bei gleichwertiger Arbeit dasselbe verdienen. Benachteiligungen beim Gehalt wegen des Geschlechts sollen durch das Entgelttransparenzgesetz abgebaut werden.

Das Entgelttransparenzgesetz wird auch als Lohngleichheitsgesetz bezeichnet. Mit verschiedenen Ansätzen soll es dafür sorgen, dass Frauen nicht allein wegen ihres Geschlechts weniger verdienen als männliche Kollegen. Eine wichtige Neuerung, die sich mit dem Entgelttransparenzgesetz ergeben hat, ist der individuelle Auskunftsanspruch von Arbeitnehmern. Seit Januar 2018 können Beschäftigte beim Arbeitgeber in Erfahrung bringen, was Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen. Dieser Anspruch gilt für Frauen und Männer gleichermaßen und bezieht sich auf die Löhne von Kollegen des jeweils anderen Geschlechts.

Dabei gibt es jedoch gleich mehrere Einschränkungen: So gilt der Auskunftsanspruch auf eine Offenlegung der Gehälter nur für Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern. Wer in einer kleineren Firma arbeitet, hat keinen Anspruch auf Gehaltstransparenz. Hinzu kommt, dass man nicht unmittelbar erfährt, was die Kollegen jeweils verdienen. Der Arbeitgeber ist durch das Entgelttransparenzgesetz lediglich dazu verpflichtet, einen Durchschnittslohn bekanntzugeben. Dieser Median stellt den Mittelwert aller berücksichtigten Gehälter dar. Wie groß das Spektrum ist, erfährt ein Arbeitnehmer also nicht.

Arbeitnehmer können die Gründe für die Höhe ihres Gehalts erfragen

Ein Anspruch auf eine solche Lohntransparenz besteht außerdem nur, wenn es im Unternehmen mindestens sechs Mitarbeiter gibt, die einer vergleichbaren Tätigkeit nachgehen. Ist das nicht der Fall, muss der Arbeitgeber keine Auskunft geben, weil sonst die Anonymität nicht gewahrt wäre. Gerade für Beschäftigte in höheren Positionen führt das in vielen Fällen dazu, dass ihnen die Offenlegung von Gehältern verwehrt wird, weil es zu wenige Kollegen in vergleichbaren Positionen gibt.

Eine weitere Neuerung, die sich mit der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes ergeben hat, besteht darin, dass Beschäftigte sich danach erkundigen können, nach welchen Grundlagen die Höhe ihres Gehalts festgelegt wurde. Arbeitnehmer können eine Auskunft höchstens alle zwei Jahre vom Arbeitgeber verlangen, es sei denn, inhaltlich ändert sich bei ihrer Tätigkeit grundlegend etwas. Dann ist es möglich, sich früher beim Arbeitgeber zu erkundigen.

Das Entgelttransparenzgesetz sieht zudem vor, dass größere Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern regelmäßig prüfen müssen, wie gerecht die Löhne ihrer Mitarbeiter sind. Anschließend müssen sie einen Bericht erstellen, in dem sie ihre Beschäftigten über die Ergebnisse informieren.

Wie hilfreich ist das Entgelttransparenzgesetz für mehr Lohngerechtigkeit?

Das Entgelttransparenzgesetz gibt Arbeitnehmern verschiedene Möglichkeiten an die Hand, um vom Arbeitgeber eine Offenlegung der Gehälter zu verlangen. Gleichzeitig wurde immer wieder kritisiert, dass das Gesetz nicht weitreichend genug ist. Bis zu seiner endgültigen Fassung wurde es an verschiedenen Stellen immer wieder abgeschwächt, was etwa dazu geführt hat, dass Arbeitnehmer in kleineren Unternehmen de facto keine Möglichkeiten haben, Gehaltstransparenz vom Arbeitgeber zu verlangen. Die vielen Beschäftigten, die nicht in großen Unternehmen arbeiten, sind damit außen vor und können sich nicht auf das Entgelttransparenzgesetz berufen.

Ein weiterer Nachteil des Entgelttransparenzgesetzes aus Sicht von Arbeitnehmern besteht darin, dass Arbeitgeber nicht dazu gezwungen werden können, die Löhne bei ungleicher Bezahlung entsprechend anzupassen. Wer also erfährt, dass er weniger verdient als Kollegen in vergleichbarer Position, hat kann nicht automatisch ein höheres Gehalt vom Arbeitgeber verlangen.

Viele Arbeitnehmer haben Angst, sich beim Arbeitgeber unbeliebt zu machen

Ein praktisches Hindernis besteht außerdem in dem Umstand, dass man sich als Beschäftigter beim Arbeitgeber unbeliebt machen könnte, wenn man sich auf die Bestimmungen des Entgelttransparenzgesetzes beruft und Lohntransparenz einfordert. Eine entsprechende Anfrage könnte dem Arbeitgeber suggerieren, dass man sich ungerecht behandelt fühlt und unzufrieden ist. Zwar enthält das Entgelttransparenzgesetz ein Maßregelungsverbot; Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer, die sich auf die Bestimmungen des Gesetzes berufen, nicht deshalb benachteiligen. Allerdings ist es trotzdem vorstellbar, dass Arbeitgeber angesäuert reagieren – und der betreffende Mitarbeiter in ihrer Gunst sinkt.

Faktisch kann das dazu führen, dass Arbeitnehmer besonders in Unternehmen, in denen es keinen Betriebsrat gibt, davor zurückschrecken, sich beim Arbeitgeber nach den Gehältern von Kollegen in vergleichbarer Position zu erkundigen. Das Entgelttransparenzgesetz ist damit zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, wenn es um einen Abbau der Lohnungleichheit geht, hat aber aus Arbeitnehmersicht Mängel. Zugleich wäre es nötig, stärker bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf anzusetzen. Viele Frauen verdienen weniger – und haben damit auch geringere Rentenansprüche –, weil sie für die Familie pausieren oder in Teilzeit arbeiten.

Gehalt offenlegen: Vorteile und Nachteile

Viele Arbeitnehmer wünschen sich mehr Lohntransparenz. Aber wäre es tatsächlich durchweg positiv, wenn Arbeitgeber dazu gezwungen wären, Gehälter offenzulegen? Aus Sicht von Arbeitnehmern spräche viel dafür: Sie hätten zum Beispiel eine bessere Ausgangsposition bei Gehaltsverhandlungen, wenn sie wüssten, was ihre Kollegen verdienen. Außerdem könnten sie eher beurteilen, ob sie fair bezahlt und damit auch fair behandelt werden.

Arbeitgeber haben naturgemäß eher weniger ein Interesse daran, Gehälter offenzulegen. Sie können schließlich Geld sparen, wenn sie bestimmten Mitarbeitern geringere Gehälter zahlen, obwohl Kollegen mehr bekommen. Bei einer größeren Gehaltstransparenz wären solche ungleichen Löhne wesentlich schwieriger durchzusetzen – ein wirtschaftlicher Nachteil für Unternehmen.

Andererseits könnten Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter fair bezahlen, von einer Offenlegung der Gehälter profitieren. Wenn die Mitarbeiter schwarz auf weiß haben, dass ihr Lohn im Vergleich mit den Kollegen gerecht ist, kann das ihre Zufriedenheit erhöhen. Das wirkt sich auch positiv auf die Mitarbeiterbindung aus; der Arbeitgeber wird attraktiver für seine Mitarbeiter und damit auch für Bewerber. Unter diesen Voraussetzungen sind die Beschäftigten wahrscheinlich auch engagierter in ihrem Job, was dem Arbeitgeber unmittelbar zugutekommt.

Lohntransparenz als Gefahr für das Betriebsklima?

Ein Nachteil von Gehaltstransparenz kann für beide Seiten darin bestehen, dass ungleiche Löhne für Unmut bei den betroffenen Arbeitnehmern sorgen können. Dabei kann das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Schaden nehmen – womöglich so stark, dass Beschäftigte sich nach einem anderen Job umsehen. Dabei sind ungerechte Löhne nicht immer das Ergebnis von böser Absicht auf Seiten des Arbeitgebers. Manchen Arbeitgebern ist gar nicht bewusst, dass bestimmte Mitarbeiter unterschiedlich viel verdienen. Es kann etwa sein, dass ein Mitarbeiter schon viel länger dabei ist und zu Zeiten eingestellt wurde, als die Löhne grundsätzlich höher waren.

Lohntransparenz kann nicht zuletzt das Betriebsklima verschlechtern. Wenn Arbeitnehmer erfahren, dass bestimmte Kollegen mehr verdienen als sie, sind sie auf diese womöglich schlecht zu sprechen – besonders, wenn sie sich als kompetenter als die Kollegen empfinden. Dadurch könnte der Zusammenhalt im Team geschwächt werden.

Wie kann man vom Arbeitgeber eine Offenlegung der Gehälter fordern?

Wie geht man am besten vor, wenn man sich auf die Bestimmungen des Entgelttransparenzgesetzes berufen und die Löhne der Kollegen beim Arbeitgeber in Erfahrung bringen möchte? Es kommt auf die Umstände an. Wenn es in deinem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, solltest du dich dorthin wenden. Der Betriebsrat erfragt dann beim Arbeitgeber die Löhne von Kollegen in vergleichbarer Position und informiert dich anschließend darüber, wie hoch das Durchschnittsgehalt der berücksichtigten Mitarbeiter ist.

In vielen Unternehmen gibt es keinen Betriebsrat. Das heißt nicht, dass du keine Lohntransparenz verlangen kannst. Du musst dich in diesem Fall jedoch direkt an den Arbeitgeber wenden. Dazu kannst du dich bei deinem Vorgesetzten nach den Löhnen der Kollegen erkundigen. Er wird sich um die Sache kümmern und dir dann mitteilen, wie hoch der Medianverdienst ist.

Unfaire Bezahlung: Was kann man als Arbeitnehmer tun?

Was kann man tun, wenn man zu wenig verdient? Es macht in diesem Fall einen Unterschied, ob du sicher weißt, dass Kollegen in vergleichbaren Positionen ein höheres Gehalt haben als du oder ob du das nur annimmst. Viele Arbeitnehmer sind sauer, wenn vergleichbare Kollegen mehr verdienen als sie. Wenn du jedoch keine sicheren Informationen hast, solltest du vorsichtig sein – wenn du deinen Unmut deutlich machst, kann das das Verhältnis zum Arbeitgeber belasten. Stimmen deine Annahmen nicht, schadest du dir damit letztlich selbst.

Nehmen wir an, du weißt sicher, dass andere mehr verdienen als du. In diesem Fall sollte der erste Schritt darin bestehen, den Arbeitgeber um ein Gespräch zu bitten. Bitte ihn darum, dir zu erklären, warum andere höhere Löhne haben als du. Vielleicht gibt es dafür gute Gründe. Bereite dich aber auch darauf vor, den Arbeitgeber nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Dafür solltest du gute Gründe vorbringen können. Vielleicht wurde dein Gehalt schon länger nicht mehr angepasst oder du hast Grund zur Annahme, dass der Arbeitgeber sehr zufrieden mit deiner Arbeit ist. Vielleicht kannst du darlegen, dass du die vereinbarten Ziele erreichst oder sogar übertroffen hast. Entscheidend ist, dass du deinen Mehrwert für das Unternehmen in einer Gehaltsverhandlung herausstellen kannst.

Bei Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist eine Klage denkbar

Im besten Fall lässt sich der Arbeitgeber darauf ein und erklärt sich dazu bereit, dir künftig mehr zu bezahlen. Vielleicht aber auch nicht. Gibt es dann noch eine Möglichkeit? Das Entgelttransparenzgesetz sieht keine unmittelbare Pflicht des Arbeitgebers vor, Mitarbeitern mit niedrigeren Löhnen mehr zu bezahlen. Das heißt aber nicht, dass Beschäftigte gar nichts dagegen tun können, wenn sie beim Lohn ungerecht behandelt werden.

Du kannst auf Grundlage der Bestimmungen von § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Klage gegen den Arbeitgeber auf den Weg bringen. Das solltest du immer nur mit der Unterstützung eines Fachanwalts tun. Bedenke bei der Erwägung von solch gravierenden Schritten aber, dass du das Verhältnis zum Arbeitgeber damit nachhaltig belasten kannst. Vielleicht gelingt es dir tatsächlich, ein höheres Gehalt zu erstreiten. Ob du jedoch nach einem Rechtsstreit noch eine lange Zukunft im Unternehmen hast, ist zumindest fragwürdig, wenn der Arbeitgeber sich über die juristische Auseinandersetzung ärgert.

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock.com

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