Arbeitest du, um zu leben? Oder lebst du, um zu arbeiten? Für viele Menschen liegt die Antwort irgendwo dazwischen. Wenn du dich allerdings klar zur letzteren Fraktion zählst, dann könnte es sein, dass du ein Workaholic bist. Welche Anzeichen dafürsprechen, warum das problematisch sein kann und was du tun kannst, wenn die Arbeit einen zu hohen Stellenwert einnimmt, erfährst du hier.
- Was ist ein Workaholic? Definition & Merkmale
- Workaholic-Symptome: Daran erkennst du ihn
- Bist du selbst ein Workaholic? So findest du es heraus
- Workaholic: Ursachen für die Arbeitssucht
- Ist es schlimm, ein Workaholic zu sein?
- Workaholic – was tun? So kommst du aus der Arbeitssucht raus
- Wie kann man Angehörigen helfen, die arbeitssüchtig sind?
Was ist ein Workaholic? Definition & Merkmale
Wann spricht man davon, dass jemand ein Workaholic ist? Laut Duden hat der Begriff Workaholic diese Bedeutung: „jemand, der sich nur schwer von seiner Arbeit lösen kann, übermäßigen Genuss bei der Arbeit verspürt und sein Leben auf die Arbeit ausrichtet“.
Workaholics arbeiten zwanghaft besonders hart und lange. Praktisch kann das zum Beispiel so aussehen, dass jemand viele Stunden in der Woche arbeitet, oft weit über die übliche 40-Stunden-Vollzeit-Woche hinaus – und das nicht ausnahmsweise, sondern regelmäßig. Workaholics machen Überstunden aus Pflichtgefühl, Strebsamkeit, wegen des Geldes oder weil sie ohnehin nicht abschalten können und deshalb lieber gleich weiterarbeiten. Manchen macht die Arbeit Spaß, andere denken an ihre Karriere. Wegen des hohen Arbeitspensums spricht man bei solchen Menschen auch von Arbeitstieren.
Weil sie so auf den Job fokussiert sind, vernachlässigen Workaholics typischerweise ihr Privatleben. Soziale Kontakte außerhalb des Jobs? Häufig Fehlanzeige. Partnerschaften können in die Brüche gehen, Freundschaften abkühlen. Auch Entspannung und der nötige Ausgleich zum Job für die mentale Gesundheit kommen häufig zu kurz, wenn jemand arbeitssüchtig ist.
Workaholic-Symptome: Daran erkennst du ihn
Woran erkennt man einen Workaholic? Wie sich die Arbeitssucht konkret äußert, ist zwar individuell und kann sich somit von Workaholic zu Workaholic unterscheiden. Es gibt aber einige typische Merkmale, die viele Workaholics besitzen. Ganz grundlegend muss jemand lange und hart arbeiten, um als Workaholic gelten zu können. Viele Betroffene arbeiten weit über die eigentlich zulässigen 40 Stunden pro Woche hinaus, wobei Überstunden oft nicht so genau erfasst werden.
Nach der Arbeit geht die Arbeit für Workaholics zumindest gedanklich oft weiter: Bei vielen Betroffenen kreisen die Gedanken ständig um die Arbeit, egal, ob sie gerade tatsächlich arbeiten oder nicht. In vielen Fällen führt das dazu, dass Workaholics sich auch in ihrer Freizeit mit der Arbeit beschäftigen. Sie arbeiten dann etwa von zuhause aus einfach weiter, indem sie E-Mails beantworten oder sich anderen Aufgaben aus dem Job widmen. Durch den großen Stellenwert der Arbeit im Alltag bleibt kaum Zeit für andere Dinge. Ein Privatleben haben viele Betroffene kaum, da sie selten etwas anderes machen als arbeiten. Wenn sie mal wirklich frei haben, wissen sie womöglich nichts mit sich anzufangen. Auch Urlaube können unter diesen Bedingungen nicht sonderlich erstrebenswert sein.
Beziehungen zu anderen Menschen leiden häufig darunter, wenn jemand arbeitssüchtig ist. Für andere bleibt schließlich kaum Zeit, was dazu führen kann, dass Ehen und Partnerschaften früher oder später in die Brüche gehen. Auch Freundschaften werden womöglich vernachlässigt, es gibt keine Hobbys und privaten Interessen. Der Lebenssinn ist die Arbeit, und das in letzter Konsequenz. Die Betroffenen vernachlässigen häufig ihre psychische und physische Gesundheit, sie erholen sich nicht ausreichend. Das kann gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Auch eine erhöhte Neigung zu Substanzmissbrauch – Alkohol und andere Drogen, Nikotin, Koffein, Tabletten – kann gegeben sein.
Bist du selbst ein Workaholic? So findest du es heraus
Vielen Menschen fällt gar nicht auf, wie stark sie im Alltag mit der Arbeit beschäftigt sind. Das gilt vor allem für Beschäftigte, die in ihrem Job aufgehen und die an ihrer Arbeitstätigkeit sehr viel Spaß haben, sich womöglich auch stark über ihre berufliche Identität definieren.
Fragst du dich, ob du womöglich auch in die Kategorie Workaholic fällst? Dann halte mal inne und überlege, welche Merkmale von Workaholics auf dich zutreffen. Die folgenden Fragestellungen können dir dabei helfen, herauszufinden, ob die Arbeit einen zu hohen Stellenwert in deinem Leben einnimmt.
- Wie viel arbeitest du pro Woche?
- Machst du viele Überstunden? Wenn ja, warum?
- Bist du vor und nach der Arbeit erreichbar?
- Liest du in deiner Freizeit berufliche Mails und beantwortest sie vielleicht auch?
- Machst du regelmäßig in deiner Freizeit etwas für den Job?
- Wie steht es um deine Work-Life-Balance?
- Hast du ein Privatleben, aus dem du Kraft schöpfst?
- Hast du Hobbys und private Interessen, mit denen du gerne viel Zeit verbringst?
- Bewegst du dich ausreichend?
- Ernährst du dich gesund?
- Hast du ein reguläres Wochenende?
- Wie viel Zeit bleibt dir abends nach der Arbeit?
- Achtest du ausreichend auf dich selbst für Entspannung und Entschleunigung?
- Schläfst du genug?
- Wie gestresst bist du?
- Wie steht es um deine sozialen Kontakte?
- Gibt es in deinem Privatleben Baustellen, an die du lieber nicht denken möchtest?
- Trinkst du zu viel?
- Nimmst du Drogen oder Tabletten, um produktiv zu sein oder zu „funktionieren“?
- Was ist, wenn du krank bist: Gehst du trotzdem zur Arbeit?
Workaholic: Ursachen für die Arbeitssucht
Woran liegt es, dass manche Menschen zum Workaholic werden? Oft hängt das mit der Persönlichkeit der Betroffenen zusammen. Auch Werte und Ideale können eine Rolle spielen – ihre eigenen, aber auch die, die ihnen von anderen im Laufe ihres Lebens mitgegeben wurden. Dadurch kann es dazu kommen, dass dem beruflichen Status eine überhöhte Bedeutung zugeschrieben wird. Die Betroffenen glauben dann etwa, dass sie nur etwas wert sind, wenn sie beruflich viel erreichen. Entsprechend stark hängen sie sich im Job rein. In manchen Fällen geht es dabei darum, die Anerkennung bestimmter Personen zu bekommen, zum Beispiel der Eltern.
Viele Workaholics sind zugleich Perfektionisten. Sie wollen alles besonders gut machen, wodurch sie hohe Anforderungen an sich selbst haben, die nur schwer erfüllt werden können. Dadurch streben sie immer nach mehr. Strebsamkeit und Ehrgeiz sind weitere typische Persönlichkeitsmerkmale von Workaholics. Viele Menschen, die nach der Arbeit süchtig sind, sind außerdem Kontrollfreaks. Als Führungskräfte neigen solche Personen zu Mikromanagement und geben freiwillig nichts aus der Hand.
Eine Arbeitssucht kann auch mit Problemen im Privatleben zusammenhängen. Vielleicht gibt es im privaten Bereich Dinge, die nicht gut laufen, etwa eine Partnerschaft oder die Beziehung zu den eigenen Kindern. Davor laufen manche Workaholics weg, indem sie sich in die Arbeit stürzen. Haben sie dadurch beruflich Erfolg, hilft ihnen das, die privaten Probleme zu verdrängen.
Ist es schlimm, ein Workaholic zu sein?
Die Bezeichnung Workaholic ist aus Sicht vieler Menschen negativ behaftet, auch wenn so mancher Betroffene es insgeheim als Auszeichnung empfinden dürfte, Workaholic genannt zu werden. Wie schlimm ist es, ein Workaholic zu sein? Und wo liegt die Grenze zwischen einem hohen Einsatz im Job und Arbeitssucht?
Arbeitssucht kann für Betroffene unmittelbar negative Auswirkungen haben. Viele sind ständig im Stress, ihr Alltag ist durch Hektik geprägt und sie haben das Gefühl, nie zur Ruhe kommen zu können. Das ist ein großes Problem für die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen. Wenn Workaholics nie von der Arbeit abschalten können, ist das sehr erschöpfend. Darunter kann auch ihre Performance im Job leiden; sie sind womöglich nicht mehr so produktiv und effizient. Zugleich steigt das Risiko für Burnout und Depressionen.
Bei der Einschätzung, ob es nachteilig ist, ein Workaholic zu sein, kommt es darauf an, welche Auswirkungen das hohe Arbeitspensum im Einzelfall hat. Wenn jemand viel arbeitet, weil er an seiner Arbeit Spaß hat, muss das nicht zwingend negative Folgen für ihn und seine Angehörigen haben. Vielleicht nimmt er sich trotzdem genügend Zeit für Familie, Freunde und Hobbys. Es kann möglich sein, viel Arbeit mit einem erfüllten Privatleben in Einklang zu bringen. Allerdings: Irgendwo muss man trotzdem Abstriche machen, denn Zeit ist nun mal endlich.
Kollateralschäden werden oft erst bemerkt, wenn es zu spät ist
Öfter aber ist es im Fall von Arbeitssucht nicht möglich, neben der Arbeit noch ein bereicherndes Privatleben zu haben. Die Betroffenen ordnen alles der Arbeit unter, was für das soziale Umfeld sehr belastend sein kann. Wenn der Partner nie zuhause ist oder die Kinder ihre Mutter oder ihren Vater kaum zu Gesicht bekommen, wird das der Beziehung unweigerlich schaden.
Den Workaholics selbst fällt das oft zunächst nicht auf. Sie spüren die Folgen ihres Handelns oft erst, wenn ihre Ehe in die Brüche geht oder Kinder sich von ihnen abwenden. Schlimmstenfalls bemerken sie erst nach dem Eintritt in die Rente, dass sie während ihres Berufslebens vieles vernachlässigt haben, was sie nun bereuen.
Wie „schlimm“ es letztlich ist, viel und hart zu arbeiten, können am ehesten die Betroffenen selbst beantworten. Sind sie mit ihrem Leben rundum zufrieden, gibt es keinen Grund, beruflich kürzerzutreten. Gibt es hingegen Probleme, leiden Beziehungen oder die eigene Gesundheit unter dem hohen Arbeitspensum, ist es womöglich Zeit, etwas zu verändern.
Workaholic – was tun? So kommst du aus der Arbeitssucht raus
Wohl in den meisten Fällen hat es früher oder späte negative Folgen, wenn jemand ein Workaholic ist – für die Gesundheit, soziale Beziehungen und die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Was kann man tun, wenn man arbeitssüchtig ist – wie kommt man da raus? Zu erkennen, dass die Arbeit eine zu große Rolle im eigenen Leben einnimmt, ist der erste Schritt zur Verbesserung. Viele Workaholics haben diese Einsicht nicht, weshalb sie auch nichts verändern.
Um die Arbeitssucht zu bekämpfen, hast du einerseits praktische Handlungsmöglichkeiten. Andererseits kann es sich auch lohnen, sich theoretisch damit zu befassen, warum du überhaupt zum Workaholic geworden bist. Eine psychotherapeutische Begleitung kann aus diesem Grund sehr sinnvoll sein.
Praktisch bestehen erste Schritte darin, dich dazu zu zwingen, weniger zu arbeiten. Du kannst zum Beispiel anfangen, Überstunden zu hinterfragen. Was nicht essenziell ist, lässt du sein. Das wird dir anfangs wahrscheinlich sehr schwerfallen, ist aber ein Lernprozess: Mit der Zeit gewinnst du mehr Abstand und es wird leichter. Falls du die Möglichkeit dazu hast, ist es sinnvoll, Aufgaben im Job an andere zu delegieren, statt alles selbst erledigen zu wollen. Mache dir auch Gedanken darüber, welche Anforderungen du an dich selbst hast. Neigst du zu Perfektionismus? Dann solltest du hieran unbedingt arbeiten.
Du musst nicht immer produktiv sein
Viele Workaholics müssen erst lernen, guten Gewissens ihre Freizeit zu genießen. Der Drang, jede freie Minute „produktiv“ zu sein, ist oft sehr groß. Es ist aber essenziell, dass du genügend Zeit für Entspannung einplanst. Wenn es dir hilft, schreibe dir solche Dinge ruhig als fixe Termine in deinen Terminkalender – zum Beispiel Yoga, Meditation oder ein Waldspaziergang.
Du kannst auch ein Bad nehmen, in die Therme gehen, dir eine Massage gönnen oder dich einfach in die Sonne legen und ein Buch lesen. Entscheidend ist, dass du etwas findest, bei dem du abschalten und dich erholen kannst. Eine gesunde Lebensweise ist darüber hinaus für mentales und körperliches Wohlbefinden essenziell. Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind wichtig, damit du gesund bist und dich wohlfühlst.
Wenn nötig, kümmere dich um deine sozialen Kontakte. Hast du einen Partner, der unter deiner Arbeitssucht gelitten hat? Dann können offene Gespräche helfen, und du solltest es von jetzt an zur Priorität machen, Zeit mit deinem Partner zu verbringen. Auch Treffen mit Freunden sind wichtig, um Freundschaften zu pflegen, außerdem sind sie ein Ausgleich zum Job. Zögere nicht, mit nahestehenden Menschen über dein schwieriges Verhältnis zur Arbeit zu sprechen. Das kann dir Kraft geben und zeigen, dass du nicht alleine bist.
Manchmal reichen diese Ansätze nicht aus. Vielleicht hast du einen Job, bei dem es schlicht nicht möglich ist, weniger als 200 Prozent zu geben. In diesem Fall besteht womöglich die einzige Lösung darin, den Job zu wechseln. Falls sich aus deiner Arbeitssucht schon ernsthafte Folgen ergeben haben, zögere nicht, einen Arzt und/oder Psychotherapeuten aufzusuchen und dir die nötige Unterstützung zu holen, um dein Leben auf einen anderen Kurs zu bringen.
Wie kann man Angehörigen helfen, die arbeitssüchtig sind?
Wenn jemand ein Workaholic ist, belastet das nicht nur die betroffene Person selbst. Auch für die Angehörigen – Partner, Kinder, Familienmitglieder, Freunde – ist es oft keine schöne Situation. Der Partner fühlt sich womöglich allein und wendet sich innerlich vom Workaholic ab, die Kinder sind enttäuscht, dass Mama oder Papa kaum Zeit mit ihnen verbringt. Freunde können auf einen Workaholic womöglich nicht immer zählen, weil er in ihrem Leben schlicht zu wenig präsent ist.
In manchen Fällen führt Arbeitssucht dazu, dass Beziehungen in die Brüche gehen und Freundschaften enden. Oft wünschen sich die Angehörigen jedoch, dem Workaholic helfen zu können. Was kann man tun, um eine nahestehende Person zu unterstützen, die arbeitssüchtig ist? Das hängt davon ab, wie diese Person zu ihrer Arbeit steht. Ist sie uneinsichtig und empfindet ihren Eifer im Job nicht als übertrieben, wirst du wenig ausrichten können. Die Betroffenen müssen erkannt haben, dass die Arbeit einen zu hohen Stellenwert in ihrem Leben hat. Erst dann kannst du sie dabei unterstützen, die Situation zu verändern.
Sei für den Workaholic in deinem Leben da, indem du deutlich machst, dass du immer ein offenes Ohr für ihn hast. Biete deine Unterstützung an, wenn der Workaholic bereit ist, an sich zu arbeiten. Letztlich kommt es allerdings darauf an, dass der Workaholic einsichtig ist und die nötigen Veränderungen auf den Weg bringt. Du kannst ihn dabei begleiten, aber diesen Prozess nicht für ihn übernehmen oder ihn dazu überreden, wenn er nicht dazu bereit ist.
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