AllgemeinKritik am Chef formulieren: So drückst du dich am besten aus

Kritik am Chef formulieren: So drückst du dich am besten aus

Viele Arbeitnehmer müssen sich hin und wieder Kritik von ihrem Vorgesetzten anhören. Aber wie sieht es umgekehrt aus – darf man als Beschäftigter den Chef kritisieren? Ob das eine gute Idee ist, welche Folgen es haben kann und wie du Kritik am Chef mit Fingerspitzengefühl äußerst – hier erfährst du es.

Den Chef kritisieren: Eine gute Idee?

Wenn Kritik am Arbeitsplatz geäußert wird, sieht das in den meisten Fällen so aus: Ein Vorgesetzter kritisiert seine Mitarbeiter. Und umgekehrt? Können auch Mitarbeiter ihrerseits dem Chef mitteilen, wenn sein Verhalten zu wünschen übrig lässt? Grund genug dazu gäbe es in vielen Fällen, denn nicht jede Führungskraft verhält sich immer so, wie es für die Mitarbeiter und deren Arbeit förderlich ist. Zugleich hat der Führungsstil von Vorgesetzten eine große Tragweite und kann viele Aspekte der Arbeit beeinflussen. Die Art und Weise, in der der Chef mit seinen Beschäftigten umgeht, kann zum Beispiel beeinflussen, wie zufrieden, motiviert und produktiv sie bei der Arbeit sind. Auch das Betriebsklima hängt davon in nicht unerheblichem Maße ab.

Die Frage ist dabei natürlich nicht, ob man den Chef kritisieren darf, sondern ob man diesen Schritt gehen sollte. Natürlich steht es dir frei, deinem Vorgesetzten die Meinung zu sagen. Viele Beschäftigte haben allerdings Vorbehalte und wagen es nicht, Kritik an ihrem Chef zu äußern. Sie machen sich Sorgen darum, dass der Chef sauer reagieren könnte, wenn er kritisiert wird. Sollte man es also lieber gleich lassen? Das kommt darauf an, worum es geht, aber auch, wie du die Kritik formulierst. Bevor du deinen Chef kritisierst, solltest du wissen, welche Folgen das haben kann.

Welche Folgen es haben kann, wenn du dem Chef die Meinung sagst

Wenn du überlegst, dem Chef die Meinung zu sagen, sollte dir klar sein, welche Konsequenzen das haben kann. Eigentlich ist die Sache klar: Nach § 84 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) darf kein Arbeitnehmer benachteiligt werden, weil er einen Vorgesetzten kritisiert beziehungsweise sich bei zuständigen Stellen über diesen beschwert hat – soweit jedenfalls die Theorie. In der Praxis können Beschäftigten durchaus Nachteile drohen, wenn sie Kritik am Chef äußern – selbst, wenn diese Kritik berechtigt ist.

Wie deine Kritik auf deinen Vorgesetzten wirkt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel davon, wie empfindlich oder offen für Kritik der Chef ist. Ebenso wichtig ist, mit welchen Worten und in welchem Ton du deinen Vorgesetzten kritisierst. Auch die konkrete Situation, in der die Kritik geäußert wird, macht einen Unterschied: Es ist sicherlich etwas anderes, wenn du deinen Chef im Vier-Augen-Gespräch kritisierst, als wenn du das im Meeting vor zig Kollegen tust.

Wenn Kritik am Chef der Karriere schadet

Es kann immer sein, dass Kritik einem Vorgesetzten sauer aufstößt. Allzu oft kommt es sicherlich bei den meisten Führungskräften nicht vor, dass sich Mitarbeiter mit Kritik aus der Deckung wagen. Wenn der Chef wenig kritikfähig ist, kann das schnell für Probleme sorgen. Der Vorgesetzte könnte zum Beispiel beleidigt reagieren, sauer sein oder es dir übelnehmen, dass du ihn kritisiert hast.

In diesem Fall kann die Beziehung zum Chef durch deine Kritik Schaden nehmen. Vielleicht ist die Sache trotzdem schnell wieder vergessen, aber eine Garantie dafür hast du nicht. Im schlimmsten Fall wirkt es sich längerfristig nachteilig auf deine Karriere aus. Du könntest zum Beispiel schlechtere interne Aufstiegschancen haben, wenn der Chef nach einiger Zeit immer noch schlecht auf dich zu sprechen ist. Eine Gehaltserhöhung könnte unwahrscheinlich werden oder ein Arbeitszeugnis schlechter ausfallen.

Es kann natürlich auch ganz anders laufen: Vielleicht ist dein Chef offen für deine Kritik und nimmt sie sich wirklich zu Herzen. In diesem Fall könnten deine Anmerkungen eine positive Veränderung zur Folge haben.

Kritik am Chef äußern: Ja oder nein?

Ob und wenn ja, wie du deinen Chef kritisierst, solltest du gut abwägen. Dabei sollte es ganz grundlegend um die Frage gehen, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Kritik zu äußern. Kann sie etwas Positives bewirken? Und warum möchtest du deinen Chef überhaupt kritisieren? Kritik am Chef ist am ehesten dann angebracht, wenn es dir darum geht, dass sich bestimmte Dinge zum Positiven verändern.

Einfach nur deinem Unmut Luft zu machen ist hingegen kein guter Grund, zumal du dich dann womöglich emotional äußerst oder sogar unsachlich wirst. Unter diesen Umständen ist es wahrscheinlicher, dass ein regelrechter Streit zwischen dir und dem Chef entsteht.

Sich beschweren zu wollen ist zwar in vielen Situationen nachvollziehbar, aber du solltest dich nicht undiplomatisch verhalten und dem Chef nicht einfach nur Vorhaltungen machen wollen. Ob du Kritik am Chef äußern solltest, hängt darüber hinaus davon ab, ob das Problem ansonsten wahrscheinlich weiterhin bestehen würde. Vielleicht ist eine bestimmte Sache schon öfter vorgekommen und wird sich wahrscheinlich wiederholen, wenn der Chef nicht auf das Thema angesprochen wird.

Kann dein Chef mit Kritik umgehen?

Wenn das Verhalten des Vorgesetzten Nachteile hat, zum Beispiel ganz konkret für einzelne Mitarbeiter oder allgemein für die Motivation der Beschäftigten oder die Produktivität, spricht vieles dafür, mit dem Chef offen zu reden – sachlich natürlich. Das setzt allerdings voraus, dass der Vorgesetzte überhaupt Einfluss auf den jeweiligen Sachverhalt hat. Wenn er daran nicht schuld ist und nur bedingt etwas verändern kann, bringt Kritik womöglich wenig. Es kann aber sein, dass der Vorgesetzte deine Kritik an die zuständigen Personen im Unternehmen weitergibt.

Ebenso kommt es auf das Vertrauensverhältnis zwischen dir und deinem Vorgesetzten an. Versteht ihr euch gut und kennt ihr euch lange, ist das Risiko geringer, dass der Chef deine Worte in den falschen Hals bekommt. Es ist auch eine Typfrage: Ein sehr empfindlicher Chef, dem Selbstkritik fremd ist, wird eher beleidigt reagieren. In solchen Fällen ist es besonders riskant, Kritik am Chef zu formulieren.

Am Ende geht es also darum, abzuwägen:

  • Kann meine Kritik etwas Positives bewirken?
  • Welche Folgen kann es haben, die Kritik zu äußern?
  • Welche Folgen kann es haben, die Kritik nicht zu äußern?
  • Wie wird der Chef mutmaßlich reagieren?

Konstruktive Kritik am Vorgesetzten äußern: So machst du es richtig

Wenn du deinen Chef kritisierst, sollte das in einer konstruktiven Art und Weise geschehen. Wie macht man es richtig? Anders gefragt: Wie kritisiert man einen Vorgesetzten so, dass er erstens wirklich versteht, worum es einem geht, und zweitens nicht sauer reagiert? Hier findest du Tipps für ein möglichst gutes und zielführendes Kritikgespräch mit dem Chef.

Lasse dir Zeit mit deiner Kritik

Äußere deine Kritik am Chef nicht im Affekt, sondern überlege dir gut, ob und wie du sie am besten formulieren kannst. Warte auf eine passende Gelegenheit, um mit dem Chef zu sprechen, und wäge deine Worte im Vorfeld gut ab. Das mindert das Risiko, dass die Kritik am Vorgesetzten nach hinten losgeht.

Plane das Gespräch mit deinem Chef

Überlege in Ruhe, wann ein Gespräch mit dem Vorgesetzten möglich ist und wie du dazu vorgehen möchtest. Du kannst zum Beispiel eine sich bietende passende Gelegenheit spontan nutzen, wenn die Umstände günstig dafür sind. Das kann vor allem dann eine Option sein, wenn deine Kritik nur einzelne Aspekte betrifft und kein langes Gespräch nötig ist.

Wenn es mehr zu besprechen gibt, bitte deinen Chef lieber ganz formell um einen Gesprächstermin. Du kannst dabei schon andeuten, worüber du sprechen möchtest. So kann sich der Vorgesetzte darauf einstellen und sich vorbereiten. Natürlich kannst du deinen Chef auch in seinem Büro aufsuchen – vielleicht hat er zufällig Zeit für dich. Frage aber, ob ein Gespräch gerade möglich ist, bevor du direkt loslegst. Wenn der Chef gerade sichtlich gestresst oder stark eingebunden ist, ist nicht der richtige Zeitpunkt für ein Kritikgespräch.

Kritisiere den Chef nicht vor anderen Personen

Ganz wichtig: Sprich unter vier Augen mit deinem Chef, wenn es nicht einen guten Grund dafür gibt, weitere Personen hinzuzuziehen. In einem vertraulichen Gespräch, bei dem keine Außenstehenden anwesend sind, könnt ihr wesentlich offener sprechen. Außerdem fühlt sich der Chef womöglich düpiert, wenn du ihn vor anderen Personen kritisierst. Bei einer Kritik am Chef vor anderen Mitarbeitern könnte der Chef das Gefühl haben, dass du seine Autorität untergraben möchtest. Noch schlimmer ist es, den Chef vor anderen Führungskräften oder höherrangigen Führungspersonen im Unternehmen zu kritisieren.

Konstruktive Kritik am Chef formulieren: Bitte mit Fingerspitzengefühl

Die Kritik selbst solltest du mit möglichst viel Fingerspitzengefühl formulieren. Wähle deine Worte mit Bedacht und verhalte dich diplomatisch. Je sachlicher und konstruktiver deine Formulierungen, desto besser. Im Vordergrund sollte nicht stehen, dem Chef Vorhaltungen zu machen, sondern auf eine Verbesserung der Situation hinzuwirken. Dazu musst du hinreichend konkret beschreiben, worum es dir geht, damit der Chef deine Anmerkungen nachvollziehen kann.

Versuche, die Dinge nicht zu verallgemeinern, damit deine Kritik nicht beliebig wirkt oder ein Konflikt entsteht. Im Verlauf eures Gesprächs solltest du sensibel für die Signale des Vorgesetzten sein. Hast du das Gefühl, der Vorgesetzte ist ehrlich interessiert an dem, was du ihm sagen möchtest? Oder reagiert er einsilbig, hört offenbar nur halb zu oder wirkt verärgert? Letzteres kann ein Zeichen dafür sein, dass du das Gespräch vielleicht lieber schnell beendest, weil es – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nichts bringt.

Konstruktive Kritik an Vorgesetzten: Beispiele

Um zu verdeutlichen, wie konstruktive Kritik an Vorgesetzten klingen könnte, findest du hier für Kritik am Chef einige Beispiele:

  • „Frank, kann ich kurz mit dir sprechen? Mir ist aufgefallen, dass Kollege X schon zum wiederholten Mal seinen Urlaubswunsch durchgesetzt hat. Kollege Y hingegen musste jetzt schon wieder zurückstecken. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?“
  • „Frau Müller, ich würde gerne mit Ihnen kurz über das Projekt X sprechen. Mir ist bewusst, dass Sie mit dem Ausgang von Sachverhalt Y nicht zufrieden sind – das haben Sie ja auch gestern im Meeting deutlich gemacht. Das nehme ich auf meine Kappe. Allerdings hätte ich mir dazu im Vorfeld eine klarere Absprache von Ihnen gewünscht. Dass Sie besonderen Wert auf Z legen, wusste ich zum Beispiel gar nicht. Und auf meine Nachfrage zum Thema X hatten Sie vorab gar nicht reagiert.“
  • „Herr Meier, ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich Sie so ganz direkt auf das Thema anspreche, aber die schlechte Stimmung in der Abteilung belastet mich sehr. Da kommen sicherlich einige Dinge zusammen, aber ich habe das Gefühl, dass bestimmte Entscheidungen für einige Kollegen nicht ganz nachvollziehbar sind. Zum Beispiel…“
  • „Sabine, wir kennen uns nun schon so lange und ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, aber wie du am Montag mit Kollege X umgegangen bist, fand ich grenzwertig. Der kann einen natürlich auf die Palme treiben, aber in diesem Fall hat er nicht allzu viel zum unschönen Ausgang von Sache Y beigetragen… Mir ist schon öfter aufgefallen, dass du auf ihn besonders leicht genervt reagierst, und ich weiß nicht, ob dir das so bewusst ist.“

Nach dem Gespräch immer noch Probleme: Was nun?

Es kann sein, dass ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten die Probleme aus der Welt schafft. Ebenso gut aber ist es denkbar, dass es danach immer noch nicht reibungslos läuft. Was kann man dann tun? Es kommt darauf an, ob der Chef offen und zugänglich ist. Wenn er nach dem Gespräch guten Willen gezeigt hat, seine Bemühungen aber einfach noch nicht reichen, kann es sinnvoll sein, den Vorgesetzten einfach noch einmal in Ruhe auf das Thema anzusprechen.

War der Chef hingegen von deiner Kritik genervt oder du hattest das Gefühl, dass du gegen eine Wand redest, bringt ein erneutes Gespräch wahrscheinlich wenig. Dann können alternative Ansprechpersonen im Unternehmen die besseren Gesprächspartner sein. Dazu gehören zum Beispiel der Betriebsrat, die Personalabteilung oder auch höherrangige Vorgesetzte. Letztere Variante ist allerdings etwas heikel, weil der Vorgesetzte es dir übelnehmen könnte, wenn du auf höheren Ebenen „petzt“.

Praktisch macht diese Option vor allem dann Sinn, wenn es andere Führungskräfte im Unternehmen gibt, die du gut kennst. Mit ihnen kannst du vertraulich über die Situation sprechen und deine Eindrücke schildern. Mache dabei unbedingt deutlich, dass es dir um die Sache geht und nicht darum, deinen Chef schlechtzumachen.

Bildnachweis: wavebreakmedia / Shutterstock.com

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